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Eisenbahn-Privatisierung und ihre Tücken – Studie zum britischen Liberalisierungsmodell

29.08.2007 16:09 Uhr

In Großbritannien gerät die Bahn seit der Pleite des privaten Schienen-Infrastruktur-Anbieters Railtrack im Jahr 2001 zunehmend wieder unter staatliche Kontrolle. Warum das so ist und welche Alternativen es gäbe, darüber hat die Wirtschaftswissenschafterin Karina Knaus von der Universität Wien die Studie „Wettbewerb auf den Schienen - Eine empirische Studie zur Erfahrung Großbritanniens“ verfasst.

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Wien. Für die vollständige Privatisierung ehemals verstaatlichter Eisenbahnnetze gibt es international derzeit kein einziges Erfolgsbeispiel, heißt es in einer Presseerklärung. Woran die 1994 begonnene Privatisierung der britischen Eisenbahn gescheitert ist und was Österreich und Europa daraus lernen können, daran arbeitete Knaus vom Institut für Finanzwirtschaft der Universität Wien im kürzlich beendeten Jubiläumsfonds-Projekt „Wettbewerb auf den Schienen“. Ihre Empfehlungen: Ein Modell mit tatsächlichem Wettbewerb oder längere Konzessionslaufzeiten wären hilfreich bei der Umsetzung der Bahn-Privatisierung. Während im Rest Europas die Privatisierung der Eisenbahnen sehr zögerlich vonstatten geht, haben die Briten schon unter der Regierung John Majors in diesem Bereich mehr umgesetzt, als eine EU-Direktive je verlangt hat. Der ehemalige staatliche Monopolbetrieb British Rail wurde von 1994 bis 1997 radikal privatisiert: Die Infrastruktur (Schienen, Signalanlagen, Tunnel, Brücken) wurde dabei von den Dienstleistungen wie Personenverkehr, Güterverkehr und Instandhaltung getrennt und als das börsennotierte Unternehmen Railtrack verkauft. Die Betreiber der Bahn-Liberalisierung in Großbritannien erhofften sich dabei dieselben Konsequenzen, wie es Bahn-Liberalisierung-Befürworter im Rest Europas bis heute tun: Der Wettbewerb unterschiedlicher Anbieter soll zu einer effizienteren, billigeren und kundenorientierteren Eisenbahn führen. Dieser Idee gibt prinzipiell auch Knaus recht: „In einem Monopol besteht wenig Anreiz zu Verbesserungen, in einer Wettbewerbssituation sieht das anders aus.“ Doch die Privatisierung hat nicht nur Vorteile: Als Folge der Aufspaltung eines großen Monopolisten in viele Einzelunternehmen (aus British Rail entstanden anfangs 106 Einzelunternehmen) entstehen bei verschiedenen Geschäftsabläufen tagtäglich Mehrkosten, so genannte Transaktionskosten. Sind diese Kosten – wie in Großbritannien – höher als die Kosten, die durch die konkurrenzbedingt erhöhte Effizienz eingespart werden, kommt die Privatisierung teuer. Im Personenverkehr wurden die einzelnen Bahnlinien von British Rail zu 25 regionalen Gruppen zusammengefasst, die Konzessionen für ihre Nutzung wurden an private Unternehmen versteigert. Da meist Busunternehmen und andere Unternehmen der Transportbranche diese Konzessionen erwarben, entstand aus dem dadurch quasi nicht vorhandenen Wettbewerb zwischen Bahn und Straße kein Anreiz für höhere Effizienz auf den Schienen. Auch die Zeiträume für die Vergabe der Strecken-Lizenzen waren nach den Berechnungen der Finanzwirtin zu kurz: „Wenn ein Unternehmen eine Strecke nur für eine relativ eingeschränkte Zeit nutzen kann, warum sollte es in die Anlagen dort investieren?“ Knaus glaubt nach wie vor an die Möglichkeit einer Bahn-Liberalisierung mit positiven Konsequenzen. Die Bahn mit ihren zentrumsnahen Bahnhöfen sei in Zeiten von Emissionsbeschränkungen und zunehmend aufwändigeren Sicherheitskontrollen im Flugverkehr durchaus in der Lage, mit Flugzeug und Auto zu konkurrieren. Ein vorbildlicher Privatisierungsprozess laufe derzeit in Schweden. Das dortige Modell sorge für mehr Wettbewerb und längere Konzessionslaufzeiten, die den Unternehmen Anreiz zu Investitionen bieten. Auf europäischer Ebene wäre besonders für kleine Länder wie Österreich eine bessere Integration des Schienennetzes wichtig. Knaus hat eine Idee, wie das aussehen könnte: „Europa sollte ein liberalisiertes und integriertes europäisches Eisenbahnnetz anstreben, auf dem man ähnlich wie im heutigen Flugverkehr die Wahl zwischen Billig- und High-End-Anbietern hat.“

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