Why not Logistics: Emons rekrutiert Azubis aus Afrika

Laut der Ausbildungsbilanz 2024 der IG Metall gab es im vergangenen Jahr 14,3 Prozent weniger abgeschlossene Ausbildungsverträge für Industriekaufleute, Kaufleute für Büromanagement und Fachkräfte für Lagerlogistik als 2019. "Im Logistikberuf gibt es signifikant weniger interessierte Bewerber*innen als unbesetzte Stellen", heißt es in der Analyse. Das kann auch Kerstin Hillar, HR-Assistentin bei Emons, bestätigen: "Die Motivation ist einfach nicht da. Wir erhalten wenig Resonanz. Es kommen keine Bewerbungen rein, auch wenn wir Ausschreibungen haben. Die jungen Leute streben ganz andere Ausbildungen an." Aus diesem Grund hat sich Emons-Personalleiterin Christiane Bauer mit ihrem Team im Herbst 2022 ein neues Vorgehen gegen den Fachkräftemangel überlegt: Mit dem Ausbildungsprojekt "Why not Logistics" haben sie sich im Ausland nach Azubis umgesehen. In der Demokratischen Republik Kongo, wo Emons schon länger soziale Projekte - etwa Schulbau - unterstützt, war die Resonanz der jungen Leute groß. Am 1. August 2023 starteten schon acht Auszubildende aus dem Kongo bei Emons, inzwischen hat das Unternehmen 56 Auszubildende aus Afrika - auch aus Burkina Faso und der Republik Côte d'Ivoire. Interessenten bewerben sich zunächst über die Plattform "Why not Logistics". Im anschließenden Interview müssen sie darlegen, was sie schon über Logistik wissen und weshalb sie in der Logistik arbeiten und in Deutschland leben wollen - ohne ihre Freunde und Familie in einem fremden Land. Integration durch Sprache Ein zentraler Aspekt des Projekts ist es, mithilfe des Goethe-Instituts den ausgewählten künftigen Azubis Deutsch beizubringen und sie auf das Leben und Arbeiten in Deutschland vorzubereiten. "Es ist unheimlich wichtig, über die Sprache mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen und sich zu integrieren", betont Bauer. "Wir arbeiten mit den Goethe-Instituten vor Ort zusammen und bilden eigene Deutschklassen für unsere Auszubildenden, die in ihrem Heimatland bis zum Sprachlevel B1 ausgebildet werden. Hier in Deutschland bekommen sie dann weitere Sprachkurse, gefördert durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge." Christian Maleka Lutonachio, ein Berufskraftfahrer-Azubi, der vergangenes Jahr aus der Demokratischen Republik Kongo nach Köln kam, stimmt ihr zu: "Du kannst nicht hier in Deutschland leben, wenn du kein Deutsch kannst. In der Arbeit, wenn du mit Kollegen reden möchtest, dann musst du Deutsch sprechen." Auch Diarra Fatoumata, eine Auszubildende zur Fachlageristin in Köln aus der Republik Côte d'Ivoire, betont: "Es ist das Wichtigste für die Integration hier. Wenn wir im Lager sind, sprechen wir jeden Tag immer Deutsch. Das erlaubt es mir, Leute kennenzulernen." Aufwendige Prozesse Der Sprachkurs ist nicht nur für die Integration essenziell, er ist auch Teil der umfangreichen Anforderungen, die Azubis aus den Drittstaaten erfüllen müssen, um ein Visum zur betrieblichen Berufsausbildung in Deutschland zu bekommen. Eine Checkliste mit diesen Maßnahmen gibt es unter verkehrsrundschau-plus.de. Da Bauer und ihr Team sich ohnehin schon das spezifische Fachwissen angeeignet und ihre Vorgehensweisen erprobt haben, bieten sie über "Why not Logistics" nun auch interessierten Partnern das Rekrutieren von Azubis als Dienstleistung an, erzählt Bauer: "Letztes Jahr haben wir sechs Azubis zum Berufskraftfahrer an andere Unternehmen vermittelt, dieses Jahr fünf und einen Mechatroniker. Da ist ein wachsendes Interesse vorhanden." Vertreter der Betriebe werden zur Onboarding-Woche eingeladen, in der die Azubis gleich nach ihrer Ankunft in Deutschland Dinge wie Mülltrennung lernen, aber auch das Thema interkulturelle Kompetenz trainiert wird. Rassismus ansprechen Ein zentraler Punkt der Vorintegration ist zudem, das Thema Rassismus offen anzusprechen, merkt Bauer an: "Es ist wichtig, vorzuleben, wie Integration in Deutschland gelingen kann. Was können deutsche Arbeitgeber dafür tun? Wie kann man eine Gesellschaft darauf vorbereiten? Und was wollen Kritiker denn sagen? Die Azubis sprechen Deutsch, sie sind motiviert, sie arbeiten und sie bezahlen Steuern in Deutschland." Es ist wichtig für sie, mit Kritikern im Gespräch zu bleiben und so zu überzeugen. Denn für Bauer ist klar: "Wir brauchen Fachkräfte, um unsere Abläufe sicherzustellen", betont sie. "Und deswegen müssen wir diese Menschen auch mit dem nötigen Respekt behandeln."