Potsdam. Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) hat trotz des augenscheinlich schlechten Zustands der Straßen im Land überzogene Forderungen zurückgewiesen. „Wir können angesichts der Haushaltslage nicht alle Ansprüche erfüllen", sagte der Minister am Donnerstag in der Aktuellen Stunde auf Antrag der CDU-Fraktion. „Es gibt kein Wünsch-Dir-was." Brandenburg hat über etwa 5800 Kilometer Landesstraßen - gut die Hälfte davon in schlechtem Zustand.
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Rainer Genilke, hatte den unakzeptablen Zustand beklagt. Beste Bildungs- und Sozialpolitik würden nichts bringen, wenn in der Zwischenzeit die Infrastruktur verfalle. Der rot-roten Landesregierung warf er vor, 17 Millionen Euro weniger im Haushalt für Sanierung und Erhalt von Straßen bereitzustellen. Es gebe Hinweise, dass Unternehmen wegen schlechter Verkehrsanbindung Standorte verlassen wollten. Ein Entschließungsantrag, die Landesregierung aufzufordern, bis Ende Juni eine Strategie zu erarbeiten, wurde abgelehnt.
Die SPD-Abgeordnete Kerstin Kircheis betonte, dass Zaubertricks von der rot-roten Landesregierung nicht zu erwarten seien. „Die Erhaltung der Landesstraßen hat aber weiter Priorität", betonte sie. Sie machte die Steuerpolitik der schwarz-gelben Bundesregierung dafür verantwortlich, wenn Gelder für die Straßenerhaltung fehlten und den Ländern vorenthalten würden.
Die verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Kornelia Wehlan, erinnerte die CDU, dass sie in den sogenannten fetten Jahren den Substanzerhalt vernachlässigt habe. Die Sanierung eines Kilometers koste zwischen 200.000 und 300.000 Euro. Es bleibe dabei: Erhalt habe Vorrang vor dem Neubau. Von den jährlich bereitstehenden rund 50 Millionen Euro für Erhalt und Neubau von Landesstraßen sind 5 Millionen Euro für Neubauprojekte.
Der Abgeordnete von Bündnis 90/Grüne, Michael Jungclaus, sagte, dass seine Fraktion eigentlich den Antrag der CDU unterstützen wollte. „Die Forderung nach mehr Mitteln kann aber nicht unterstützt werden", sagte er. Aus seiner Sicht ist der Bedarf an neuen Straßen gedeckt. Kritik kam auch vom FDP-Landtagsabgeordneten Gregor Beyer. „Wir Deutschen neigen zum Jammern auf hohem Niveau", sagte er angesichts der Ereignisse in Japan. Das Thema hätte nicht auf die höchste Ebene des Parlaments geholt werden müssen. „Das Problem sollte auf Arbeitsebene bearbeitet werden", sagte er unter Beifall.
„Betonkrebs" vor allem in Ostdeutschland
Ein besonderes Verkehrsproblem war ebenfalls Thema im Landtag: der sogenannte Betonkrebs auf neu gebauten Autobahnen. Dabei zersetzen Kieselsäuren in einem chemischen Prozess die Stoffe im Zement. Immer wieder werden deshalb Autobahnabschnitte, die eigentlich 30 Jahre halten sollen, schon nach weniger als zehn Jahren rissig. „Betonkrebs ist kein Brandenburger Phänomen", sagte Vogelsänger in der Fragestunde. Allerdings befällt die „Autobahnkrankheit" nach Expertenangaben vor allem Strecken im Osten.
Der Minister hofft, dass das Problem zusammen mit dem Bund gelöst werden könne. Entsprechende Forschungsvorhaben liefen bereits. 66 Prozent der Bundesautobahnen im Land seien aber in einem sehr guten Zustand, betonte Vogelsänger. Ein weiteres Viertel erreiche gut bis mittelmäßig. (dpa)