Die Mosel wird zum Containerstrom

Noch sind sie ein seltener Anblick - Containerschiffe, die unter der altehrwürdigen Römerbrücke in Trier hindurchfahren. Doch das könnte sich bald ändern. Der Hafen Trier plant, die alte Römerstadt künftig enger an die weltweite Containerschifffahrt anzubinden. Als erste Maßnahme wurde Anfang des Jahres ein regelmäßiger Containerlinienverkehr gestartet, der Trier, den einzigen deutschen Mosel-Hafen, mit Bonn verbindet. Hinter dem neuen Kurs steht eine neue Mannschaft. Seit Jahresbeginn organisieren nämlich zwei Firmen den Betrieb des Hafens mit: die Bonner Spedition Am Zehnhoff-Söns sowie Theo Steil, ein ortsansässiges Entsorgungs- und Recyclingunternehmen. Dieses Konsortium hat die Firma Luxport abgelöst, die 13 Jahre lang für den Terminalbetrieb in Trier zuständig war. Bislang zeigt sich die Betreibergesellschaft zufrieden mit der Nachfrage nach den neuen Containerverkehren. "Das läuft sehr ordentlich an", sagt Volker Klassen, Geschäftsführer des Hafens. Allerdings warnt er vor überzogenen Erwartungen: Insgesamt werde der Containerumschlag in diesem Jahr auf dem Niveau von 2014 verharren, so Klassen. Auf die Frage nach dem zukünftigen Volumen zeigt der Hafenchef lachend auf ein Schiffsmodell aus Lego, das auf seinem Schreibtisch steht: "Da wollen wir hin." Es ist die Emma Maersk. Im Original kann der Gigant der Meere 15.000 TEU (20-Fuß-Container) befördern. Der Hafen Trier will 2019 ein wenig mehr umschlagen, mindestens 20.000 TEU. Derzeit sind es 3500 TEU. 100 Euro günstiger als mit dem Lkw Angeboten werden die neuen Containerverbindungen von Am Zehnhoff-Söns (AZS). Die Motivation erklärt Gerd Thiebes, General Manager, so: "Wir wollten den letzten weißen Fleck auf der Intermodal-Landkarte wegbekommen." Das Engagement der Bonner an der Mosel ist nur folgerichtig, schließlich hat AZS schon 2014 im französischen Metz ein Containerterminal aufgebaut; Trier ist der nächste logische Haltepunkt flussabwärts. Seit Januar fährt zwei Mal pro Woche ein Schiff von Metz über Trier nach Bonn. Dort stehen pro Woche 50 weitere Verbindungen zur Verfügung, unter anderem in Richtung der Seehäfen in Antwerpen, Rotterdam und Zeebrügge. Die Laufzeit von Trier bis Rotterdam beträgt vier bis fünf Tage. Für das Binnenschiff sprechen natürlich vor allem Kostenvorteile: Mehr als 100 Euro pro Container können Unternehmen zwischen Trier und Antwerpen auf dem Wasserweg im Vergleich zum Straßentransport sparen, rechnen die Betreiber vor. Derzeit ist die Kundschaft für den Containerdienst bunt gemischt: Importiert wird vor allem Handelsware, die Exportladungen reichen von Wein über Milch und Bier bis hin zu Aufsitzrasenmähern. Noch werden relativ kleine Schiffe eingesetzt, "aber wir passen die Größe an die Nachfrage an", betont Thiebes. Mittelfristig sei auch denkbar, die Taktung zu erhöhen. Mit zwei Fahrten pro Woche sei das Ziel von 20.000 TEU für Trier schließlich nicht zu realisieren. Um das Ziel zu erreichen, hat man in Trier ordentlich Geld in die Hand genommen. Seit 2008 flossen 7,5 Millionen Euro in den Hafen, allein seit Anfang des Jahres hat AZS 1,8 Millionen Euro investiert. Das Geld floss unter anderem in Reachstacker, Flurförderfahrzeuge und IT. Der Hafen seinerseits verlängerte die Kaimauer und sanierte zwei Lagerplätze, als Nächstes steht ein Ausbau des Gleisanschlusses auf der Agenda. Insgesamt zehn neue Mitarbeiter hat AZS für den Standort eingestellt. Zwei neue Reedereien im Hafen Diese Aufbauarbeit und Vertriebsaktivitäten zahlen sich jetzt aus. "Zwei Reedereien haben ein Leercontainer-Depot eröffnet: China Shipping und die japanische K-Line", freut sich Hafenchef Klassen. Im großen Stil neue Unternehmen am Hafen anzusiedeln, ist allerdings keine Option. "Wenn ich doch nur Flächen hätte ...", bedauert er. Wie in vielen deutschen Binnenhäfen ist auch in Trier der Platz aufgebraucht. Lediglich drei Hektar sind noch frei und diese Fläche will der Betreiber als Puffer vorhalten, falls ein Unternehmen, das auf Hafen oder Gleisanbindung angewiesen ist, den Platz überraschend braucht. Der zweite neue Mitbetreiber in Trier scheint auf den ersten Blick kaum ins Konzept zu passen: Das Unternehmen Theo Steil kommt aus dem Schrotthandel und ist auf Entsorgung und Recycling spezialisiert. Doch auch in dieser Branche spielt der Container eine wachsende Rolle. Immer mehr Kupfer und Messing wird in den Stahlboxen transportiert, vor allem in Richtung Indien und Asien. Dank Containertransport können die Ladungen viel schneller und einfacher befördert werden. Lediglich klassischer Schrott bleibt ein Schüttgut. Hinter dem Engagement von Theo Steil steht der Plan, das wachsende Geschäft mit dem Container voranzutreiben. Die neuen Liniendienste sollen genutzt werden, um Lkw-Transporte überflüssig zu machen. Dabei bietet der Schiffstransport einen zusätzlichen Vorteil: Während auf der Straße nur Container bis maximal 27 Tonnen zugelassen sind, dürfen es im Schiff 30 Tonnen sein. Das heißt, Verlader sparen allein so zehn Prozent der Kosten. Bei allen ambitionierten Plänen hat Trier allerdings noch ein gutes Stück Weg vor sich. Derzeit spielen Container noch eine untergeordnete Rolle. Vom gesamten Umschlag im letzten Jahr - 1.170.000 Tonnen - entfielen nur 97.000 Tonnen auf Container. Massengüter wie Öl, Gas, Erz, Eisen und Stahl bilden nach wie vor das Rückgrat des Hafens. Dieses Geschäft soll auch in Zukunft nicht vernachlässigt werden, bekunden die neuen Betreiber. Von der Infrastruktur her sei der Hafen durchaus in der Lage, das angepeilte Wachstum zu bewältigen. 420 Meter Kaimauer stehen zur Verfügung, zwei Krane mit einer Kapazität bis 50 Tonnen sowie 50.000 Quadratmeter Fläche für Lager und Umschlag. Schleusen müssen modernisiert werden Als Hindernis für die Ausbaupläne könnten sich jedoch die Schleusen im Südwesten erweisen. Die Bauwerke entlang der Mosel haben nämlich schon 50 Jahre auf dem Buckel. Dank einer guten Wartung funktionieren sie zwar noch, doch es ist absehbar, dass sie in Zukunft anfälliger werden. "Der Worst Case wäre ein mehrwöchiger Totalausfall", so Klassen. Hinzu kommt, dass die Schleusenkapazitäten zu gering sind, sodass die Schiffe mitunter eine Stunde warten müssen. Kurzfristig könnte hier ein Vorschleusungsrecht für Containerschiffe Abhilfe schaffen, das der Hafen beantragt hat. Langfristig jedoch, so Klassen, führe kein Weg an einem Ausbau vorbei. "Was die Kunden wollen, ist Verlässlichkeit. Und dafür brauchen wir die zweite Schleusenkammer!" Dass sein Wunsch sobald in Erfüllung geht, zeichnet sich jedoch nicht ab: Aktuell geht der Bund davon aus, dass die zehn Moselschleusen zwischen Trier und Koblenz erst 2036 ausgebaut sein werden. -- Zukünftig über die Mosel bis ans Mittelmeer? Die unterschätzte Transportader Viele Menschen denken bei der Mosel vor allem an romantische Weinberge, doch der Fluss hat auch für die Logistik Potenzial. Ein großer Vorteil: Anders als viele andere Wasserstraßen ist die Mosel für dreilagigen Containerverkehr geeignet. Alle Brücken weisen die nötige Höhe auf. Zudem ist die Kapazität des Flusses noch längst nicht ausgeschöpft. Derzeit hat der Containerverkehr mit 7500 TEU sehr moderate Ausmaße; ein Anstieg auf 10.000 TEU würde nur 45 Schiffe pro Jahr mehr bedeuten - bei 10.000 Schiffen pro Jahr insgesamt keine große Belastung.Der einzige Flaschenhals sind die zehn Moselschleusen aus den 1960er-Jahren. Sie werden zwar modernisiert und ausgebaut, allerdings in einem sehr behäbigen Tempo. Erst 2036 sollen die letzten Baumaßnahmen abgeschlossen sein. Derzeit nutzt die Binnenschifffahrt die Mosel vor allem als Zubringer zum Rhein; der Hafen Trier etwa liegt auf halbem Weg zwischen Metz und Bonn, von wo aus es zahlreiche Verbindungen zu den Seehäfen Rotterdam und Antwerpen gibt. Allerdings könnte der Fluss noch mehr. Ein 124 Kilometer langer Kanal verbindet die Mosel nämlich mit der Saône, einem Nebenfluss der Rhône. Bislang ist er nur für kleinere Schiffe geeignet, doch das französische Verkehrsministerium hat einen Ausbau wieder auf die Agenda gesetzt. Wird er realisiert, könnten Binnenschiffe von der Nordsee über die Mosel bis nach Marseille ans Mittelmeer fahren. cg