Prozess gegen Spedition Betz schon kurz nach Beginn vertagt

20.09.2006 14:15 Uhr

Der Prozess um Betrugs- und Bestechungsvorwürfe gegen den Speditionskonzern Willi Betz ist schon kurz nach Verhandlungsbeginn unterbrochen und vertagt worden.

Stuttgart. Die Verteidiger stellten am Mittwoch vor dem Stuttgarter Landgericht einen Befangenheitsantrag gegen eine Schöffin. Beim Prozessauftakt fehlte zudem eine Angeklagte. Die Frau aus Georgien konnte wegen Visumproblemen nicht rechtzeitig nach Deutschland reisen. Die Verteidiger hatten darüber hinaus in den Tagen zuvor schon die Besetzung der Richter gerügt. Auch darüber muss noch entschieden werden. Das Verfahren wird am kommenden Mittwoch (27.9.) vor dem Stuttgarter Landgericht fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft wirft den insgesamt fünf Angeklagten unter anderem Bestechung, Sozialversicherungsbetrug, Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung vor. Alleine die Anklageschrift umfasst rund 560 Seiten, ihre Verlesung soll etwa zwei Tage dauern. Der Geschäftsführer der Reutlinger Willi Betz-Gruppe, Thomas Betz, sitzt seit gut einem Jahr in Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen seinen Vater und Seniorchef Willi Betz war mit Rücksicht auf die angeschlagene Gesundheit des Firmengründers bereits im Vorfeld abgetrennt worden. Die Willi Betz-Gruppe zählt zu den größten Speditionen Europas. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben rund 7800 Mitarbeitern und peilt in diesem Jahr einen Umsatz von rund 720 Millionen Euro an. Angeklagt wegen Bestechlichkeit ist auch der 2004 suspendierte Vizepräsident des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG), Rolf Kreienhop. Er soll das Unternehmen über Kontrollen informiert haben. Im Gegenzug sollen ihm Reisen und ein Dienstauto finanziert worden sein. Die Angeklagte aus Georgien wird nach Angaben ihres Anwalts am Montag in Deutschland eintreffen. Trotz Vorladung und aller benötigten Unterlagen hätten ihr die deutschen Behörden kein Visum erteilt, berichtete er vor Gericht. Gerügt wurde von den Verteidigern auch die Besetzung der Kammer. Die Staatsanwaltschaft wies jedoch Vorwürfe zurück, die Auswahl der Richter des Verfahrens beeinflusst zu haben. Die Vorwürfe seien „nicht stichhaltig“. Die Kammer entschied am Mittwoch zunächst noch nicht über den Befangenheitsantrag gegen die Schöffin. Die Frau habe zwei Tage zuvor an einer „tendenziösen“ Veranstaltung der Gewerkschaft Ver.di teilgenommen, argumentierte ein Anwalt. Dabei hatte der Journalist und Autor Uli Röhm sein Buch „Tatort Autobahn“ vorgestellt, in dem er kriminelle Machenschaften in der Speditionsbranche beschreibt.

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