Sicherheit aus dem

Sicherheit aus dem WeltraumEin neues System zur Containertelematik will die Weltmeere erobern. Wie das System funktioniert, für wen es sich lohnt und welche Rolle die Amerikaner für die Zukunftspläne der Macher von Secure-System spielen. Auf ihrer Reise über die Weltmeere sind Container üblicherweise unbeobachtet. Weder Sender noch Empfänger haben verlässliche Informationen über ihre Stahlboxen. Sie wissen nicht genau, wo sich ihr Frachtbehälter im Augenblick befindet oder wie es in dessen Innerem zugeht. Geschweige denn, ob das Innere überhaupt noch vorhanden ist. Geht es nach den Vorstellungen von Astrium, Hellmann Worldwide Logistics und Eurogate könnte damit jetzt Schluss sein. Kleine Box überwacht große BoxDas Konsortium aus dem Luft- und Raumfahrtunternehmen, dem Spediteur und dem Terminalbetreiber hat mit „Secure-System“ eine Lösung entwickelt, mit der sich die Stahlboxen via Satellit aus dem Weltall beobachten lassen. Und so funktioniert´s: Servicevertrag mit Astrium abschließen und die batteriebetriebene Überwachungseinheit „Secure-System-Box“ an den Frachtbehälter montieren. „Das dauert etwa zehn Sekunden“, so Wolfgang Busch, Projektleiter bei Astrium. Alternativ sei auch ein fester Einbau in den Frachtbehälter möglich. So oder so sei die Box „Flush-Mounted“, das heißt, sie rage nicht aus der Geometrie des Frachtbehälters heraus. Tests hätten ergeben, dass sie bei den üblichen Umschlagaktivitäten nicht beschädigt werde.Nach ihrer Aktivierung funkt diese die relevanten Daten über ein satellitengestütztes Netzwerk oder das Mobilfunknetz an das Astrium-Kontrollzentrum in Bremen. Ab jetzt überwacht die Box mit ihren Sensoren neben der Tür auch das Innenleben des Containers (siehe Kasten Seite 25). Wo sich der Stahlkasten samt Inhalt im Augenblick befindet, darüber wachen die Satelliten des US-amerikanischen Navigationssystems GPS (Global Positioning System). Später einmal sollen dies die Erdtrabanten des noch im Aufbau befindlichen europäischen Konkurrenzsystems Galileo übernehmen.Elektronischer SchlüsselWer jetzt noch in den Container will – sei es zum Kontrollieren, Be- oder Entladen –, benötigt einen elektronischen Schlüssel. Den bekommt er im Rahmen eines fest definierten Autorisierungs- und Authentifizierungsprozesses vom Bremer Kontrollzentrum übermittelt. Die Eingabe erfolgt klassisch über ein Tastenfeld oder modern über die in der Logistik üblichen Handheld-Computer mit Bluetooth-Schnittstelle. Wer die Containertür ohne Schlüssel öffnet, löst einen Alarm aus. Der gelangt in Echtzeit direkt von der Box via Satellit oder Mobilfunk ins Kontrollzentrum und von dort zum Spediteur. Der müsse aber keine Angst haben, jetzt ständig von seinem gesicherten Container aus dem Schlaf gerissen zu werden. „Es gibt zwar noch kein empirisches Datenmaterial, aber das System ist so ausgelegt, dass die Fehlalarmquote bei unter einem Prozent liegt“, beruhigt Busch. So ein Alarm könnte aber auch entstehen, wenn beispielsweise die Zollfahndung unangekündigt den Container zu Kontrollzwecken öffnet. Bei avisierten Kontrollen erhalten auch die Behörden einen elektronischen Schlüssel vom Kontrollzentrum. Hoffen auf die US-BehördenIm Kontrollzentrum gehen nicht nur die Alarme, sondern alle von den Sensoren und der Satellitenortung erfassten Daten der mobilen Überwachungseinheit ein. Gesendet, außer im Alarmfall, wird in festgelegten Zeitintervallen. „Einzig, wenn der Container samt Unit tief im Bauch eines Schiffes verschwindet, ist dies problematisch“, erläutert Busch. Die Daten würden aber ohnehin aufgezeichnet und könnten dann mit der nächsten Funkverbindung übertragen werden. An Deck platzierte Container hätten dagegen in der Regel dauerhaft Kontakt mit den Satelliten. Im Kontrollzentrum werden die Informationen aufbereitet, gespeichert und dem Nutzer zur Verfügung gestellt. Der Zugang zu den Daten erfolgt webbasiert über einen Internetbrowser. Die gewonnenen Informationen können aber nicht nur eingesehen werden. „Wir können die Informationen auch so weitergeben, dass die Logistikdienstleister sie in ihrer IT weiterverarbeiten können“, sagt Busch. Beispielsweise könnte die Transportdokumentation heruntergeladen oder es könnten zollrelevante Daten an das Atlas-System weitergegeben werden. Nach sechs Jahren Entwicklungs- und Erprobungszeit ist das Hightech-System zur Überwachung von Containern also marktreif. „Wir wollen kein Nischenprodukt sein, sondern wir wollen in den Massenmarkt“, sagt Busch. Der Astrium-Mann und die anderen Konsortiumsmitglieder spekulieren auf die steigenden Sicherheitsauflagen US-amerikanischer Behörden. So will das Department of Homeland Security, dass ab 2012 beziehungsweise 2014 alle für die Vereinigten Staaten bestimmten Container im Abgangsland gescannt werden. „In Verbindung mit dem Status eines Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten kann das System eine Alternative zum hundertprozentigem Scanning sein“, sagt Stefan Heine vom Riskmanagement der Spedition Hellmann Worldwide Logistics. Für die dafür nötige Zulassung habe man das System bereits Vertretern der US- und EU-Behörden vorgestellt. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Darüber, zu welchem Preis das Mehr an Sicherheit und Prozesstransparenz zu haben ist, schweigen die Beteiligten „Dazu machen wir derzeit keine konkreten Angaben“, so Busch. „Seitens Hellmann machen wir keine Angaben zu Preisen“, heißt es von Heine fast gleichlautend. Die Kosten für das Screening eines für die USA bestimmten Containers taxiert der Hellmann-Experte auf 300 bis 500 US-Dollar. „An diesem Wert orientieren wir uns, er ist aber kein Marktpreis“, erklärt Heine. Auch Busch bestätigt: Die Kosten für einen derart überwachten Transport sollen kleiner sein als die Mehrkosten für das Röntgen des Containers. Derzeit – ohne die Vorgaben des US-Department of Homeland Security – ist Secure-System wohl aber noch ein Nischenprodukt. „Zum einen wollen wir mit der Lösung unser Image als innovatives Unternehmen unterstreichen, zum anderen bieten wir auf der Basis von Secure-System ein Premiumprodukt an“, so Hellmann-Risikomanager Heine zu den aktuellen Vermarktungsmöglichkeiten. Einsatzideen für ein NischenproduktIm Visier hat er dabei frische oder hochwertige Waren. Aufgrund der eingebauten Sensorik sei das System für temperaturgeführte Transporte, beispielsweise von Lebensmitteln, geeignet. Mobiltelefone und andere hochwertige Elektronikprodukte werden heute aus Sicherheitsgründen nicht selten als Luftfracht befördert. Hier könnten die satellitenüberwachten Container den zwar langsameren, aber auch billigeren Seeweg zur Alternative werden lassen, glaubt Heine. Auch für die Automobilindustrie mit ihren sensiblen und zeitkritischen Just-in-time-Lieferketten seien die Tracking und Tracing-Daten, die Secure-System liefert, ein interessantes Steuerungsinstrument. Bislang nutzt aber kein anderer Spediteur die neue Lösung. Laut Astrium-Projektleiter Busch gibt es aber Interessenten und intensive Gespräche. ❙❚■ Serge VoigtDer Satellit schwebt wie ein Schutzschild über den Containern und meldet Störungen an ein KontrollzentrumTechnische Details im Überblick Physikalische DatenDie Überwachungseinheit misst (BxLxH) 100x160x60 mm (0,8 Kilogramm), das Batteriepaket kommt auf 245x110x55 mm (0,6 Kilogramm). Hinzu kommt noch ein Befestigungsadapter.Das Gehäuse ist gegen Staubablagerungen und Spritzwasser geschützt.Mobile Variante kann ohne zusätzliches Werkzeug am Frachtbehälter montiert werden. Für stationäre Anwendungen (Wechselbrücke) werden die Überwachungseinheit intern und die dazugehörige Antenneneinheit extern fest montiert.Gehäuseschutzgrad ist mindestens IP54.Elektrische DatenDie Batterie läuft etwa zwei Monate bei zwei Meldungen pro Tag; oder einen Monat bei zehn Meldungen pro Tag (kann optional verlängert werden).KommunikationGroße Entfernungen über satellitengestütztes Netzwerk (Iridium) oder terrestrisches Mobilfunknetz. Der GPS-Empfänger arbeitet mit einer Genauigkeit von unter zehn Metern. Kurze Entfernungen via Bluetooth zur Datenübertragung zwischen der Über-wachungseinheit und einem mobilen Nutzergerät (Handheld) oder Tastenfeld. Standard-SensorikEreignis-Sensoren (Tür, Montage-Schalter, Licht, Bewegungsmelder)Überwachungssensoren (Batteriespannung, Temperatur der Überwachungseinheit, Frachtgut-Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Temperatur im Container, optional sind weitere Sensoren möglich)BetriebsbereichDie Einheit arbeitet bei Temperaturen zwischen -20°C bis +60°C und bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von bis zu 100 Prozent. sv

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