Scania CCAP

Scania CCAPDer Fahrer lenkt …CCAP heißt der neue GPS- gestützte Tempomat, mit dem Scania bis zu drei Prozent Kraftstoff sparen will. Basis für das System ist Opticruise mit Retarder und der jetzt serienmäßige „Communicator“. Aktive Fahrerschulungen helfen, viel Kraftstoff zu sparen. Mit Schwung-spitze in den Berg, im optimalen Gang bergauf, vor der Kuppe Fuß vom Gas. So hält sich der Dieselverbrauch in Grenzen, ohne dass zu viel Transportgeschwindigkeit verloren geht. Nur leider werden selbst die besten Fahrer nach vielen Stunden hinterm Lenkrad unkonzentriert – und schlechte Fahrer beherrschen diese Technik ohnehin nur bedingt.Mit einer neuen Geschwindigkeitsregelanlage will Scania jetzt den Verbrauch optimieren – was bei schlechteren Fahrern natürlich deutlicher messbar sein soll als bei besseren. Basis der CCAP (Cruise Control mit Active Prediction heißt Tempomat mit aktiver Vorhersage) genannten Anlage ist die Erfassung der Fahrzeugposition unter Berücksichtigung der Topografie. Damit vernetzt ein LKW-Hersteller erstmals Topografie- mit Fahrzeugdaten. Ein Schritt, den man künftig auf die Schaltung ausweiten wird. CCAP entwickelt eine Strategie, bei der nicht unbedingt absolute Sparsamkeit im Vordergrund steht, sondern ein guter Kompromiss aus Verbrauch und Transportgeschwindigkeit. Die vomFahrer programmierte Marschgeschwindigkeit wird abhängig von Motorleistung und Beladung beim Zufahren auf eine Steigung leicht erhöht, um Schwungspitzen nutzen zu können. Andererseits nimmt CCAP vor einer Gefällstrecke Tempo heraus. So spart der LKW auf der Zufahrt zum Gefälle durch eine verlängerte Rollphase Sprit, Motorbremse und Retarder kommen später zum Einsatz, das Bergabtempo regelt sich so, dass entsprechend Geschwindigkeit gutgemacht wird. Alle Straßendaten sind im sogenannten Scania Communicator gespeichert. Der ist jetzt serienmäßig in jedem neuen Greif-LKW verbaut, lässt sich bei älteren Modellen nachrüsten und kalkuliert exakt die jeweilige GPS-Position. Für Deutschland steht CCAP ab Anfang 2012 zur Verfügung. Hinterlegt sind rund 95 Prozent der Autobahnen und Landstraßen erster Ordnung in West- und Zentraleuropa. Weitere Streckendaten pflegt Scania kontinuierlich nach. Updates erhalten Kunden beim Servicepartner. Die Schweden versprechen nach einer Reihe von Versuchsfahrten einen Verbrauchsvorteil von drei Prozent gegenüber einer herkömmlichen Geschwindigkeitsregelanlage, bei einem gleichzeitigen Zeitverlust pro Schicht von maximal zwei Minuten. Den maximalen Nutzen bringt CCAP naturgemäß auf hügeligen Strecken mit nicht zu steilen und nicht zu langen Anstiegen. So hat Scania unter anderem Testfahrten auf der Autobahnetappe der VR-Testrunde (München–Regensburg– Nürnberg–München) unternommen. Auf der rund 350 Kilometer langen Runde ergaben sich Einsparungen von vier Prozent, bei einer um etwa einen km/h reduzierten Durchschnittsgeschwindigkeit.So bedient der Fahrer CCAPMit den Lenkradtasten stellt der Chauffeur das Tempo nach gewohnter Manier ein. Empfohlen werden 85 km/h als Marschgeschwindigkeit sowie bergab eine Geschwindigkeitsdifferenz von wenigstens vier km/h. Die gesetzte Geschwindigkeit wird im Hauptinstrument angezeigt. Parallel zeigt CCAP die selbst kalkulierten Geschwindigkeiten. Diese Werte sind fix auf eine Toleranz von plus vier und minus acht Prozent fixiert (bei gesetzten 85 km/h also 78 bis 88 km/h). CCAP regelt erst über 60 km/h. Hat das System die Regie übernommen, zeigt es dies über ein grünes „E“ im Display an. Geht das GPS-Signal verloren, merkt der Fahrer dies durch eine grau unterlegte Anzeige. Der Tempomat bleibt aktiviert, die CCAP-Regelfunktionen gehen dann allerdings verloren.So arbeitet CCAPCCAP bringt permanent vorhandene topografische Daten in Einklang mit der Fahrzeugposition. Ist eine nahende Steigung hinterlegt, gibt der intelligente Tempomat Gas. Dies geschieht auch leistungsabhängig. So wird bei Fahrzeugen mit hoher PS-Zahl beziehungsweise niedrigem Gesamtgewicht weniger Geschwindigkeit aufgebaut als im umgekehrten Fall. CCAP beurteilt die Steigung und errechnet die passende Geschwindigkeit (maximal plus vier Prozent), um mit maximalem Turboladedruck und damit maximal möglichem Motordrehmoment in den Berg zu fahren. Basis für CCAP ist ein möglichst kraftstoffeffizientes Geschwindigkeitsprofil. Die Geschwindigkeitsregelanlage arbeitet dabei mit einem Vorlauf von rund drei Kilometern. Die Rücknahme der Geschwindigkeit (maximal minus acht Prozent) vor einem Gefälle hängt ebenfalls vom Gesamtgewicht sowie dem Gradienten und der Länge des Gefälles ab. Ziel ist eine möglichst lange Rollphase im Schubbetrieb – also in der Schubabschaltung ohne Kraftstoffverbrauch. Zudem sollen Motorbremse und Retarder möglichst spät einsetzen, der LKW aber dennoch auf die kalkulierte Höchstgeschwindigkeit hochrollen. In jedem Fall aber ist CCAP mit ACC (Adaptive Cruise Control = Abstandstempomat) kombiniert. Der nötige Abstand zum Vordermann wird also keinesfalls unterschritten. Das Befahren einer Kuppe interpretiert CCAP als Zufahren auf ein Gefälle. Die Geschwindigkeit wird im beschriebenen Rahmen so weit zurückgenommen, dass der LKW in der folgenden Gefällestrecke wieder aufs programmierte Maximaltempo hinaufläuft. Der Fahrer lenkt, der Rechner denkt! ❙❚■ Gerhard GrünigEin „E“ macht den Unterschied: Leuchtet es im Zentraldisplay auf, taktet CCAP den Tempomaten CCAP erkennt Steigungen und beschleunigt rechtzeitig hoch (links). Vor einem Gefälle lässt CCAP die Geschwindigkeit abfallen (Mitte), die im Gefälle dann wieder aufgebaut wird (rechts)Interessanter Vergleich: Scania stellte mehrere Leistungsstufen für Testfahrten zur VerfügungScania CCAPWas noch optimiert gehört Tatsächlich arbeitet CCAP bei den ersten Fahrtests wie von Scania angekündigt. Eindrucksvoll ist dabei die oft unmerkliche Geschwindigkeitserhöhung, noch ehe der Fahrer den nahenden Anstieg realisiert. Auch die Geschwindigkeitsrücknahme vor der Kuppe bzw. das Auslaufen vor dem Gefälle klappt prima. Selbst in Topografien, wo sich der Fahrer gerne täuschen lässt, weiß CCAP stets, ob’s bergauf, bergab oder eben weiter- geht. Testfahrten mit unterschiedlichen Leistungsklassen zeigen außerdem, dass zum Beispiel ein R 400 vor dem Berg etwas mehr Geschwindigkeit aufbaut als etwa ein R 480 – während ein R 730 schon aufgrund seines Leistungsüberschusses nicht beschleunigt. Den Geschwindigkeitsabfall vor dem Gefälle praktizieren dagegen alle LKW – ausgeladen auf 40 Tonnen, unabhängig von der Leistung.Genau diese Strategie kann in der Praxis Probleme machen. Fällt der LKW mit CCAP vor dem Gefälle auf unter 80 km/h ab, verleitet dies den Hintermann zum Ausscheren und Überholen. Im ungünstigsten Fall nimmt der CCAP-Laster im größeren Gefälle wieder Tempo auf und rollt dann Kopf an Kopf mit dem Überholer bergab. Dafür hat weder der Überholer noch der nachfolgende Verkehr viel Verständnis. Letztlich muss der Fahrer die Situation mit Motorbremse oder Retarder entschärfen. Das kostet zwar kein Diesel, aber Geschwindigkeit.Und wenn wir schon dabei sind, Kritik zu üben: Speziell bei den etwas stärkeren Fahrzeugen – konkret beim R 480 – fällt auf, dass er am Berg viel zu lange mit zu hoher Drehzahl läuft. Gerade im Kuppenauslauf könnte Opti-cruise viel früher hochschalten und dabei mit weniger Drehzahl bei gleichem Tempo ein paar Zehntel Diesel einsparen. Das aber ist nach Rückfrage bei Scania keine CCAP-Programmierung, sondern ein Handicap der automatisierten Schaltung – ließe sich also relativ einfach optimieren. ggVerkehrsRundschau-Redakteur Gerhard Grünig sieht OptimierungspotenzialErste Eindrücke aus der Praxis

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