Speditionsporträt: Die Geschichte der Marbachs

Woran merken Sie, dass Sie bei einem Familienunternehmen gelandet sind? Wenn der Junior, neun Jahre alt, mit seinem Vater zusammen die Geschichte des Unternehmens erzählt. So erlebt bei der Spedition Marbach in Heilbronn-Biberach. Bei Maultaschen mit Kartoffelsalat schildern die Brüder Michael und Marc Marbach, Michaels Frau Dina und Sohn Max, wie der Familienbetrieb zu dem wurde, was er heute ist. Eine feste Größe auf dem Markt Zunächst eine Bestandsaufnahme: Marbach Concepte ist auf den Transport von außergewöhnlichen, hochwertigen oder historischen Fahrzeugen spezialisiert. Hauptauftraggeber sind mehrere große Automobilhersteller. Der Fuhrpark von über 100 Lkw wird ergänzt durch eigens entwickelte und gebaute Auflieger, die einer der Erfolgsgaranten der Firma sind. Subunternehmen sucht man vergeblich - die Fahrleistungen werden alle aus eigener Kraft gestemmt. Die rund 120 Fahrer stammen überwiegend aus Deutschland. Aufträge gibt es quer durch Europa und ab und an sogar weiter weg, zum Beispiel bis nach Russland. Eigentlich hatten die Marbachs nie etwas mit dem Speditionsgeschäft zu tun. Der Unternehmensgründer Bernd Marbach war einst Kfz-Mechaniker bei der Heilbronner Firma Assenheimer, als Anfang der 80er-Jahre Edmund Zeyer, der Junior-Chef einer ortsansässigen Spedition, bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Es kam zur unausweichlichen Frage: Wer führt das Geschäft weiter? Die Marbachs waren gut mit den Zeyers befreundet und gingen das erste von einigen Malen "all in": Bernd und Susanne Marbach verkauften ihr gesamtes Hab und Gut, inklusive dem Porsche und der Eigentumswohnung, und setzten auf die Karte Spedition. Ein mutiger Schritt Zu Beginn war das Unternehmen noch überschaubar: Mit drei Fahrzeugen wurden tagsüber Stahl und nachts Zuckerrüben gefahren. Alles mit einem Auflieger selbstverständlich, den Bernd Marbach jeden Abend und Morgen aufs Neue umbauen musste. Schon bald musste die Familie wieder "all in" gehen, als es darum ging, ein benachbartes Gelände zu kaufen und wieder das ganze Hab und Gut aufs Spiel zu setzen. Das Unternehmen wuchs zusehends. Anfang der 90er-Jahre fuhr man im Lebensmittelgeschäft unter anderem für Kaiser's Tengelmann. Der Tüftler Bernd Marbach entwickelte neue Konzepte für Auflieger mit Doppelstocksystem - und zwar so, dass die Beladung erheblich schneller lief als bei herkömmlichen Trailern. Schon hier legte er einen wichtigen Grundstein für den künftigen Erfolg seines Unternehmens. Denn noch heute sind die eigens entwickelten Multitrailer ein Aushängeschild von Marbach. Sie sind so konzipiert, dass sie neben Fahrzeugen auch noch Material transportieren können, Reifensätze, um ein Beispiel zu nennen. Es entfällt so der Einsatz von zwei Sattelzügen, was natürlich erheblich billiger ist. Die Geburtsstunde von Marbach Zurück zur Geschichte: Anfang der 2000er kam es - Sie ahnen es bereits - erneut zu einer "all in"-Entscheidung für Bernd und Susanne Marbach: Sie erweiterten ihren Betrieb um ein zusätzliches Fuhrunternehmen. "Dann mussten wir mit den Fingern die Schriftzüge von den alten Lkw abkratzen, während unsere Freunde Fußball spielen oder im Freibad waren", erinnert sich Michael Marbach mit einem Schmunzeln. Um das Geschäft von Zeyer abzugrenzen, erhielt das neue Unternehmen den Namen "Marbach Transporte". Nun ging es rasend schnell: In der hauseigenen Werkstatt entwickelte Bernd Marbach Auflieger für den Transport von Pkw - denn mit Marbach fuhr man nun Autos für einen großen Sportwagenhersteller. Noch heute hält Marbach einige Patente auf Aufbauysteme, die zum Beispiel für einen besonders flachen Auffahrwinkel konzipiert sind. Das ist besonders dann wichtig, wenn Fahrzeuge mit sehr geringer Bodenfreiheit transportiert werden. Zwischenzeitlich erwarb man noch die Firma Pagenkopf Fahrzeugtechnik, die bislang den Aufbau der Trailer nach den Plänen von Bernd Marbach geleistet hatte. Dann expandierte die Firma auch am heutigen Unternehmenssitz in Biberach weiter, kaufte Lager- und Logistikhallen und vermietete Bürogebäude unter anderem an das Audi Service Training Center, welches noch heute hier stationiert ist. Mit steigenden Auftragszahlen entwickelte sich auch der Fuhrpark immer weiter und wuchs langsam der 100er-Marke entgegen. 2019 kauften die Marbachs dann auch noch ein altes Militärgelände in Siegelsbach und richteten dort einen Logistikpark sowie einen Bereich für Fahrzeugabwicklung ein. Was ist eigentlich das Kerngeschäft? Es wird schnell deutlich: Die Marbach Unternehmensgruppe, wie sie heute offiziell heißt, hat einige Eisen im Feuer. Kerngeschäft ist sicherlich der Fahrzeugtransport für mehrere Hersteller. Hin und wieder sind auch hochmotorisierte Boliden für 24-Stunden-Rennen oder auch Vorserienmodelle dabei. "Wir wollen trotzdem das Geschäft von Zeyer und den anderen Unternehmenszweigen nicht vernachlässigen", sagt Michael Marbach. "Manchmal ist das wie eine Waage: Du legst auf der einen Seite mehr drauf, dann fehlt es aber wieder an anderer Stelle." Um allen Bereichen ihre benötigte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, hat man mittlerweile Strukturen mit Abteilungsleitern geschaffen. Ein starkes Standbein ist immer noch die Entwicklung von Trailern für den Autotransport. "Mittlerweile stimmen wir uns schon vor dem Marktstart von neuen Fahrzeugen mit den Herstellern ab", erzählt Marc Marbach. Er scheint, um beim Bild der Waage zu bleiben, ein guter Gegenpol zu seinem Bruder zu sein. Denn während Michael vorwiegend die geschäftlichen Geschicke im Auge behält, konzentriert sich Marc eher auf die Aufgaben, die schon sein Vater geleistet hat: die Werkstatt und das Entwickeln von neuen Trailern. Inzwischen hat bei den Marbachs der Generationenwechsel Einzug gehalten. Bernd und Susanne geben die Geschäfte langsam aber sicher ab, dafür treten Michael, seine Frau Dina, die unter anderem das Marketing betreut, und Bruder Marc in ihre Fußstapfen. "Bei großen Entscheidungen haben trotzdem unsere Eltern noch das letzte Wort", geben die Brüder grinsend zu. Meistens sei es aber eine Entscheidung auf dem kürzesten Dienstweg der Welt: im Familienrat. Welche Herausforderungen für die Zukunft anstehen, wollen wir noch wissen. "Ganz klar müssen wir bei der Digitalisierung Schritt halten", sagt Michael Marbach. Deshalb setzt man zum Beispiel auf eine neue Dispo-Software und arbeitet am eigenen Online-Auftritt inklusive sozialer Netzwerke. Die Firma Marbach Concepte hat eine spannende Vergangenheit. Denn dafür, dass man eigentlich nie etwas mit Speditionen am Hut hatte, ist man heute ziemlich groß im Geschäft. Und: Man legt Wert auf mehrere Standbeine. Wer weiß, welche Zweige in Zukunft noch zur Marbach Unternehmensgruppe dazukommen. Eines steht jedenfalls fest: Wenn es mal wieder darum geht, Aufkleber von frisch erworbenen Lkw zu entfernen, dann müssen wohl die Kinder von Marc und Michael dafür herhalten. Mehr zum Thema unter #Unternehmensführung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Eigentlich hatte man bei den Marbachs nie etwas mit dem Speditionsgeschäft zu tun. Aber einmal dabei, kam man nicht mehr davon los. Mittlerweile darf man sich stolz als unverzichtbarer Partner großer Autohersteller sehen.

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