Paris. SNCF schießt zurück: Auf die Ankündigung der Deutsche Bahn-Tochter Euro Cargo Rail (ECR), vor dem französischen Wettbewerbsrat "Autorité de la concurrence" erneut gegen die Staatsbahn SNCF und deren Tarifpraktiken im Frachtgeschäft zu klagen, hat der in Paris für diesen Bereich zuständige Pierre Blayau unverzüglich mit einer scharfen Gegenattacke reagiert. Wie "Les Echos" berichtet, bezeichnete der SNCF Geodis-Vorstand die entsprechenden Äusserungen von ECR France-Chef Alain Thauvette als „inakzeptabel“. Sie seien Teil einer „systematischen Herabsetzung der SNCF“. Jeder wisse, dass die Marktöffnung im Bahnfrachtbereich „nicht leicht“ gewesen sei.
Gegen das von der Wettbewerbsbehörde auf ECR-Betreiben verhängte Bußgeld gegen die Staatsbahn in Höhe von 61 Millionen Euro habe man Widerspruch eingelegt, bemühe sich aber ansonsten, den Forderungen der Behörde gerecht zu werden. Blayau unterstrich, dass der von der DB-Tochter erhobene Vorwurf, Verdrängungspreise praktiziert zu haben, von der "Autorité de la concurrence" nicht bestätigt worden sei. Diesen jetzt ein weiteres Mal zu erheben, sei deshalb nichts anderes als ein handelspolitisches Manöver und als solches „illoyal“.
Vorwürfe wegen Verdrängungstarifen und Energiekosten
Pierre Blayau empfiehlt dem Konkurrenten, erst mal vor der eigenen Haustüre zu kehren, denn was die DB der SNCF-Frachtsparte vorhalte, betreibe sie auf ihrem Heimatmarkt selbst. Die dort vertretene SNCF-Tochter Captrain habe deshalb zwischen November 2012 und März 2013 vor verschiedenen Instanzen Klagen eingereicht wegen wettbewerbswidriger Praktiken. Eine davon betreffe ihrerseits Verdrängungstarife, eine andere die von DB berechneten Energiekosten und die dritte die Preise für die Fahrzeiten in Deutschland.
Für den Pariser Verantwortlichen zeigt sich in der DB-Attacke eine zunehmende Nervosität bei den Mitbewerbern angesichts dessen, dass sich die Leistungsqualität des staatlichen französischen Bahnfrachtanbieters „in den letzten Monaten spürbar verbessert“ habe. Die Zufriedenheit der Kunden sei um 20 Prozent gestiegen. Um die Konten ins Gleichgewicht bringen zu können, sei natürlich eine Harmonisierung der sozialen Bedingungen im Bahnfrachtsektor unabdingbar. Dies werde sich in den nächsten drei Jahren entscheiden.
In ihrem Bemühen, in Brüssel gemeinsam gegen gewisse EU-Reformabsichten zu Felde zu ziehen, hatten DB-Chef Grube und SNCF-Vorstand Pepy letzthin alles getan, um das Bild eines herzlichen und ungetrübten Einverständnisse auf beiden Seiten des Rheins zu zeichnen, auch wenn man in bestimmten Marktsegmenten Konkurrenten bleiben werde. Mit dieser demonstrativen Eintracht scheint es inzwischen nicht mehr allzu weit her zu sein, mutmassen Pariser Beobachter. (jb)