Einstieg in den KV

Einstieg in den KVBitte einsteigenBahnfahren kann jeder. Zumindest im Personenverkehr, aber im Güterverkehr? Dort sind die Hürden für den Einstieg in den KV niedriger als viele glauben. Die Herausforderung besteht darin, sich dem System Bahn anzupassen.Für die BTG Internationale Spedition war am 1. Juli 2012 Premiere: An diesem Tag gab das Unternehmen zum ersten Mal einen Auflieger mit Stückgut am Kombi-Terminal in Köln auf und ließ ihn bis Weil am Rhein auf der Schiene transportieren, wo ihn ein Fahrzeug der Partnerspedition Tisa aus Pratteln abholte. Seither wird diese Relation täglich in beide Richtungen auf der Schiene zurückgelegt. „Uns ist ein Fuhrunternehmer ausgefallen, der die Stückguttour in die Schweiz bis dahin mit dem LKW gefahren ist“, erklärt Marcus Schramm, Speditionsleiter der BTG-Niederlassung in Neuss. „Daher haben wir nach einer Alternative gesucht – und gemeinsam mit Kombiverkehr eine gute Lösung gefunden.“ Anfänglich, das gibt Schramm ganz ehrlich zu, herrschte gegenüber dem Schienentransport eine gewisse Skepsis im Unternehmen. Lediglich für eine Tour nach Schweden nutzte die Spedition bislang die Bahn – und diese Transporte werden vom schwedischen Partner organisiert. Mit dem Kombinierten Verkehr (KV) hatte die BTG bislang keinerlei Erfahrungen.In drei Monaten war der Umstieg perfektAllzu schwierig sei der Einstieg allerdings nicht gewesen. „Wir haben mit den Beratern der Kombiverkehr die Eckdaten geklärt und binnen drei Monaten wurde alles wie besprochen umgesetzt“, sagt Schramm. Lediglich drei Wochen dauerte es, bis die ersten beiden bahntauglichen Trailer zur Verfügung standen. Sie wurden zunächst für ein Jahr gemietet, da die Spedition die Investitionen niedrig halten wollte. Zwei weitere Container mietete BTG einen Monat später, um flexibler disponieren zu können. „Ziel ist es, auf der Relation Köln/Weil am Rhein täglich zwei Einheiten in jeder Richtung zu befördern“, sagt Schramm. Dass tägliche Rundläufe ideal für erfolgreiche Transporte im KV sind, betont Frank Werner, Leiter Logistikkonzepte bei Kombiverkehr. „Der Einstieg in den KV ist aber auch nur mit zwei oder drei Sendungen pro Woche sinnvoll.“ Immer wieder mal einen Trailer zu befördern, bringe dagegen wenig, so Werner. „Die Anmeldung eines Containers ist zwar unkompliziert per Fax oder E-Mail möglich. Allerdings müssen auch die Vor- und Nachläufe organisiert werden.“ Und das lohne sich eher bei einem regelmäßigen Aufkommen. Dies bestätigt Stefan Hagenlocher, Geschäftsführer der HWH Gesellschaft für Transport- und Unternehmensberatung. „Ein Hauptlauf unter 200 Kilometern ist für den KV weniger geeignet. Richtig interessant wird es bei Strecken ab 500 Kilometern, und ab 1000 Kilometern kommen die Stärken der Schiene erst richtig zum Tragen.“ Denn bei einem Vorlauf von 50 bis 100 Kilometern entstehen Kosten zwischen 100 und 200 Euro. Für die Kranung müssen etwa 20 Euro kalkuliert werden. Und das mal zwei, da die Container ja auch am Empfangsbahnhof vom Waggon gehievt werden müssen. Dieser Kostenblock stellt laut Hagenlocher einen Haupthinderungsgrund für den Einstieg in den KV dar. „Für die 250 bis 450 Euro für Vor- und Nachlauf plus Kranung kann ein LKW schließlich ziemlich weit fahren.“ Vorteilhafter sieht die Kalkulation bei Seehafenhinterlandverkehren aus: Hier müssen die Container ohnehin per Kran vom Schiff umgeschlagen werden – ob auf den LKW oder auf einen Waggon, macht kostenmäßig keinen Unterschied. Und die Vorlaufkosten für die Abholung im Hafen müssen auch bei einem reinen Straßentransport mit einkalkuliert werden. „Auch deshalb sind Seecontainer im KV ein Wachstumssegment“, sagt Hagenlocher. Bahn ist 29 Prozent günstiger Bei der BTG fällt der Schienentransport im Hauptlauf auf der Bahn um exakt 29 Prozent günstiger aus. Alles in allem kostet der KV-Transport von Depot zu Depot so viel wie vorher mit dem LKW. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die BTG und ihre Partnerspedition Tisa in beide Richtungen ausreichend Ladung an Bord haben. „Auf einer Strecke leere Container durch die Gegend zu fahren, beeinträchtigt natürlich auch im KV die Rentabilität“, sagt Hagenlocher. Da ein LKW Umwege fahren oder Zwischenstopps bei Verladern entlang der Strecke einlegen kann, ist es im Straßenverkehr einfacher, Rückladungen zu bekommen. „Andererseits werden LKW-Transporte aufgrund der steigenden Dieselpreise und des Fahrermangels, der auch zu höheren Löhnen führen wird, künftig nicht billiger.“ Da Fahrer und Treibstoff etwa 50 Prozent der Kosten für Straßentransporte ausmachen, wirken sich diese Preissteigerungen spürbar auf die Gesamtkosten aus. „All das trägt dazu bei, die Konkurrenzfähigkeit der Schiene zu erhöhen“, sagt Hagenlocher.Es bleibt dabei: der LKW ist flexiblerTrotz aller Begeisterung für Bahntransporte weist Hagenlocher allerdings darauf hin, dass der KV für Nachtsprungverkehre mit engen Zeitfenstern meist nicht geeignet ist. „Dazu müssten die Züge schneller fahren dürfen. Außerdem kommt es morgens in Ballungsräumen zu Trassenengpässen. Da hat der Personennahverkehr, der Pendler zur Arbeit bringt, Vorrang.“ Damit sei die Schiene für die immer zahlreicher werdenden zeitkritischen Sendungen derzeit selten eine Alternative. Dass durch die Verkehrsbrüche Straße-Schiene-Straße die Disposition anspruchsvoller wird, räumt Werner ein. „Außerdem wird durch die festen Bahnfahrpläne auch die Flexibilität eingeschränkt: Beim reinen Straßentransport ist es ja meist nicht ganz so dramatisch, wenn ein LKW 20 Minuten später als geplant abfährt. Wer dagegen nach der Ladeschlusszeit am KV-Terminal ankommt, verpasst den Zug.“ Für manche Disponenten bedeuten die zeitlichen Restriktionen daher zunächst eine Umstellung. Allerdings dürfen die KV-Einheiten auch lange vor Ladeschluss angeliefert werden und müssen auch nicht sofort nach Ankunft des Zuges abgeholt werden. „Diese Pufferung ist grundsätzlich kostenfrei, sofern die Einheiten noch am gleichen Tag verladen werden,“ sagt Werner. Auch die zweite Kranung, die durch das Zwischenabstellen erforderlich wird, berechnen die KV-Terminals in der Regel nicht. Spediteuren, die in den KV einsteigen wollen, empfiehlt Werner, vorher mit ihren Verladern darüber zu sprechen. Schließlich müssen diese die Güter absolut pünktlich bereitstellen. Außerdem gibt es auf Kundenseite vielleicht doch zeitliche Spielräume, die auch für zeitkritische Güter eine Verlagerung auf die Schiene ermöglichen. Und drittens wissen viele Verlader diesen umweltfreundlichen Transport durchaus zu schätzen. Bei der BTG reagierte etwa die Hälfte der Kunden ausgesprochen positiv auf die Verlagerung, der anderen Hälfte war es egal – so lange die Sendungen pünktlich eintreffen. Und das tun sie offenbar: „Was die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit betrifft, sind wir ebenfalls ausgesprochen positiv überrascht“, berichtet Schramm. „In den ersten drei Monaten kam es lediglich vier Mal zu Verzögerungen von zwei bis drei Stunden. Ähnliche Quoten haben wir auch beim reinen Straßentransport.“ Zudem wurde die BTG umgehend über die Verspätungen informiert und konnte daher sofort reagieren. BTG ist auf den Geschmack gekommenGespannt ist er darauf, wie es im Winter läuft. „Zur Not müssen wir zeitkritische Sendungen dann eben wieder auf der Straße transportieren, obwohl es natürlich auch auf den Fernstraßen zu witterungsbedingten Verzögerungen kommen kann.“ An die Rückverlagerung der Verkehre auf die Straße denkt man bei BTG jedoch nicht – im Gegenteil: „Derzeit durchforsten wir unseren Auftragsbestand, um den KV auch auf anderen Linien einzusetzen“, sagt Schramm. „Es gibt durchaus Hauptläufe, die dafür infrage kommen. Wir werden unser Angebot und unser Unternehmen auf jeden Fall in diese Richtung weiterentwickeln.“ ❙❚■ Eva Elisabeth Ernst, freie JournalistinEin weiterer Vorteil des KV: 44 Tonnen sind möglich SchwerpunktEinstieg in den KVVon der Sendungsverfolgung bis zur Ladungssicherung Vier Praxistipps von Frank Werner von Kombiverkehr rund um die operativen Prozesse beim Umstieg auf den Kombinierten Verkehr (KV).Sorgen Sie dafür, dass sich Ihre Fahrer mit der Situation an den KV-Terminals vertraut machen, damit das Abliefern und Abholen bereits in der Startphase reibungslos klappt. Beachten Sie bei der Ladungssicherung, dass Ihre Ladeeinheiten auf einer Strecke in beide Richtungen gefahren und auch gebremst werden. Binden Sie Ihre Disposition an die automatischen Status-Meldesysteme der KV-Operateure an. Damit werden Sie umgehend über Verspätungen informiert.Nutzen Sie das Know-how der Operateure, die auch Fragen zu CO2-Einsparungen, bahntauglichem Equipment oder Gefahrgut auf der Schiene beantworten. eeeFrank WernerLeiter Logistik-konzepte bei KombiverkehrPraxistipp: Was beim KV-Einstieg zu beachten ist

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