Rom. Papst Benedikt XVI. ist der prominenteste Deutsche, der heute noch Alitalia fliegt. Ansonsten sind die guten Zeiten der Linie bekanntlich längst vorbei: Alitalia hatte einst die schicksten Stewardessen, leckeres mediterranes Essen - einen Hauch von „bella Italia“ eben. Nach Jahrzehnte langem Niedergang hat die Regierung in Rom jetzt den Ausverkauf angemeldet. Die Frage ist: Wer will den kranken Vogel übernehmen? Auguren in Rom behaupten, auch die Deutsche Lufthansa habe Interesse - womöglich ist das aber nur Wunschdenken. „Erdbeben bei Alitalia“, titelt die römische Zeitung heute. Dramatischer könnte die Lage kaum sein: Kürzlich warnte der italienische Ministerpräsident Romano Prodi höchstpersönlich, bestenfalls noch bis Ende Januar könnte die Linie durchhalten. „Die Lage ist vollständig außer Kontrolle geraten.“ Händeringend sucht Alitalia einen Retter, 49,9 Prozent der Aktien sind zu haben, bis zum 29. Januar dauert die Frist. Noch halten sich mögliche Interessenten vornehm zurück, doch hinter den Kulissen wird schon gepokert. Lufthansa reagiert kühl auf die italienischen Medienberichte. „Pure Spekulationen, die kommentieren wir in der Regel nicht“ meinte ein Sprecher am heute. Schon kürzlich winkten die Frankfurter ab: Alitalia sei wegen der desolaten Lage alles andere als ein begehrenswerter Partner. Im übrigen sei man ja bereits durch Air One und Air Dolomiti auf dem italienischen Markt präsent. Nicht ganz so zugeknöpft gibt sich der „Wunschpartner“ Air France- KLM. In Paris wird Air France-KLM-Manager Christian Boireau mit den Worten zitiert: „Es ist möglich, dass Air France ein Übernahmeangebot vorlegt, und sei es nur, um nicht in der Zukunft aus dem Rennen zu sein“. Immerhin kommt es nicht alle Tage vor, dass eine große europäische Airline zu haben ist. Mit jährlich 12,8 Millionen Passagieren steht Alitalia bei den internationalen Flügen weltweit auf Rang zehn (Lufthansa: 35,7 Millionen, ohne Inlandsflüge). Zwar machen die Italiener enorme Verluste (allein im ersten Halbjahr 2006 stiegen diese von 83,8 Millionen auf 131,8 Millionen Euro). Auch gilt die Flotte (180 Maschinen) als veraltet und wenig attraktiv. Doch was verlocken könnte, sind die rund 100 Routen, die Alitalia fliegt, - darunter potenziell lukrative Strecken in Europa, nach Nord- und Lateinamerika sowie nach Asien. Die Lage hat sich derart zugespitzt, dass Alitalia praktisch führungslos dahintreibt: Mehrere Verwaltungsratsmitglieder sind angesichts des großen Pokers von ihren Posten zurückgetreten. Unternehmenschef Giancarlo Cimoli steht, neben einem verblieben Staatsvertreter, allein an der Spitze. Dass nun auch der Chef von Air France-KLM, Jean Cyril Spinetta, seinen Posten verlassen hat, gilt manchen als Zeichen, dass die Franzosen freie Hand für eine Übernahme wollen. Immerhin haben die Franzosen und die Italiener seit 2001 eine kommerzielle Partnerschaft und zwei Prozent ihres Aktienkapitals ausgetausch. Gibt es Lust auf mehr? Größter Haken einer Alitalia-Übernahme, fürchten Insider, sei die Macht der Gewerkschaften. In Rom verlautete am Donnerstag, dass direkt nach Abschluss der Kaufofferten am 29. Januar die Regierung mit den Gewerkschaften zu Gesprächen zusammentreffen wolle. „Was Alitalia angeht, so haben wir eine präzise, ernsthafte und saubere Strategie“, sagt Ministerpräsident Prodi. Mehr sagt er aber nicht.
Alitalia sucht händeringend neuen Anteilseigner
Wer will die italienische Fluggesellschaft Alitalia kaufen? Lufthansa winkt ab. Greift Air France zu? Frist läuft am 29. Januar ab.