Kopenhagen/Berlin. Nach langem Zögern und zähem Tauziehen stehen die Regierungen in Berlin und Kopenhagen unmittelbar vor ihrer endgültigen Entscheidung zum Bau einer 20 Kilometer langen Ostseeverbindung über den Fehmarnbelt. Wie der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen der Nachrichtenagentur Ritzau bestätigte, hat er sich am Dienstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin darauf geeinigt, dass spätestens bis Ende Juni über die Verwirklichung des 5,5 Milliarden Euro teuren Bauprojektes entschieden werden soll. „Wir wissen, dass die deutsche Seite noch nicht so weit ist und Fragen klären muss. Das respektieren wir“, sagte Rasmussen. Er spielte damit freundlich und höflich auf das ansonsten in Kopenhagen immer weniger akzeptierte Zögern der Bundesregierung an: Für sie rangierte das gigantische Brückenprojekt angesichts leerer Kassen, höherer Priorität anderer Verkehrsvorhaben und nicht zuletzt ostdeutscher Bedenken bisher eher unter der Rubrik ferner liefen. Nun aber ist die Zeit auf einmal knapp geworden, weil bis Anfang Juli gemeinsames und verbindliches grünes Licht nötig ist, damit das deutsch-dänische Projekt von Brüsseler Subventionstöpfen profitieren kann. Bis zu 30 Prozent der Investitionskosten will die EU für die als transeuropäisches Projekt schon anerkannte Ostsee-Verbindung tragen. Mit ihr würde sich die Fahrzeit zwischen Hamburg und Kopenhagen von vier auf drei Stunden verkürzen. Wegen der EU-Bewerbungsfrist müssen beide Seiten nun auch sehr viel schneller als geplant über neue dänische Finanzierungsvorschläge verhandeln. Weil im Dauerboom-Land Dänemark die Staatskassen prall gefüllt und auch die Entscheidungsträger Optimisten sind, hat Kopenhagen seinen Berliner Partnern die Übernahme eines höheren Kostenanteils als 50 Prozent vorgeschlagen. Es will dann aber auch von den Mauteinnahmen mehr kassieren. Zögerlich, aber inzwischen angeblich sogar mit vorsichtiger Unterstützung von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) nähere sich Berlin einem Ja zu diesen Vorschlägen an, heißt es aus dänischen Regierungskreisen. Hinter den Kulissen werde auf Beamtenebene höchst diskret und höchst intensiv gearbeitet. Eine für Dienstag nächster Woche ins Auge gefasste Begegnung zwischen dem dänischen Verkehrsminister Flemming Hansen und seinem Berliner Kollegen Wolfgang Tiefensee (SPD) soll nur zu Stande kommen, wenn die Experten sich vorher einig geworden sind. Als nicht unerheblicher Stolperstein gilt dabei der endlose deutsch-dänische Streit über den Verkauf der bisher gemeinsam betriebenen Ostsee-Fährreederei Scandlines. Wenn Kopenhagen sich hier bewege und grünes Licht für den von Berlin gewünschten Verkauf an ein Rostocker Konsortium gebe, werde das eine positive deutsche Entscheidung zur Fehmarnbelt-Querung erleichtern, sagte Ex-Verkehrsminister und designierte VDA-Präsident Matthias Wissmann (CDU) der Tageszeitung „Der Nordschleswiger“. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff, sein schleswig-holsteinischer Kollege Peter Harry Carstensen sowie Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (alle CDU) hatten Merkel vor ihrem Treffen mit Rasmussen in einem Brief aufgefordert, neue dänische Finanzierungsvorschläge „positiv zu prüfen“. (dpa)
Countdown für Fehmarnbelt-Querung
Entscheidung steht vor der Tür: Entscheidung für oder gegen Straßenverbindung über Ostsee soll bis Ende Juni fallen