Zahlen, bitte!

Welche Kosten verursacht jede Einheit unseres Fuhrparks pro Monat und pro Tag? Was kosten Fahrzeug plus Fahrer pro gefahrenem Kilometer? Wie hoch sind die Fixkosten? Ab welchem Preis verdienen wir bei einem Auftrag nichts mehr? Thomas Reichardt von der SVG-Unternehmensberatung stellt immer wieder fest, dass mittelständische Speditionen und Transportunternehmen diese Fragen nicht schlüssig beantworten können. "Das ist äußerst kritisch. Denn wer keine vollständige Kostenrechnung, insbesondere im Hinblick auf die Fahrzeugkosten, durchführt, weiß im Grunde nicht, welchen Preis er verlangen muss, um profitabel zu arbeiten", sagt der Berater. Gerade wenn man schnell eine Entscheidung treffen muss, ob eine Ladung zu vorgegebenen Konditionen angenommen wird, ist es wichtig, die eigenen Preisuntergrenzen zu kennen. "Aber auch bei Verhandlungen mit Verladern, mit denen Unternehmer regelmäßig zusammenarbeiten, muss diese mentale Grenze gezogen und auch eingehalten werden", betont Reichardt. Preisdrücker nicht als Maßstab sehen Selbst die Angst davor, dass ein günstigerer Mitbewerber den Zuschlag erhält, sollte einen Spediteur oder Transportunternehmer nicht dazu verleiten, diesen Wert zu unterschreiten. "Schließlich macht es keinen Sinn, einen Auftrag anzunehmen, der nicht einmal die variablen Fahrzeugkosten deckt." Zum Thema Kostenkalkulation empfiehlt er Seminare. Für Disponenten biete die SVG auch ein Webinar zur Tourenkalkulation. "Sie müssen ja oft blitzschnell entscheiden, ob sich eine Tour lohnt oder nicht", sagt Reichardt. Dass es vielen Transportunternehmern bis heute nicht gelungen ist, die durch die Mautausweitung Anfang des Jahres gestiegenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, sieht Reichardt als Beleg dafür, dass Defizite in Kostenrechnung und Verhandlungsgeschick in der Praxis in einem ruinösen Preiswettkampf münden. Bei größeren und länger laufenden Aufträgen sollten Unternehmer aber nicht allein den reinen Transportpreis verhandeln, sondern auch weitere Konditionen. Dazu zählt der SVG-Berater Diesel- und Mautklauseln, mit denen sich Veränderungen dieser Kosten umgehend weiterberechnen lassen. "Sinnvoll ist es auch, festzulegen, dass die Preise bei nachweislich gestiegenen Kosten einmal jährlich nachverhandelt werden", sagt Reichardt. Feste Transportmengen vereinbaren Darüber hinaus rät er, darauf zu achten, dass feste Transportmengen vereinbart werden. "Bei einem allgemeinen Rückgang der Frachtraten, der sich bereits jetzt abzeichnet, verhindert dies, dass Verlader Transportkapazitäten günstig auf dem Spotmarkt einkaufen, anstatt die Unternehmer zu beauftragen, mit denen sie Verträge abgeschlossen haben." Angesichts der drohenden Rezession und des seit Jahresanfang rückläufigen Transportvolumens sei das bei den kommenden Verhandlungsrunden besonders wichtig. "Unternehmer, die sich der Qualität ihrer Leistung bewusst sind und ein gewisses Selbstbewusstsein haben, verhandeln besser", betont der Experte. Die Psychologie spielt mit Dass bei Preisverhandlungen auch die Psychologie eine bedeutende Rolle spielt, bestätigt Roman Kmenta, der sich als Berater, Coach und Redner unter anderem auf dieses Thema spezialisiert hat. "Wer zum Beispiel bei der Preisnennung nervös auf dem Stuhl herumrutscht, dem direkten Blickkontakt ausweicht und sich räuspert oder nur stockend spricht, signalisiert seinem Gesprächspartner, dass da noch etwas gehen könnte", sagt der Experte. Auch unsicher formulierte Halbsätze wie "dafür würden wir 700 Euro berechnen", "das käme dann auf ungefähr 350 Euro pro Tour" oder "wenn das für Sie in Ordnung ist" motivieren erfahrene Verhandler zum Preisdrücken. "Am besten nennt der Unternehmer klar und deutlich seinen Preis und gleich danach seinen USP, also das, was sein Unternehmen und seine Leistungen vom Mitbewerb abhebt", empfiehlt Kmenta. Die Bereitschaft, unrentable Aufträge abzulehnen, stärkt dagegen die mentale Verhandlungsposition. Als Erster die Preisforderung stellen Dann verfehlt die Taktik eines tiefen Preisankers, die gewiefte Einkäufer gerne anwenden, ihre Wirkung. Dabei nennt der Verhandlungspartner gleich am Anfang des Gesprächs einen extrem niedrigen Preis. "Wer sich davon schocken lässt und dann versucht, sich von dort aus mühsam nach oben zu arbeiten und vielleicht sogar höhere Preise auszuhandeln, hat schlechte Karten", sagt Kmenta. Besser sei es, wenn der Spediteur oder Transportunternehmer als Erster seine Preisforderung stellt. Als Reaktion auf einen tiefen Ausgangspreis empfiehlt der Experte, sich nicht den Wind aus den Segeln nehmen zu lassen, sondern bei der ursprünglich geplanten Forderung zu bleiben. Das fällt natürlich leichter, wenn man diese Taktik kennt, die unter Experten "Door in the Face"-Strategie genannt wird. Vorsicht ist auch geboten, wenn der Verhandlungspartner auf die Salami-Taktik setzt: Vielleicht geht er ja zunächst auf die Preiserhöhung ein, fordert aber als Ausgleich bessere Servicekonditionen und dann vielleicht noch Mengenrabatte, einen Jahresbonus oder längere Zahlungsziele. Das führt dazu, dass der Gesamtpreis deutlich unter den Erwartungen bleibt. Sich gegen die Salami-Taktik wappnen "Daher sollte man seinen Gesprächspartner gleich zu Beginn der Verhandlungen fragen, über welche weiteren Punkte jenseits des Preises er noch sprechen möchte", rät Kmenta. "Und wenn sich bei den Frachtraten eine Einigung abzeichnet, sollte der Unternehmer unbedingt nachfragen, ob man zu diesen Konditionen dann auch tatsächlich den Auftrag bekommt." Dadurch wird vermieden, dass die mühsam erreichte Erhöhung der Frachtraten durch anschließend verhandelte Verschlechterungen der Konditionen wieder neutralisiert wird. Generell, so Roman Kmenta, sei eine gründliche Vorbereitung unerlässlich für erfolgreiche Preisverhandlungen (Checkliste auf Seite 21). Zudem ermutigt er dazu, es immer wieder zu versuchen, höhere Preise durchzusetzen und sich dabei von negativen Erfahrungen nicht abschrecken zu lassen. "Wer noch nie einen Auftrag wegen seiner Preise verloren hat", betont der Experte abschließend, "der ist eindeutig zu billig." Mehr zum Thema im Dossier "Unternehmensführung" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Vielen Transportdienstleistern ist es bis heute nicht gelungen, die durch die Mautausweitung Anfang des Jahres gestiegenen Kosten an ihre Kunden weiterzuberechnen. Experten erklären, wie sich Defizite in Kostenrechnung und Verhandlungsgeschick ausmerzen lassen. Checkliste: Tipps fürs Preisgespräch von Roman Kmenta - Legen Sie vor dem Kundengespräch nicht nur die gewünschte Preissteigerung fest, sondern auch Ihre neue absolute Preisuntergrenze. -Überlegen Sie vorher auch, welche Verhandlungsmasse Sie haben. Seien Sie bereit, Ihrem Kunden im Gegenzug zur Preiserhöhung kleine Zugeständnisse zu machen. Das können für den Kunden günstigere Abhol- oder Anlieferzeiten sein oder immer die gleichen Fahrer, die sich bei ihm gut auskennen.- Wenn Sie die Erhöhung der Frachtraten nicht in gewünschtem Umfang durchsetzen können, sollten Sie zumindest einen Ausgleich für die Kostensteigerungen fordern. Das können wiederum für Sie günstigere Abholtermine oder die frühere Bereitstellung der Waren sein. Auch eine bevorzugte Abfertigung an der Rampe, kürzere Zahlungsziele, eine längere Laufzeit des Auftrags, Empfehlungen an andere Unternehmen oder eine positive Google-Bewertung können für Sie nützlich sein.- Denken Sie darüber nach, welche konkreten Einwände Ihr Kunde bringen könnte, um den Preis nicht zu erhöhen, und überlegen Sie sich fundierte Antworten. Rufen Sie sich auch ins Gedächtnis, wodurch sich Ihr Unternehmen positiv vom Mitbewerb unterscheidet und was für Ihren Kunden besonders wichtig ist.- Üben Sie Preisgespräche und -verhandlungen. Dabei kann Sie ein professioneller Coach unterstützen oder Sie besuchen einen Workshop. Aber auch Mitarbeiter oder Freunde können Ihr Sparringspartner sein. eee