Unter Druck

Die konjunkturelle Flaute in der deutschen Industrie macht nicht vor den Chemieproduzenten halt. Laut Zahlen des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) ist der Umsatz 2019 um 5,0 Prozent gesunken im Vergleich zum Vorjahr, die Produktion sogar um 7,5 Prozent. 2019 leichtes Plus bei Bertschi Eine Entwicklung, die sich auch bei den Transportdienstleistern bemerkbar macht, wie bei der auf Chemielogistik spezialisierten Spedition Bertschi. Die Schweizer konnten zwar den Gruppenumsatz 2019 leicht um 1,3 Prozent erhöhen. "Aber wir spüren, dass die Chemieindustrie in Europa vor allem unter der Flaute in der Autoindustrie leidet", sagt Jan Arnet, CEO der Bertschi-Gruppe, gegenüber der VerkehrsRundschau. Dennoch halten sich die Verluste bei den Schweizern in Grenzen. Zum einen gelingt ein Ausgleich über das globale Geschäft. Zum anderen gibt es Branchen näher am Endverbraucher, bei denen die Nachfrage nach chemischen Gütern nach wie vor gut ist. "Wir verzeichnen keinen Einbruch, sondern sehen ein sehr stabiles Grundvolumen", sagt Arnet. "Die zunehmende Volatilität der Aufträge ist eine Herausforderung", stellt Arnet fest. Die Auftragserteilung erfolgt derzeit sehr kurzfristig. "Um trotzdem die Lieferzeiten einhalten zu können, müssen wir Kapazitäten vorhalten, zudem hilft uns die Digitalisierung der Prozesse bei der dynamischen Planung", sagt Arnet. Da biete der Kombinierte Verkehr (KV) einige Vorteile im Vergleich zum Lkw: "Im KV lassen sich Volatilitäten besser abbilden, weil die Container im Terminal abgestellt werden können und nicht vor der Ladestelle warten müssen." Die Spedition hat den Vorteil, dass sie 15 eigene Terminals in Europa besitzt und zudem weitere Depots. Bei Bertschi nimmt die Bahn eine wichtige Rolle ein. 90 Prozent der Verkehre werden auf der Schiene abgewickelt. Ein Anteil, von dem man in der chemischen Industrie nur träumen kann. Laut den Zahlen des VCI und Destatis wurden in Deutschland 2018 74,5 Prozent der Tonnage chemisch pharmazeutischer Erzeugnisse per Lkw transportiert und nur 14,5 Prozent per Bahn und elf Prozent per Binnenschiff. Beim Transport von Gütern für die Chemieproduktion, wie Rohstoffen, sind das Binnenschiff und die Bahn als Verkehrsträger besonders geeignet. Bei der Versendung der Endprodukte als palettierte Ware hingegen ist vielfach der Lkw gefragt. "Jeder Verkehrsträger hat seine Stärken und Schwächen: Wir brauchen sie alle", sagt Tilmann Benzing, verantwortlich für die Themen Transport und Logistik im VCI. Aber es gibt Bemühungen in der Chemieindustrie, die Bahn und das Binnenschiff stärker zu nutzen. Dazu sind laut Benzing jedoch dringend Verbesserungen bei Binnenschiff und der Eisenbahn erforderlich. Arnet geht davon aus, dass die aktuelle Debatte um den Klimawandel zu einer Verlagerung von Chemieprodukten auf die Bahn führen wird. "Wir spüren diesen Wunsch bei unseren Kunden. Da wird noch einiges passieren", sagt er. Doch diese Veränderungen brauchen Zeit. Für Bertschi erwartet Arnet im Europageschäft 2020 ein leichtes Minus beim Auftragseingang. Der Druck im Markt und damit auch auf die Preise werden steigen. "Aber wenn die Qualität der Leistung stimmt, hat man eine reelle Chance im Markt", zeigt er sich zuversichtlich. Mehr zum Thema finden Sie unter #Chemielogistik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die Chemie stimmt gerade nicht so wirklich in der Chemieindustrie. 2019 mussten die Unternehmen kleinere Brötchen backen. Für 2020 ist keine Trendwende in Sicht. Kaum ein Weg vorbei führt an einer anderen, langfristigen Entwicklung. 2020: Kaum Fortschritte "Zurzeit erwarten unsere Unternehmen auch für die kommenden Monate keine Verbesserung ihrer Geschäfte", lautet die wenig zuversichtliche Einschätzung von Hans Van Bylen, Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI). Die geringe wirtschaftliche Dynamik werde noch weit ins Jahr 2020 anhalten."Auch von den Auslandsmärkten dürften keine starken Impulse für eine Trendwende kommen", zeigt er sich skeptisch.Pharmasparte sorgt für kleine ImpulseFür 2020 geht der Verband daher für die chemisch-pharmazeutische Industrie nur von einer leichten Zunahme der Produktion von 0,5 Prozent aus, die vom erwarteten Wachstum in der Pharmasparte (+2,0 Prozent) getragen werde. Beim Gesamtumsatz der Branche rechnet der VCI mit einem Plus von 0,5 Prozent auf 194 Milliarden Euro. cd