Pfandrecht in der Praxis

Pfandrecht in der PraxisFracht zu Geld gemachtSpediteure haben mit dem Pfandrecht in der Praxis ein wirkungsvolles Instrument, um offene Forderungen einzutreiben. Die Verwertung im Rahmen der Versteigerung übernimmt meist ein Auktionator. Es ist Anfang Juli 2010. In den Räumen der Interdean Spedition in Großbeeren steht ein aufregender Termin an. Denn heute soll Fracht das Lager auf einem anderen Weg als üblich verlassen. Insgesamt sieben Teile der Berliner Mauer werden an diesem Tag versteigert. Das Besondere an den Fragmenten ist, dass sie von dem bekannten Künstler Ben Wagin gestaltet wurden. Wie die Spedition zu diesen Kunstwerken kommt, ist schnell erklärt: Sie hat sie zuletzt transportiert. Weil Forderungen aus der zugehörigen Geschäftsbeziehung nicht beglichen wurden, versucht die Firma nun, über den Weg des Speditionspfandrechtes (siehe auch Beitrag auf Seite 48) an ihr Geld zu kommen. Dazu lässt sie die Mauerfragmente versteigern.Oft reicht die AndrohungOrganisiert wird die Auktion von Eberhard Ostermayer. Der öffentlich bestellte und vereidigte Auktionator vom Auktionshaus „Die Auktionsprofis“ ist auf die Verwertung von Speditionspfandrechten spezialisiert. „Das Speditionspfandrecht ist für Spediteure und Logistiker der schnellste Weg, um Forderungen zu realisieren“, erklärt Ostermayer. Schon die Androhung der Versteigerung könne kleine Wunder bewirken. „Säumige Schuldner kann man so am wirkungsvollsten zur Zahlung bewegen.“ Nutzt das nichts, können Spediteure sich an ein Auktionshaus wenden. Vorlegen müssen sie dort in der Regel die fällige Rechnung, eine Mahnung sowie Belege, dass dem Schuldner die Ausübung des Pfandrechts angedroht wurde. Ostermayer benötigt außerdem eine Liste der Pfandgüter und am besten Fotos. Dann kann der Versteigerungsauftrag erteilt werden. Für den Termin braucht es dann noch einen Stromanschluss für Drucker und Rechner – und etwas Zeit. Zwei Stunden dürfen die Bieter das Pfandgut besichtigen, bevor die Auktion beginnt. Den Geschäftsablauf stört die Versteigerung nur geringfügig. Sowohl Besichtigung als auch Versteigerung können im Lager an einer geeigneten Stelle stattfinden. „Spediteure können so relativ unaufwendig ihre Forderungen realisieren, und besonders ihre Lagerfläche wieder frei bekommen“, so Ostermayer. Einen besonderen Vorteil sieht er dabei beim oft heiklen Thema Insol-venz. „Sobald eine Insolvenz droht, stehen Spediteur und Insolvenzverwalter im Konkurrenzverhältnis“, so Ostermayer. Dem Insolvenzverwalter sei es nach neuer Insolvenzordnung möglich, freihändig zu verkaufen. Dabei bestünde für ihn kaum Anreiz, ein möglichst gutes Verwertungsergebnis zu erzielen. „Seine Gebühren richten sich nicht nach dem Erlös.“ Aus Sicht von Ostermayer ist die Verwertung über einen Auktionator daher die bessere Wahl. Denn beim Pfandrecht gelte das Prioritätsprinzip. „Wenn der Spediteur vor dem Entstehen der Insolvenz sein Pfandrecht geltend gemacht hat, kann er es selber verwerten lassen. Bei der öffentlichen Versteigerung gilt dann das Bargeldprinzip.“ Im Klartext: Der Insolvenzverwalter kann im Nachhinein keine Ansprüche auf die in bar getätigte Verwertung geltend machen. Keine SchleuderpreiseEine Frage, die sich beim Thema Auktion aufdrängt, ist die nach dem Verhältnis der Verkaufserlöse zum tatsächlichen Wert der Güter. „Es können sowohl gewerbliche als auch private Bieter mitsteigern“, erklärt Ostermayer. Private Bieter seien in der Regel bereit, 40 bis 50 Prozent des Einzelhandelsverkaufspreises zu zahlen. „Deshalb wird das Versteigerungsgut zunächst in Einzelpositionen an private Bieter aufgerufen.“ Gewerbliche Bieter zahlen laut Ostermayer erfahrungsgemäß bis zu 70 Prozent des Großhandelspreises. Sie sind im zweiten Durchgang in zusammengefassten größeren Positionen an der Reihe. Insgesamt sei es zur Erzielung hoher Preise wichtig, dass der Versteigerer geeignete Bieter findet und mobilisiert. Zu einer Verschleuderung zu Niedrigpreisen komme es wegen der Regulierungen im Verfahren aber keinesfalls, so Ostermayer. Die Teile der Berliner Mauer bringen schließlich 20.000 Euro ein. Das deckt die offenen Forderungen der Spedition – jedenfalls dieses Mal bleibt sie nicht auf Außenständen sitzen. ❙❚■ Nina-Cornelia KernSo gut wie jedes Transportgut kann verwertet werden

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