Logistikimmobilien: Es wird teuer

In Kürze Auch der lange erfolgsverwöhnte Logistikimmobilienmarkt bekommt die Folgen von Inflation und Zinswende zu spüren. Die Folge: Es wird weniger gebaut. Gleichzeitig gehen die Mieten nicht nur in A-Lagen durch die Decke - und es weist einiges darauf hin, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist. Jahrelang ist der Logistikimmobilienmarkt von Rekord zu Rekord geeilt - diese Entwicklung scheint in Zeiten von Inflation und steigenden Zinsen erst einmal vorbei. Dies lässt sich insbesondere am Neubau-volumen ablesen, das zuletzt merklich nachgelassen hat: Mit 5,1 Millionen Quadratmetern ist es 2022 im Vergleich zum Vorjahr um rund sieben Prozent gesunken. So lautet eines der Kernergebnisse des frisch erschienenen Logistikimmobilien-Seismographen von Logivest. Demnach hat die Trendwende zu weniger Neubautätigkeit ab der zweiten Jahreshälfte 2022 eingesetzt. "Mit einem Volumen von rund 700.000 Quadratmetern ist das vierte Quartal das schwächste Quartal seit 2017", erläuterte Logivest-Geschäftsführer Kuno Neumeier Ende Januar auf einer virtuellen Pressekonferenz. "Alles in allem bewegen wir uns aber vor dem Hintergrund der Situation, wie wir sie aktuell vorfinden, immer noch in einem sehr stabilen Markt mit einer immer noch großen Nachfrage", so Neumeier. Flächenmangel ist nach wie vor akut Diese stabile Nachfrage trifft dabei auf nach wie vor knappe oder in den Topregionen gar nicht vorhandene Flächen für Logistikneubauten. "Der Flächenumsatz geht nur zurück, weil schlichtweg keine Flächen mehr da sind. Und das, was wir bei Garbe spekulativ bauen, war durch die Bank während oder spätestens zum Abschluss der Bauphase vermietet", sagte Jan Philipp Daun, Geschäftsführer und Chief Investment Officer bei Garbe Industrial Real Estate, Anfang Februar auf einer Onlineveranstaltung des Entwicklers und Managers von Logistikimmobilien. Kommt jetzt die E-Commerce-Delle? Auch Neumeier sieht weiterhin einen konstant hohen Bedarf an Flächen; skizziert mit dem E-Commerce-Bereich, in dem bereits ein leichter Rückgang der Nachfrage zu verzeichnen sei, jedoch eine Ausnahme. Die Umsatzrückgänge im Onlinehandel führten demnach dazu, dass vor allem reine E-Commerce-Unternehmen ihre Bedarfe anpassen müssen. "Es gibt Unternehmen, die für den E-Commerce haben bauen lassen und die Flächen sehr wahrscheinlich gar nicht beziehen. Diese Flächen werden zur Untervermietung freigegeben", so Neumeier. Auch Logivest habe in den letzten sechs Monaten die Untervermietung von Flächen von E-Commerce-Unternehmen vermittelt. Wie viele Flächen durch die bereinigte Nachfrage im E-Commerce wieder auf den Markt kommen könnten, sei schwierig zu prognostizieren. Neumeier schätzt, dass 300.000 bis 500.000 Quadratmeter in den nächsten Monaten wieder dem Markt zugeführt werden könnten. "Das ist die Chance für Unternehmen aus Industrie und Handel, die gerade stark nach Flächen suchen", sagte der Logivest-Geschäftsführer. "Die leichten Rückgänge im E-Commerce schlagen sich bei uns in keiner Weise in der Flächennachfrage nieder", betonte dagegen Tim Wiesener, Geschäftsführer Atmira. Alle Projekte würden wie geplant mit den Mietern umgesetzt und auch in Betrieb genommen. Atmira entwickelt derzeit in Erfurt für Amazon auf mehreren Geschossen das größte Single-Tenant-Logistikzentrum Europas. Auch wenn es für den einen oder anderen großen E-Commerce-Händler nicht einfach werde, das enorme Wachstum der Vorjahre zu toppen, bleibt nach Wieseners Einschätzung der langfristige Wachstumstrend unverändert. Für die Gesamtnachfrage spiele E-Commerce daher weiterhin eine wichtige Rolle. Kurzfristige Rückgänge in der Flächennachfrage der Branche werden seiner Ansicht nach maximal einen temporären Einfluss auf den Logistikimmobilienmarkt haben. Dass der Rückgang bei der Nachfrage nach E-Commerce-Flächen mittelfristig die Flächensituation in den Top-Logistik-Märkten entspannen könnte, glaubt Wiesener nicht: "Ein temporärer Nach-frageknick im Bereich E-Commerce wird allein schon durch die Reshoring- und Nearshoring-Aktivitäten der deutschen Industrie mehr als kompensiert." Mit dem Flächenmangel wird sich die Logistikimmobilienbranche also auch künftig auseinandersetzen müssen. Knappe Flächen in Kombination mit den hohen Grundstücks- und Baukosten, gestiegenen Zinsen und Mehrkosten durch ESG-Anforderungen (Umwelt, Soziales, verantwortungsvolle Unternehmensführung), unter denen die Projektentwickler ächzen, bedeuten für die Mieten: Es geht nach oben, und zwar kräftig. "Während vor zwei, drei Jahren noch Mieten um drei Euro pro Quadratmeter möglich waren, sehen wir jetzt in wesentlichen Teilen Deutschlands kaum mehr Neubauflächen unter fünf Euro pro Quadratmeter", berichtete Neumeier von Logivest. In Ballungsräumen wie München liege die maximale Miete mittlerweile über 15 Euro (siehe Grafik Seite 48). "In Berlin haben wir ein Mietwachstum von über 20 Prozent gesehen. Aber auch in B-Minus-Standorten, wo außer einer Autobahn eigentlich gar nichts ist, werden erstaunliche Mieten um die fünf Euro aufgerufen", bestätigt auch Daun von Garbe die jüngste Entwicklung. Mieten steigen in kürzeren Abständen Sein Kollege Tobias Kassner, Head of Research bei Garbe, beschreibt derweil ein weiteres Phänomen: Die Mieten steigen in immer kürzeren Abständen. Während es in den sieben deutschen Topmärkten Ende 2008 noch über 20 Quartale für einen 20-Cent-Sprung bei der durchschnittlichen Quadratmeter-Miete brauchte, waren es zuletzt in der Regel nur noch zwei Quartale. Ein Ende der Fahnenstange ist vorerst auch nicht in Sicht: Bis Ende 2023 sei laut Garbe-Analysen bei den durchschnittlichen Spitzenmieten in den Märkten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart ein Anstieg von weiteren 26 Cent pro Quadratmeter möglich. Das würde die durchschnittliche Spitzenmiete bis zum vierten Quartal dieses Jahres voraussichtlich auf 7,63 Euro pro Quadratmeter treiben. Auch Patrick Frank, Country Director Deutschland beim Entwickler GLP, geht davon aus, dass sich der Trend zu steigenden Mieten im laufenden Jahr fortsetzen wird. "Ursächlicher Treiber ist aus unserer Sicht der hartnäckige Flächenmangel", meinte Frank. Das Angebot an nachhaltigen Logistikimmobilien, mit denen Unternehmen ihre Kosten senken und ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern könnten, halte mit der Nachfrage nicht Schritt. Diese Anforderungen seien laut Frank die Treiber für nachhaltiges Mietwachstum. "Es stellt sich schon die Frage, wie lange die Mieter das noch stemmen beziehungsweise die hohen Mieten an ihre Kunden weitergeben können", gab Kuno Neumeier zu bedenken. Umso wichtiger werde die zweite Miete, also die Nebenkosten. Die Motivation, in ESG-Maßnahmen zu investieren, sei mittlerweile denn auch hauptsächlich wirtschaftlich motiviert, resümierte der Logivest-Geschäftsführer. Mehr zum Thema unter #Logistikimmobilien www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag

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