Post fliegt in Verlustzone

Auf dem Boden der Tatsachen gelandet: DHL Express in den USA – nun stehen viele tausende Arbeitsplätze auf dem Spiel Geht es rein nach dem Umsatz, ist die Post für den Wettbewerb gerüstet, da ihr Erfolg auf vier Geschäftsfeldern basiert. Andererseits erwirtschaftet nach wie vor die Briefsparte den Löwenanteil am Gesamt-Gewinn der Post. Der Expressbereich schreibt, nicht zuletzt wegen des USA-Geschäfts, rote Zahlen. eh Post fliegt in Verlustzone Lange Jahre schrieb die Deutsche Post World Net in ihrem US-Expressgeschäft tiefrote Zahlen. Nun zieht Post-Chef Frank Appel die Reißleine – die Sanierung kostet dennoch Milliarden. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Nach dieser Devise zieht Frank Appel, neuer Vorstandschef der Deutschen Post World Net, einen Schlussstrich unter das Abenteuer USA. Neun Monate nach seinem Amtsantritt verkündete er am Montag letzter Woche: Die Post zieht sich aus dem inneramerikanischen Expressgeschäft zurück. Die Verluste des Unternehmens waren einfach zu hoch. Auf mittlerweile 7,5 Milliarden Euro (das kommende Jahr eingerechnet) bezifferte diese selbst Frank Appel. Branchenkenner gehen sogar von "höheren Summen" aus. Zuletzt hatte die Post jährlich viel Geld in die Hand genommen, um ihren amerikanischen Traum zu verwirklichen. Doch dieser Traum ist nun ausgeträumt. Bis Ende Januar 2009 zieht sich die Post aus ihrem nordamerikanischen Geschäft mit Paketen und Eilsendungen zurück und schließt dafür über 300 Stationen. 15.000 Arbeitsplätze kostet dieser Rückzug allein bei DHL. Nicht gerechnet "viele tausend Arbeitsplätze" der Partnerunternehmen, die für den Bonner Konzern in den USA tätig sind – darunter rund 8000 Mitarbeiter, die noch für das Luftdrehkreuz der Post in Wilmington tätig sind. Ob der Rückzug auch in Deutschland Stellenstreichungen zur Folge hat, ist bislang strittig. So sollen einem Medienbericht zufolge Arbeitsplätze "im vierstelligen Bereich" in Gefahr sein, was Post-Sprecherin Nicole Mommsen indes dementiert: "Das steht nicht an." Zumal betriebsbedingte Kündigungen aufgrund der Vereinbarungen mit Verdi – zumindest vorerst – ausgeschlossen sind. Die Post muss kräftig sparen Andererseits gerät der Logistikkonzern durch die Sanierung des US-Expressgeschäftes zum ersten Mal seit seinem Börsengang in 2000 in die Verlustzone. Denn die Restrukturierung kostet das Unternehmen rund drei Milliarden Euro und fällt damit doppelt so teuer aus als bislang angenommen. Die Post muss also kräftig – rund 1 Milliarde Euro zusätzlich in den nächsten zwei Jahren – sparen, kündete Appel an. Wie das gehen soll, wissen bislang nur die Topmanager. Das Image der Deutschen Post hat also einen dicken Kratzer bekommen, bringt es Andreas Wild, Geschäftsführer der DPD Systemlogistik in Neufahrn, auf den Punkt. Jahrelang habe sich das Unternehmen als weltweit größter Logistikplayer geriert – und nun dieser Rückzug. Wild wörtlich: "Die Post hatte – zumindest in den USA – gegenüber UPS und FedEx nie eine echte Chance." Trotz ihrer milliardenschweren Investitionen in den Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur. Zwar habe sich DHL, so der DPD-Manager, respektable sechs Prozent Marktanteil im inneramerikanischen Express- und Paketgeschäft erkämpft. Im Vergleich zu den 52 und 29 Prozent von UPS und FedEx sei dies aber zu wenig, um in den USA wirklich Erfolg zu haben. Warum aber scheiterte der Bonner Konzern im US-Expressgeschäft? Schließlich landete Appels Vorgänger, Klaus Zumwinkel, einen echten Coup, als die Post 1998 Anteile an dem Expressriesen DHL kaufte und diesen 2002 komplett übernahm. Doch schon bald blies dem Unternehmen im US-Markt kräftiger Gegenwind entgegen: So war es der Post als ausländischem Anbieter nicht gestattet, inneramerikanisch eigene Fluglinien einzusetzen. Außerdem entpuppte sich der Kauf von Airborne Express in 2003 Jahre später als Flop. Zumal den Post-Strategen seinerzeit ein gravierender Fehler unterlief: Sie wollten laut DPD-Manager Wild "Billigheimer" Airborne – unter der Flagge der DHL – zum Hochpreisanbieter und Qualitätsführer in den USA etablieren. Dieser Schachzug sei offenbar nicht geglückt. Hinzu kam die Größe des Marktes, gar nicht zu reden von den gewaltigen Sendungsmengen, die laut Wild zur Auslastung und Kostendeckung des inneramerikanischen Netzes nötig gewesen wären. Vor allem aber geriet die DHL immer wieder in die Negativschlagzeilen: erst durch Qualitätsprobleme an ihrem Luftdrehkreuz in Wilmington, später durch die strittige Fahrerpolitik und zuletzt während des Präsidentschafts-Wahlkampfs, als sich beide Spitzenkandidaten vehement gegen die geplanten Stellenstreichungen in Wilmington aussprachen. Der Rückzug aus den USA war also nur eine Frage der Zeit. Doch selbst nach Appels Schlussstrich bleiben Fragen offen: Wird es bis Ende 2008 wirklich zu der Kooperation zwischen DHL und Erzrivale UPS kommen, wie von Appel versprochen? Und wenn ja, zu welchen Konditionen ist UPS bereit, über seinen Schatten zu springen? Es werde, so mutmaßen Insider des Expressriesen, schon intern bezweifelt, ob der Vertrag überhaupt zustande komme. ❙❚■ Eva Hassa Daten + Fakten