Verkehrssicherheit

VerkehrssicherheitEin Kopfstand auf Probestatt auf der Tour Der Verkehrssicherheit nähern sich die Transporteure entweder über technische Ausstattungen oder eigene Präventionsmaßnahmen. Nicht nur der bundesweite Aktionstag zeigt, wie wichtig die Branche den Kampf gegen die Unfälle nimmt. Nie waren die Straßen in Deutschland sicherer als heute – zumindest wenn man dies an der Zahl der Verkehrstoten bemisst. Zwar starben 2010 immer noch über 3600 Menschen bei Verkehrsunfällen, dennoch waren es zehn Jahre zuvor noch mehr als doppelt so viele. Diese positive Entwicklung ist das Resultat einer langjährigen Aufklärungsarbeit von Verbänden, Kontrollorganen und den Transporteuren. Diese werden einerseits bei Themen wie Ladungssicherung (Seite 66) oder beim Umgang mit Lagertechnik (Seite 68) in die Pflicht genommen, einige investieren aber auch freiwillig in neue Technik (Seite 29 und Seite 83). Um die vielen einzelnen Aktionen zusammenzuführen, findet unter Leitung des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) der „Tag der Verkehrssicherheit“ statt. Seit sieben Jahren heißt es am dritten Samstag im Juni: Ein Tag, ein Schirmherr (Bundesverkehrsminister) und viele lokale Aktivitäten, die jeden – vom Schulkind bis zum Trucker – erreichen sollen. In diesem Jahr gibt es am 18. Juni von Lüdersburg bis Garmisch-Partenkirchen und von Nordhorn bis Klettwitz über fünfzig regionale Aktionen. Einige Veranstalter warben im Vorfeld für den Tag, so auch die Fuhrgewerbe-Innung Berlin-Brandenburg, die Ende Mai auf das ADAC Fahrsicherheitszentrum Brück/Linthe südlich von Berlin einlud und mit der Resonanz zufrieden ist. „Das Fazit kann nur positiv ausfallen, schließlich kamen rund 1800 Besucher und damit über ein Drittel mehr als bei der letzten Veranstaltung 2009“, freut sich der Innungs-Vorsitzende Michael Eichen. „Im Nachgang riefen sogar bei uns Unternehmer an, die zwar nicht teilnehmen konnten, sich aber im Namen ihrer Fahrer bedankten.“ Wie wichtig das Thema politisch ist, zeigte der Besuch von Brandenburgs Minister für Infrastruktur und Landwirtschaft Jörg Vogelsänger. Der oberste Verkehrshüter des nordöstlichen Bundeslandes testete selbst so manch brenzlige Situation, wie den Aufprall mit Citytempo im Gurtschlitten, einen Kopfstand im Truck-Überschlagsimulator, oder ein Bremsmanöver mit dem LKW auf der Wasserplatte.Der Chef entscheidet über die Sicherheit Im alleenreichen Brandenburg sterben jährlich mehr als siebzig Menschen bei Zusammenstößen mit Bäumen, weshalb eine Live-Simulation die Folgen verdeutlichte: Der Fall eines PKW aus zwanzig Metern Höhe auf einen längsgelagerten Baumstamm. Dies soll die Zuschauer zum Nachdenken bringen. Im Publikum waren sehr viele Unternehmer. „Das freut uns und die Kooperations- und Aktionspartner natürlich, schließlich ist es meist der Chef, der für die Anschaffung der Sicherheitstechnik sorgt“, sagt Michael Eichen. In vielen Transportunternehmen gehört das ständige Sensibilisieren für die Gefahren für die Mitarbeiter, aber auch für andere Verkehrsteilnehmer zum Alltag, wie das Beispiel der Norddeutschen Spedition Koch International zeigt. Von der Kindergartengruppe mit Knirpsen, die nicht einmal so groß sind wie ein LKW-Reifen, bis zu Viertklässlern, die bald den Schulweg per Rad absolvieren wollen, reichen die Gruppen, die in regelmäßigen Führungen auf das Speditionsgelände drängen und dabei sowohl die Technik als auch die Abläufe in der Logistik kennenlernen, so dass diese Treffen immer auch Imagewerbung für die ganze Branche sind. Einen ähnlichen Weg verfolgt die Spedition Georg Boll aus Meppen. In Kooperation mit der Verkehrswacht bringen die Emsländer kostenfrei eine Wechselbrücke zur Verkehrserziehung in die Grundschulen. „Nachhaltigkeit ist ein primäres Ziel unseres Unternehmens. Nicht nur ökologisch gesehen, sondern auch im Bereich Sicherheit wollen wir einiges tun“, betont Ulrich Boll, einer der Geschäftsführer. Neben solchen Einzelmaßnahmen werben vermehrt Transportverbände, Landes-und Kontrollbehören sowie Unternehmer gemeinsam für diese Themen. Ein Beispiel ist die neu gestartete Sicherheitspartnerschaft Kreuz Lotte/Osnabrück. Hier an der Grenze zwischen Niedersachsen und Nord-rhein-Westfalen informieren nicht nur die Polizei und BAG-Beamte über Mängel und Unfälle. Gleichzeitig stellen Speditionen wie die Lanfer Akademie oder die Serrahn Logistik GmbH & Co. KG eigene Maßnahmen für ein Plus an Sicherheit auf der Straße vor. Unterstützt werden solche regionale Aktionen durch dauerhafte Präventionskampagnen wie beispielsweise „Risiko raus!“. „Mit der Kampagne soll die Verantwortung der Menschen für sich und andere im Verkehr gestärkt werden“, erklärt Jörg Hedtmann, Leiter des Geschäftsbereichs Prävention der BG Verkehr. Gleichzeitig ruft er zu Verbesserungen im organisatorischen Bereich auf: „Sichere Fahrzeuge, die Ausstattung mit Fahrerassistenzsystemen, eine gewissenhafte Kontrolle vor der Abfahrt oder Regelungen für das richtige Verhalten beim Be- und Entladen sind hier die halbe Miete. Genügend Zeitpuffer, die Einhaltung der Ruhezeiten, eine angepasste Geschwindigkeit und eine defensive Fahrweise die andere.“ Beim Zeitmanagement sieht auch der DVR-Präsident Walter Eichendorf großen Handlungsbedarf in der Branche (siehe Interview). Wenn noch mehr Transporteure diesen Aufrufen folgen und sich bewusst der Verkehrssicherheit widmen, werden nicht nur in Deutschland (siehe Karte Seite 27) die Straßen bald noch sicherer sein. ❙❚■ Rocco SwantuschDer Überschlagsimulator bringt viele zum Nachdenken: Was kann man selbst und als Firma in Sachen Verkehrs-sicherheit noch verbessern?Die Anschnallquote im LKW liegt bei nur 60 Prozent. Was der Gurt bringt, zeigt der Simulator SchwerpunktFall aus großer Höhe: Der PKW trifft mit gut 50 km/h auf den längsliegenden Baum auf Leicht zu übersehen: Kinder im toten WinkelDer Sicherheitsgurt mindert den AufprallLokal erfolgreich: Der Logistiker Boll aus Meppen schickt ein Verkehrsmobil in die Grundschulen VerkehrssicherheitSo stark sanken die Zahlen der Todesfälle im Verkehr in den Ländern Europas Je kräftiger das Grün, desto größer sind die Erfolge. Zwischen den Jahren 2001 und 2009 sanken in Luxemburg, Frankreich, Portugal und Spanien die Opferzahlen auf den Straßen am stärksten. In Deutschland gingen die Werte immerhin um 36 Prozent zurück. Eine Zunahme an Verkehrstoten in dieser Zeit gab es in der Slowakei, in Bulgarien, aber vor allem in Rumänien. Hier stiegen die Unfälle um ein Viertel an. In unserem östlichen Nachbarland Polen stagnierte das Unfallgeschehen auf der Straße und das Sicherheitsniveau konnte in dieser Zeit fast nicht verbessert werden. rsIsland -50%Großbritannien -26%Niederlande -32%Deutschland -36%Schweiz -34%Österreich -29%Polen -2%Dänemark -6%Finnland-21%Lettland -43%Litauen -29%Slowakei +1%Ungarn -20%Slowenien -23%Rumänien +25%Bulgarien+5%Griechenland -17%Tschechien -19%Belgien -36%Spanien -44%Portugal -47%Italien -33%Estland -34%Schweden -32%Norwegen -5%Irland -32%Luxemburg-50%Frankreich -48%Verkehrssicherheit„Die Anschnallquote ist zu niedrig“Zwar lobt der DVR-Präsident Walter Eichendorf viele Vorstöße der Branche zur Unfallprävention, dennoch sieht er weiterhin Gefahren. Wie sieht es im Transportgewerbe mit dem Bewusstsein für die Verkehrssicherheit aus? Walter Eichendorf: Zunächst muss ich betonen, dass gerade die Empfehlungen an das Transportgewerbe vom diesjährigen Verkehrsgerichtstag in Goslar, die von der europaweiten Begrenzung auf Tempo 80 bis zum geforderten verbindlichen Einsatz von Fahrerassistenzsystemen reichen, die Verkehrssicherheit weiter voranbringen. Das ist sehr zu begrüßen. Das sind alles vom Gesetzgeber oder den Verbänden beschlossene Maßnahmen.Was kann die einzelne Spedition zusätzlich tun, um die Straßen sicher zu machen?Hier heißt das Stichwort: Zeitmanagement. Der Fahrer ist das letzte Glied der Kette. Er wird in Kontrollen beschuldigt, oder ist beim Unfall gefährdet. Gefordert ist hier natürlich sowohl der Fahrer selbst, aber auch der Disponent, der realistisch planen sollte, und der Verlader, der genügend große Zeitfenster anbieten muss. Nur so lässt sich der Stress im Transportgewerbe mit seinen negativen Auswirkungen für alle vermeiden. Die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten ist seit Jahren rückläufig. Scheinbar waren die Straßen in Deutschland nie sicherer.Erfreulicherweise ist die Zahl der Getöteten mit 3657 für 2010 auf dem niedrigsten Niveau seit sechzig Jahren. Das von der EU vorgegebene Ziel, ausgehend von 2001 bis 2010 die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten zu halbieren, hat Deutschland mit 48 Prozent fast erreicht. Bei der Zahl der Schwerstverletzten hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren allerdings so gut wie nichts getan. Hier müssen wir weiter aktiv bleiben.Wo genau lauern die Unfallherde?Es sind drei Probleme. Alkohol, nicht angepasste Geschwindigkeit und das Nicht-Anlegen des Sicherheitsgurtes. Gerade unter den LKW-Fahrern liegt die Anschnallquote bei nur 60 Prozent, das ist viel zu niedrig. Auch die Fahrten auf der Landstraße gehören zu jenen Gefahrenquellen, an denen die Nutzfahrzeuge oft mit beteiligt sind. rsInterviewDVR-Präsident Walter Eichendorf

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