Beschäftigung schwerbehinderter Menschen

Beschäftigung schwerbehinderter MenschenBeschäftigung mit HandicapSchwerbehinderte Menschen genießen im Arbeitsleben einen besonderen Schutz. Das sorgt bei Arbeitgebern nicht nur oft für Vorbehalte, sondern wirft auch manche Frage auf. Rund drei Millionen erwerbsfähige Schwerbehinderte leben derzeit in Deutschland. Nur ein Drittel davon ist in den Arbeitsmarkt integriert. Viele Unternehmer fürchten, dass eine Behinderung die zu leistende Arbeit beeinflussen könnte oder haben Bedenken wegen des besonderen Kündigungsschutzes. Dabei kann es jeden treffen: Querschnittslähmung, eine schwere Depression oder eine Netzhauterkrankung können aus einem gesunden Menschen einen Schwerbehinderten machen. Schwerbehindert sind Personen, die wenigstens einen Grad der Behinderung von 50 Prozent haben.Beschäftigungsquote je nach BetriebBei der Besetzung freier Arbeitsplätze sind Arbeitgeber laut dem Schwerbehindertenrecht verpflichtet, zu prüfen, ob Schwerbehinderte den Job erledigen können. Wie viele Schwerbehinderte man beschäftigen muss, regelt das Sozialgesetzbuch: Für Arbeitgeber mit weniger als 20 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten gilt keine gesetzliche Verpflichtung. Arbeitgeber mit 20 bis 39 Arbeitsplätzen müssen einen Schwerbehinderten beschäftigen, bei Betrieben mit 40 bis 59 Arbeitsplätzen sind zwei Pflichtarbeitsplätze vorgeschrieben. Noch größere Firmen müssen mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzen. Mehrere Betriebe desselben Arbeitgebers gelten hierbei als Einheit. Lehrstellen zählen bei der Betriebsgröße nicht mit. Wird ein schwerbehinderter Auszubildender eingestellt, zählt dieser aber für zwei Pflichtarbeitsplätze.Wer sich nicht an die Beschäftigungspflicht hält, muss für jeden Monat, in dem ein Pflichtarbeitsplatz unbesetzt ist, eine Ausgleichsabgabe zahlen. Diese liegt für Unternehmen mit weniger als 40 Arbeitsplätzen bei 105 Euro, für Arbeitgeber mit 40 bis 59 Arbeitsplätzen, die weniger als einen Schwerbehinderten beschäftigen, bei 180 Euro. Die Höhe der jeweiligen Ausgleichsabgabe errechnet sich bei Betrieben ab 60 Arbeitsplätzen anhand der Schwerbehindertenquote: Liegt diese zwischen null bis zwei Prozent, wird der Höchstsatz von 260 Euro pro unbesetzter Stelle fällig.Ob und wie viel Ausgleichsabgabe ein Arbeitgeber zu zahlen hat, muss er selbst ausrechnen. Im sogenannten Anzeigeverfahren muss er einmal im Jahr – spätestens bis zum 31. März des Folgejahres – gegenüber der zuständigen Arbeitsagentur die entsprechenden Daten vorlegen. Bis zu dieser Frist muss er auch die Ausgleichsabgabe an das zuständige Integrationsamt abführen.Seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist es unzulässig, Bewerber ausdrücklich nach einer Schwerbehinderung zu fragen. Werden sie dennoch darauf angesprochen, können sie wahrheitswidrig verneinen, also vom Recht zur Lüge Gebrauch machen. Nur dann, wenn der Bewerber aufgrund seiner Behinderung von vornherein nicht in der Lage ist, die vorgesehene Arbeit zu leisten, ist er verpflichtet, dem Unternehmen seine Behinderung von sich aus zu offenbaren.Diverse Zuschüsse für UnternehmenFinanzielle Anreize sollen die Beschäftigungsquote von Schwerbehinderten steigern. Wer als Arbeitgeber schwerbehinderte Menschen einstellt, kann zum Beispiel mit vielfältigen Unterstützungen des Integrationsamtes beziehungsweise der örtlichen Fürsorgestellen rechnen. Zudem gibt es weitere Förderungen durch die Arbeitsagentur und andere Träger der Rehabilitation von Schwerbehinderten.Möglich sind Eingliederungszuschüsse zu den Lohnkosten, Zuschüsse zu Ausbildungsvergütungen oder die Kostenübernahme für eine auf bis zu drei Monate befristete Probebeschäftigung. Auch die behinderungsgerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes kann vom Integrationsamt oder einem zuständigen Rehaträger bezuschusst werden. Daneben gibt es einen ganzen Strauß von regionalen Fördermaßnahmen und Unterstützungen. Es lohnt sich daher, bei der Arbeitsagentur oder beim Integrationsamt nachzufragen.Besonderer Schutz für ArbeitnehmerArbeitgebern bereiten oft die Schutzvorschriften zugunsten Schwerbehinderter Probleme. Letztere haben Anspruch auf fünf zusätzliche bezahlte Urlaubstage pro Jahr, sofern sie fünf Tage in der Woche einer Beschäftigung nachgehen. Maßgeblich ist hierbei nicht der gesetzliche Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz, sondern der Urlaub, der Mitarbeitern im Betrieb zustünde, wären sie nicht schwerbehindert. Schwerbehinderte können darüber hinaus Mehrarbeit ablehnen, die über die gesetzlich festgelegten Arbeitszeiten von acht Stunden pro Tag oder 48 Stunden in der Woche hinausgeht.Sowohl die ordentliche als auch die fristlose Kündigung von Schwerbehinderten bedarf vorab der Zustimmung des zuständigen Integrationsamts. Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Beschäftigte greift erst ab dem siebten Monat. Innerhalb der ersten sechs Monate kann man das Beschäftigungsverhältnis ohne Einschaltung des Integrationsamtes beenden. Diese Frist gilt unabhängig von der im jeweiligen Arbeitsvertrag vereinbarten Probezeit. Die Zustimmung des Integrationsamts ist auch nicht erforderlich bei Schwerbehinderten ab 58 Jahren, die Sozialplananspruch auf Abfindung haben.Die Gründe für eine Kündigung können personen-, verhaltens- und betriebsbedingt sein. Da es bei personenbezogenen Kündigungen meist um Leistungseinschränkungen oder Fehlzeiten geht, die durch die Behinderung verursacht werden, kann das Integrationsamt in diesen Fällen oft eine einvernehmliche Lösung herbeiführen. Liegt der Kündigungsgrund allerdings im Verhalten des schwerbehinderten Mitarbeiters, muss dieser für sein Fehlverhalten genauso geradestehen wie jeder andere Mitarbeiter auch. Ein besonderer Kündigungsschutz ist dann nicht gegeben. Bei betriebsbedingten Kündigungen, etwa Stilllegungen oder Rationalisierungen, lenkt das Integrationsamt beim Antrag auf Kündigung in der Regel ohnehin ein.Zustimmung des IntegrationsamtsStimmt das Integrationsamt einem Kündigungsantrag zu, muss der Arbeitgeber binnen eines Monats ab förmlichem Zugang die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aussprechen. Lehnt es ab, ist die Kündigung zunächst nicht möglich. Der Arbeitgeber muss dann Widerspruch einlegen und später vor den Verwaltungsgerichten Klage auf Zustimmung erheben.Bei einer fristlosen Kündigung muss der Chef die Zustimmung des Integrationsamts innerhalb von zwei Wochen seit Kenntnis des Kündigungsgrundes beantragen. Hierbei empfiehelt sich, den Antrag aus Beweiszwecken als Einschreiben mit Rückschein zu versenden. Das Integrationsamt hat seine Entscheidung dann binnen zwei Wochen nach Antragseingang zu treffen. Hält die Behörde diese Frist nicht ein, so gilt die Zustimmung als erteilt. Der Arbeitgeber muss die fristlose Kündigung gegenüber dem schwerbehinderten Arbeitnehmer unverzüglich nach der Erteilung der Zustimmung aussprechen.Um sich auf den Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte berufen zu können, müssen Arbeitnehmer bis zum Zugang der Kündigung zumindest einen Antrag auf Feststellung der Behinderung gestellt haben. Haben sie das nicht, können sie sich auf den Sonderkündigungsschutz selbst dann nicht berufen, wenn die Schwerbehinderteneigenschaft später rückwirkend auf den Zeitpunkt vor Ausspruch der Kündigung festgestellt wird. ❙❚■ Klaus Krohn, freier JournalistNur ein Drittel aller Schwerbehinderten ist in den Arbeitsmarkt integriertBeschäftigung schwerbehinderter Menschen

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