Alexander Dobrindt: Bleibt er oder geht er?

Vor rund einem Jahr überraschte der frühere Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer die Leser seines Heimatblatts "Reichenhaller Tagblatt" mit der Feststellung "Alexander Dobrindt ist nicht mein Nachfolger". Und es folgte eine etwas eigenwillige Interpretation seiner 2013 erfolgten Ablösung als Chef des größten Investitionshaushalts. "Was mich geschmerzt hat, dass das Ministerium nach meinem Abgang zerschlagen wurde", sagte der der Ex-Ressort-Chef über seinen CSU-Parteigenossen. Deshalb sei Dobrindt nicht sein Nachfolger. Die Herauslösung des Baubereichs und dessen Eingliederung in das Umweltministerium sei eine "krasse Fehlentscheidung" gewesen, so Ramsauer. Eine "Zerschlagung" des Ressorts droht erneut, sind sich doch die Parteien einig, dass der Bereich Digitales ausgegliedert werden soll. Die Union will diesen zur Chefsache machen und im Kanzleramt einen "Staatsminister für Digitalpolitik" ansiedeln. Verbände schätzen Dobrindt Attraktiv bleibt das Verkehrsministerium gleichwohl. Nicht nur in Berlin wird spekuliert, ob Dobrindt im Amt bleibt - ein entsprechendes Wahlergebnis vorausgesetzt - oder einem Nachfolger Platz machen muss. Ginge es nach dem Güterkraftverkehrsgewerbe oder der Bauindustrie, wäre die Sache klar: Der 47-Jährige bräuchte sich gar nicht zu bewerben. In einer Mitteilung des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB) war kürzlich mit Blick auf die nach der Bundestagswahl auf der Tagesordnung stehende Planungsbeschleunigung von Großprojekten sogar zu lesen: "Wir würden uns freuen, wenn Herr Dobrindt auch künftig mit viel Einsatz und klugen Konzepten dazu beiträgt!" Doch fällt die Entscheidung über Dobrindts politische Zukunft nicht in den Repräsentanzen der Lobbyverbände, sondern in den Wahlkabinen und Parteizentralen. Immer wieder ist im Regierungsviertel die Einschätzung zu hören, der aktuelle Ressort-Chef werde nach der Bundestagswahl Gerda Hasselfeldt als Vorsitzende der CSU-Landesgruppe beerben, die nicht wieder für den Bundestag kandidiert. Dobrindt selbst äußert sich nicht, lässt diese anhaltende Spekulation aber auch nicht dementieren. Öffentlichkeit ist eher gegen ihn Unterdessen haben der anhaltende Diesel-Skandal sowie die Kartellrechtsverstöße der deutschen Autoindustrie den Minister für viele Wähler zum Buhmann werden lassen, dem die Interessen der Autofahrer angeblich wenig bedeuten. Dahinter verschwinden seine unbestrittenen Erfolge, etwa die deutlich gestiegenen Mittel für die Infrastruktur und - aus CSU-Sicht - die Pkw-Maut. Verdruss darüber ist Dobrindt allerdings nicht anzumerken, der stets diszipliniert auftritt. Für einen Wechsel könnte auch sprechen, dass der Zugriff der bayerischen Regionalpartei auf wichtige Bundesressorts beschränkt ist. Landesinnen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann führt die Liste zur Bundestagswahl an. Man darf davon ausgehen, dass CSU-Chef Horst Seehofer ihn als Bundesinnenminister durchsetzen wird. Zu wichtig ist der Partei das Thema innere Sicherheit, um es Koalitionspartnern zu überlassen. Fraglich ist, ob die Christsozialen überhaupt noch ein weiteres wichtiges Ressort erhalten, etwa erneut das Verkehrsministerium. Zumal immer wieder Berichte die Runde machen, Seehofer bereite ein Comeback des einstigen Hoffnungsträgers Karl-Theodor zu Guttenberg vor, der 2011 als Verteidigungsminister wegen der sogenannten Plagiatsaffäre zurücktreten musste. Als Dobrindt-Nachfolger stünde der passionierte Außenpolitiker wohl kaum zur Verfügung. Nachfolger sind schwarz oder rot Eher könnte Andreas Scheuer das Rennen machen, der Ramsauer vier Jahre als Staatssekretär gedient hat, das Ministerium also kennt. 2013 machte ihn Seehofer zum CSU-Generalsekretär - wie einst Dobrindt im Jahr 2009. Ob Scheuer Ende dieses Jahres im Chefsessel des Bundesverkehrsministeriums Platz nimmt, dürfte insbesondere vom Abend des 24. September 2017 abhängen. Fährt die CSU ein triumphales Wahlergebnis ein, hat er gute Karten, andernfalls nicht. In der Schwesterpartei CDU gibt es auch ambitionierte Verkehrspolitiker, etwa den Verkehrs-Staatssekretär Enak Ferlemann aus Niedersachsen, die Nachwuchshoffnung Steffen Bilger aus Baden-Württemberg oder Oliver Wittke, der bereits in seiner nordrhein-westfälischen Heimat Verkehrsminister war. Sie gelten in den Branchenverbänden als kompetente Ansprechpartner, drängen sich aber als mögliche Dobrindt-Nachfolger nicht auf. Überraschungen sind aber nicht ausgeschlossen. Und die SPD? Bei den Sozialdemokraten ist mitunter eine gewisse Frustration zu spüren, dass das Ressort seit nunmehr acht Jahren in CSU-Hand ist. Sören Bartol etwa, als Fraktionsvize zuständig für die Verkehrspolitik, hat Dobrindts Politik im Bundestag meist mit geballter Faust in der Tasche vertreten. Der 42-jährige direkt gewählte Abgeordnete aus Hessen gilt als ministrabel und vermittelt den Eindruck, er würde gern. Weniger Chancen werden seinem Fraktionskollegen Martin Burkert eingeräumt, dem beliebten Vorsitzenden des Bundestagsverkehrsausschusses. In dieser Funktion obliegt es dem Franken, Kompromisse zu erarbeiten und zu vertreten. Das ist parteiintern nicht unbedingt karrierefördernd. Entscheidender Nachteil aber dürfte seine bayerische Herkunft sein. Der SPD-Landesverband zählt nicht gerade zu den einflussreichen in der Fraktion, denn allzu mager fallen seit Jahrzehnten die Ergebnisse der SPD im Freistaat aus. Vergessen sollte man nicht Kirsten Lühmann, die versierte und eloquente SPD-Verkehrspolitikerin mit Faible für die Gender-Sprache. Die frühere Polizistin steht im Leben und leistet sich schon mal eine eigene Meinung (Lang-Lkw). Zum Nachteil könnte ihr ihre niedersächsische Herkunft gereichen. Das Land zwischen Ems und Elbe ist in den Führungspositionen der SPD überproportional vertreten (Sigmar Gabriel, Thomas Oppermann, Hubertus Heil). Aber vielleicht hilft Lühmann die Frauenquote. Die 53-Jährige wäre die erste weibliche Bundesverkehrsministerin. Grüner Minister unwahrscheinlich Bündnis90/Grüne hätten nach den derzeitigen, aber konstanten Umfragen wohl nur in einer Koalition mit der Union die Chance auf Ministersessel. Umso größer ist die Zahl der Anwärter auf das Verkehrsministerium. Fraktionschef Anton Hofreiter, einst Vorsitzender des Bundestagsverkehrsausschusses, könnte aufgrund seines Amtes wohl kaum übergangen werden. Zum Leidwesen von Fraktionsvize Oliver Krischer, der eher durch polemische Wortmeldungen denn durch Sachbeiträge auffällt, wie in der Fraktion kritisch angemerkt wird. Es erscheint aber unwahrscheinlich, dass die Union das Verkehrsressort den Grünen überlassen würde. "Ein Alexander Dobrindt scheitert nicht", hat Seehofer vor dessen Nominierung 2013 kundgetan. Da ging es um die Pkw-Maut, die Dobrindt mit einer gehörigen Portion Stehvermögen durchs Parlament gebracht hat. Berechenbar sei er, heißt es anerkennend in den Logistikverbänden, die auf personelle Kontinuität setzen und die häufigen Wechsel in der Vergangenheit beklagen. Dobrindt ist immerhin der achte Verkehrsminister seit 1998, die es seitdem nie länger als eine Wahlperiode im Amt gehalten hat. Zur Erinnerung: Der erste Bundesverkehrsminister, Hans-Christoph Seebohm, war 17 Jahre auf dem Posten. Mögliche Nachfolger Andreas Scheuer, CSU-Generalsekretär und parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister von 2009 bis 2013Sören Bartol, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion für den VerkehrsbereichAnton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen und Vorsitzender des Bundestags-Verkehrsausschusses von 2011 bis 2013

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