Digitalisierung in der Dispo: Smarter disponieren

Automatisierte Disposition und Tourenplanung im Stückgutgeschäft - daran wagen sich nur wenige Speditionen. "Dabei ist dies im Nahverkehr rein aus technologischer Sicht heute schon möglich", sagt Florian Schimandl, Mitbegründer und Geschäftsführer der Münchener Softwarefirma Smartlane, das eine KI-basierte Cloud-Lösung für diesen Bereich entwickelt hat. Disponenen entlasten, nicht ersetzen Die Spedition Hartmann International in Paderborn (530 Mitarbeiter, 223 eigene Lkw), Partner der Stückgutkooperation Cargoline, hat den Schritt hin zur automatisierten Disposition zusammen mit Smartlane gewagt. "Gestartet sind wir zunächst im Sammelguteingang und in der damit verbundenen Nahverkehrs-Distribution", erzählt Uwe Lachmann, Geschäftsführer der Spedition Hartmann. Die ersten Gespräche haben dazu im August 2020 stattgefunden - gut drei Monate später ist die Lösung bereits in den "Live-Betrieb" gestartet. "Wir haben uns zu diesem Schritt der Automatisierung in der Disposition nicht entschieden, um so unsere Personalkosten zu senken oder gar irgendwann auf Disponenten komplett verzichten zu können", betont Lachmann. Ziel sei vielmehr, die Mitarbeiter in bestimmten Teilaufgaben softwaregestützt zu entlasten, damit sie mit der heutigen Mitarbeiterstärke auch die künftige Mehrmenge händeln können - Hartmann rechnet hier in den nächsten Jahren jährlich mit deutlichem Umsatzplus. "Anders schaffen wir das nicht", sagt er, "auch weil es für uns wegen des demografischen Wandels immer schwieriger wird, in unserer Region qualifizierte Fachkräfte zu finden." Fakt ist: Touren im Nahverkehr in der Disposition kostenoptimiert und zuverlässig zu planen, ist nicht trivial, zumal Hartmann für die Zustellung zu 50 Prozent eigene Lkw einsetzt, aber auch feste externe Transportpartner. So müssen in der Disposition unzählige Parameter berücksichtigt werden, etwa Sendungsmenge und -gewicht, vereinbarte terminliche Laufzeiten, zu fahrende Wegstrecken, gesetzliche Lenk- und Ruhezeiten, Anzahl der Stopps sowie die Frage, welche Transportpartner in welcher Region und mit welchem Fahrzeug und welcher Auslastung für den Transport überhaupt zur Verfügung stehen, gar nicht zu reden von etwaigen Unwägbarkeiten wie Stau und Baustellen. Es gibt also generell unzählige Kombinationsmöglichkeiten, wie eine Tour geplant werden kann. Definierte Parameter für die Planung Um dies alles händeln zu können, beschäftigt die Spedition im Nahverkehr sieben Disponenten im Zwei-Schicht-Betrieb, die jeden Tag im Schnitt 1200 Zustellaufträge im Nahverkehr und eine stattliche Anzahl Abholaufträge disponieren. Vor dem Einsatz von Smartlane startete die erste Schicht um Mitternacht - mit dem Eintreffen der Lkw auf der Umschlagshalle - und die zweite Schicht acht Uhr morgens. Aufgabe der Disponenten war es - vereinfacht formuliert -, auf Basis der via Transportmanagementsystem (TMS) übermittelten Sendungsdaten die Touren in der Zustellung manuell zu planen. Heute automatisiert die Spedition diese Tätigkeiten mit Smartlane. "Diese neue Software kann Transportaufträge nicht nur nach klar definierten Parametern ,selbst' planen und den Disponenten entsprechend vorschlagen, sondern dank dieser Parameter noch optimieren", erläutert Smartlane-Geschäftsführer Schimandl. "Unsere Lösung berücksichtigt dabei unter anderem aktuelle Daten wie Verkehrslage, Auslastung der Fahrzeuge und weiß zum Beispiel auch, wo sich die Fahrer aktuell befinden." Auf diese Weise könne die KI-Lösung die Waren für die Tour in der Reihenfolge ideal anordnen und dem jeweils passenden Lkw zuordnen, erklärt er. "Dadurch wird der Fuhrpark betriebswirtschaftlich geplant - optimiert nach Produkt, Kosten, Wegstrecke, Anzahl der Stopps - und die Sendungen werden so gebündelt, dass Kunden nicht mehrmals angefahren werden." Damit der Disponent die geplante Tour überwachen kann, steht ihm diese zur Ansicht auf einer interaktiven Karte zur Verfügung. Und sollte in der von Smartlane geplanten Tour doch eine Abweichung nötig sein, sagt Schimandl, könne der Disponent das System in seinem TMS nach der initialen Planung überstimmen. Zudem biete Smartlane auf seiner Weboberfläche ein Dashboard, auf dem Kennzahlen der Planungsläufe eingesehen werden können, etwa Kosten, Auslastung und Einsatzzeiten der Lkw, Gesamtfahrleistung des geplanten Fuhrparks und Beladereihenfolge. KI-Software wird immer klüger "Unsere Disponenten werden mit der neuen Lösung deutlich entlastet", resümiert Lachmann nach gut einem Jahr Praxiseinsatz von Smartline. So gelang es der Hartmann Spedition dadurch schon in der ersten Phase, über 1200 Zustellaufträge in nur 30 Minuten automatisiert zu optimierten Touren zu verplanen und die Disponenten täglich um zwei bis drei Stunden zu entlasten. "Mittlerweile kann die Software bestimmte Aufgaben sogar so automatisiert und dadurch schneller abarbeiten", freut er sich, "dass unsere Mitarbeiter nicht mehr um Mitternacht ihre Schicht beginnen, sondern erst um vier Uhr früh, also ganze vier Stunden später." Auch die Mengen-Volatilität macht Smartlane Lachmann zufolge für Spediteure ein gutes Stück beherrschbarer. "Kein Disponent kann bei über 1200 Zustellaufträgen jede Nacht jeden Parameter bei der Planung einer Tour kennen, hier unterstützt ihn nun die neue Software. Sie hilft uns, die Ressourcen der Fahrer, Fahrzeuge und Ladegefäße noch besser zu nutzen, besser auslasten zu können und so unsere Kosten zu optimieren." Kein Wunder, dass er und sein Team den nächsten Schritt wagen: "Wir sind nun dabei, unsere Abholdisposition im Nahverkehr zu automatisieren", kündigt er an. Schon in den nächsten drei Monaten könnte auch diese Lösung im Echtbetrieb laufen. Hört sich gut an, ist aber auch nicht trivial. Typisch Künstliche Intelligenz musste auch Smartlane Transport Intelligence in der Hartmann Spedition zunächst "angelernt" werden, nach welchen Parametern sie die Touren automatisiert planen soll. Denn erst mit der Zeit wird die KI-Software immer "klüger". Diese Parameter galt es, zunächst zu definieren - im gemeinsamen Projektteam, bestehend aus IT-Mitarbeitern, Disponenten und Geschäftsführer seitens Hartmannn sowie IT-Experten von Smartlane. "Neben unserem Disponenten saß also immer ein IT-Mitarbeiter in der Anfangsphase", erzählt Lachmann. Die größte Herausforderung für den Hartmann-Geschäftsführer war: "Wir führten Smartlane im Parallelbetrieb ein, parallel zu unserem bestehenden Tagesgeschäft in der Spedition." Geholfen habe hier, dass sich das Unternehmen von Anfang an mit Smartlane auf ein stufenweises Einführungskonzept bei laufendem Betrieb verständigt habe, damit das Tagesgeschäft nicht zu sehr gestört wurde - ohne tagelangen IT-Stillstand. "Natürlich gab in der Spedition zunächst Vorbehalte gegen die Automatisierung", ergänzt Schimandl. "Und hier lassen sich Speditionen und Disponenten nicht von schönen Worten beeindrucken." Deshalb hätten er und sein Team von Anfang an alle Beteiligten in der Spedition (Geschäftsleitung, IT-Mitarbeiter und Disponenten) in die Gespräche und Präsentationen eingebunden und aufgezeigt, wo die Mehrwerte für alle Beteiligten liegen. Was waren letztlich für Lachmann die wichtigsten Lessons Learned? "Alle Mitarbeiter und Projektbeteiligten haben in diesem Projekt die Erfahrung gemacht, dass man vor Digitalisierung und Automatisierung keine Angst haben muss." Stattdessen könne man damit, intelligent eingesetzt, Potenziale heben, die für alle nutzbar und wirkungsvoll sind. Deshalb gebe es bei Hartmann auch künftig digitale Projekte, die aus dem Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine gelebt werden. Mehr zum Thema finden Sie unter #Stückgut www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Das Speditions- und Logistikunternehmen Hartmann International befindet sich in fünfter Generation in Familienhand. Aktuell arbeitet die Spedition an der Digitalisierung in der Disposition. Was da ansteht, zeigt der Beitrag.

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