Wer umstellt, hat

Die elektronische Signatur basiert auf personalisierten SmartcardsWer umstellt, hat gute KartenBereits jetzt ist die freiwillige Teilnahme am elektronischen Abfallnachweisverfahren möglich. Spätestens ab 1. Februar 2011 wird das papierlose Verfahren für alle zur Pflicht.Bei ähnlich gelagerten Fällen sind die Rollen meist klar verteilt: Wenn auf Papier gestützte Verfahren durch den elektronischen Datenaustausch ersetzt werden, haben in der Regel private Unternehmen gegenüber Behörden die Nase vorn. Während Letztere noch über Einzelheiten der Ausschreibung brüten, arbeiten Erstere längst mit den neuen IT-Systemen und setzen Standards. Bei der Abfallüberwachung ist dies anders. Bereits 1998 einigten sich die 16 Bundesländer auf das IT-System ASYS für die Überwachung der bundesweiten Müllströme. Elektronische Transportgenehmigungen, Begleitscheine und Entsorgungsnachweise wurden über ein internes Netz an die länderübergreifende Koordinationsstelle IKA (Informations Koordinierende Stelle Abfall) in Neumünster übermittelt. Der Stichtag rückt näherPrivate Entsorger und ihre Logistiker brauchten sich um diese Veränderungen allerdings nicht zu kümmern. Sie können bis heute weiterhin mit Papierunterlagen arbeiten. Das wird aber bald für diejenigen anders, die Sondermüll und andere gefährliche Abfälle umschlagen. Ab 1. April 2010 müssen Entsorger und Entsorgungsanlagen ins elektronische Abfallnachweisverfahren (eANV) einsteigen, am 1. Februar 2011 wird dies dann auch für Transportunternehmen Pflicht. Von diesem Stichtag an müssen alle Daten gefährlicher Abfälle mit einer elektronischen Signatur versehen und via Internet oder E-Mail an die IKA übermittelt werden. Wann sich die eigene Software lohntAuf freiwilliger Basis ist die Teilnahme am eANV längst möglich: Der IKA zufolge tun dies bereits über 100 Unternehmen und folgen damit dem Rat von Fachleuten wie Stephan Pawlytsch. "Mit diesem Thema muss sich jeder Marktteilnehmer beschäftigen", empfiehlt der Kundenberater des Entsorgungsspezialisten 4Waste GmbH in Aachen. "Wir empfehlen den Umstieg spätestens 2009." Dann nämlich ist das Postfachsystem ZKS, welche die IKA für den Empfang der elektronischen Nachweise entwickeln lässt, endgültig betriebsbereit (siehe Grafik). Außerdem eröffnet der öffentliche Dienstleister im Februar 2009 ein hauseigenes Portal, das jedem Unternehmen die kostenfreie Teilnahme am elektronischen Verfahren ermöglicht. Allerdings ist diese Lösung nur für sporadische Nutzer geeignet, wie auch die IKA einräumt. "Wir wenden uns an diejenigen Unternehmen, welche ein oder zwei Nachweise im Monat verschicken", hebt Jörg Wötzel, stellvertretender Abteilungsleiter EDV-Systeme, hervor. Wer hingegen täglich Dokumente aufgibt, kommt um die Teilnahme an einer Portallösung oder den Kauf einer eigenen Software nicht herum. Elektronische Signatur per KarteGanz gleich für welche Lösung ein Unternehmen sich entscheidet – der Dokumentenversand muss mit einer "qualifizierten elektronischen Signatur" erfolgen. Dies funktioniert mit einer personengebun-denen Smartcard, welche ausschließlich von zertifizierten Trust-Centern ausgegeben werden dürfen. Derzeit gibt es sieben Dienstleister, darunter die Bundesnotarkammer, DATEV oder Telesec, ein Ableger der Deutschen Telekom. Letztlich muss der Nutzer anhand von betrieblichen Kriterien entscheiden, ob er mit der IKA über ein Portal oder mittels einer eigenen Software kommunizieren will. Wenn die eANV über Schnittstellen mit weiteren EDV-Lösungen im Unternehmen verknüpft werden soll, kommt nur die Software infrage. Knapp ein halbes Dutzend Lösungen gibt es mittlerweile im Markt, Tendenz weiter steigend. So lange wollte die Tönsmeier-Unternehmensgruppe aus Porta Westfalica nicht warten. Seit Februar 2008 wickelt der Entsorgungsriese mit rund 2700 Mitarbeitern die gesamte Entsorgung von gefährlichen Abfällen mittels elektronischen Begleitscheinen auf Basis einer Software ab. "Wir können die Anwendung vollständig in unser SAP-System für Abfallwirtschaft integrieren", referierte Hans Joachim Schneider, Leiter Qualitätsmanagement von Tönsmeier, unlängst auf einer IKA-Veranstaltung. EANV bringe unbestreitbare Kostenvorteile: Der Personalaufwand wird laut Schneider um 30 Prozent reduziert, weil unter anderem Rückmeldungen und Behördennachfragen entfallen. Dennoch ließen Hardware und Software noch manche Wünsche offen. So können die Kartenleser nicht an lokale Netzwerke angeschlossen werden. Als "offene Frage" bezeichnet Schneider auch die Ausrüstung von Fahrern mit Smartcards und Kartenleser. Dabei bieten sich entsprechende Lösungen geradezu an, sind doch viele LKW seit der Einführung des digitalen Tacho längst mit Lesegeräten für die Fahrerkarte ausgerüstet. Doch auch andere Branchengrößen winken vorerst ab, wenn sie auf mobile Lösungen angesprochen werden. "Wenn unterwegs die Karte verloren geht und nicht mehr einsatzfähig ist, haben wir ein Problem", sagt Helen Backhaus von Remondis in Lünen. Zudem ist eANV kein billiges Vergnügen: Für Portale müssen Flatrates ab 200 Euro im Monat, für eine eigene Software deutlich über 10.000 Euro veranschlagt werden. ❙❚■ Stefan Bottler, freier Journalist

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