Nichts ist unmöglich

Abzug: Server von Logistikdienstleistern werden Teil externer RechenzentrenInterviewHolger Grieb"Ohne Geld und Know-how geht es nicht"Holger Grieb, Senior Consultant der Ksi Consult Ltd & Co KG in Düsseldorf, berät viele Logistikunternehmen beim IT-Outsourcing. Der IT- und Organisations-Experte rät zu durchdachtem Vorgehen.Herr Grieb, wie ist die IT-Kompetenz in Logistikunternehmen organisiert?Holger Grieb: Derzeit sieht es in einem Unternehmen oft so aus, dass ein Mitarbeiter zum IT-Spezialisten erklärt wird. Vielleicht ordnet ein Unternehmen die IT-Kompetenz noch der Geschäftsführung unter. Aber all diese Personen können mit der rasanten Innovation auf dem IT-Markt nicht mithalten – und arbeiten nach dem Prinzip: Never change a running system.Welche IT-Dienstleistung geben Logistik-unternehmen in fremde Hände? Wovon sollte man die Finger lassen?Gegenwärtig geben viele Unternehmen gern Kommunikation und Netzwerk an externe Dienstleister ab. Aber es ist auch denkbar, den Service, die Wartung und die Sicherung auszu-lagern. Zumal IT immer mehr zum Risiko für das Unternehmen wird, wenn sie nicht funktioniert. Dagegen ist es riskant, Kernkompetenzen und Steuerungsfunktionen rauszugeben.Worauf sollten die Unternehmen beim IT-Outsourcing besonders achten?Auf das richtige Maß und den passenden Service. Ich muss als Unternehmen die richtigen Fragen an den potenziellen Dienstleis-ter formulieren. Wenn man Abläufe definiert, kann man eine ganze Menge für die Wettbewerbsfähigkeit der Organisation erreichen. Die ausgelagerte IT muss diese Abläufe dann umsetzen können. Und sie sollte dabei eine tragfähige Lösung für die nächsten drei bis fünf Jahre liefern.Der Kardinalfehler beim Outsourcing?Fehler kann man viele machen. Doch vor allem würde ich den Unternehmen raten, den Kosteneinsparungs Effekt nicht in den Vordergrund zu stellen. Viele gehen mit Fokus auf den monetären Aspekt in ein Projekt hinein. Am Ende kommt es zu Nachbesserungen. Man muss das Projekt von vornherein strategisch aufsetzen, die Leistungen spezifizieren. Dann kommt man auf der Kostenebene auf einen vernünftigen Einsparungseffekt. Aber vorher muss man Geld und Know-how in die Hand nehmen – ohne geht es nicht. fb Anbieter IT-Outsourcing (Auswahl)Nichts ist unmöglichIT wird in der Logistik immer wichtiger. Und immer mehr Unternehmen entscheiden sich dabei für das IT-Outsourcing. Bei Art und Weise der Auslagerung gibt es jedoch deutliche Unterschiede.Eigentlich hat Klaus Schröder, Geschäftsführer der John Spedition GmbH in Eichenzell-Welkers, es gut. Sein Unternehmen ist Mitglied der CargoLine-Stückgut-Kooperation. Und die kümmert sich um die Informationstechnik (IT) des Netzwerkes. Ganz kommt Schröder nicht um IT herum: In Eichenzell-Welkers stehen noch Server. "Wir können nur reagieren, wenn etwas passiert. Und das dafür nötige Personal ist zu teuer", schildert er. Deshalb will Schröder seine IT-Technik outsourcen.Das Netzwerk hat stabil zu laufenOhne IT geht fast nichts mehr. "Wenn die IT ausfällt, hat manche Spedition ein ernsthaftes Problem", erläutert Holger Grieb, Senior Consultant der Ksi Consult Ltd & Co KG in Düsseldorf. "Das bedeutet, dass die Verfügbarkeit der IT sehr viel höher werden muss, was sich teilweise aber dem Know-how des Unternehmens entzieht. Es gibt also sehr gute Gründe, in diesem Bereich über Outsourcing nachzudenken."Der Fantasie sind beim IT-Outsourcing fast keine Grenzen gesetzt. Das Spektrum reicht von der Computerwartung durch einen Dienstleister über die Abwicklung von Kommunikationsprozessen bis hin zur Nutzung eines Rechenzentrums für diverse Anwendungen. Welcher Weg der richtige ist, hängt von den individuellen Bedürfnissen des Unternehmens ab. So hat die Spedition Kunze GmbH in Bielefeld das IT-Outsourcing im Mai 2006 in Angriff genommen: "Es wurden alle operativen Speditions- und Finanzsysteme in das Rechenzentrum von Active Logistics ausgelagert", erläutert Juniorchef Matthias Kunze. So weit wollte die Mannheimer Transportgesellschaft Bayer GmbH nicht gehen. Sie nutzt die Interneterfassung der Axit AG aus Frankenthal: "Das läuft einfach, wir haben damit keine Probleme", sagt der IT-Verantwortliche beim Transporteur, Martin Hoeweler.Inzwischen erfasst seine Firma rund 70 Prozent der Aufträge über Internet-Sendungsanbindung. Diese Maßnahme spart Personal, wenngleich dies nicht der Grund war. Hoeweler blickt zurück: "Die Kunden wollten das, also haben wir darauf reagiert." Auch Grieb (Ksi Consult) stellt etwas anderes in den Vordergrund: "Die Kernkompetenz der Mittelständler in der Speditionsbranche liegt nicht gerade im IT-Bereich. Gleichzeitig ist die Entwicklung der IT rasant." Und eigene Systeme kosten alle drei bis fünf Jahre Geld.Wissensschub sticht PersonalabbauVon der Anbieterseite kommen weitere Argumente: "Es lohnt sich für die Unternehmen, für die der Ausfall der IT ge-schäftskritisch ist", meint Volker Ludwig, Marketingleiter von Interxion Deutschland in Frankfurt, Betreiber von Infrastruktur für Rechenzentren. "Wenn darüber Aufträge getätigt werden, sollte man über Outsourcing nachdenken." Jörg Fürbacher, Vorstand der Euro-Log AG in Hallbergmoos bei München, warnt: "Viele meinen, Outsourcing ist sofort verbunden mit Kostenabbau und Personalabbau. Das ist zwar auch ein Argument, aber viel schlagkräftiger sind der Einkauf von Wissen und technischer Anbindung sowie die Integrationsmöglichkeit von Partnern und Lieferanten." Viele Verlader nehmen eine ausgelagerte IT in ihr Pflichtenheft für Ausschreibungen auf. So kann der Dienstleister "mit outgesourcten SCM-Lösungen an Kunden herankommen, die er sonst gar nicht bekommt", betont Frauke Heistermann, Director Sales, Marketing & Projectmanagement bei Axit. Die Vorteile ausgelagerter IT sind unbestritten. Sie reichen von der Sicherheit über die Verfügbarkeit der IT bis zur Aktualität von IT-Lösungen. Logistikdienstleister haben das Dilemma, dass sie meist mit Verladern aus verschiedenen Branchen verkehren. "Die entsprechenden Schnittstellen müsste der Logistikdienstleister womöglich für jeden Kunden neu entwickeln", meint Heistermann. "Der Outsourcing-Partner hat schon viele Kunden und ein Produkt, das immer weiter vorangetrieben wird." Dieses Wissen hat sich Hoeweler (Mannheimer Transportgesellschaft Bayer) zu Nutze gemacht, als er die Daten von BASF in sein System integrieren musste.Alles würde Hoeweler nicht aus der Hand geben: "Es gibt bestimmte Dinge, wo es gut ist, wenn die IT vor Ort ist." Was sagen die IT-Dienstleister dazu? "Einen Bodensatz an IT wird jedes Logistikunternehmen im Haus behalten", erklärt Fürbacher (Euro-Log). "Outsourcing soll nicht ein Mittel sein, um Kahlschlag zu betreiben, sondern um sich weiterzuentwickeln." Heistermann (Axit) rät, "die klassischen Speditionsprogramme mit hochoperativen dispositiven Prozessen" im eigenen Haus zu behalten. Uwe Möller, Niederlassungsleiter des Rechenzentrums der Active Logistics in Niederaula, hält dagegen: "Grundsätzlich kann der Logistiker beinahe alle IT-Bestandteile seines Unternehmens outsourcen. Je mehr er nach draußen gibt, desto mehr rechnet es sich auch. Was man wirklich vor Ort noch braucht, sind wenige Netzwerkkomponenten und Ein-/Ausgabegeräte wie Bildschirm, Tastatur und Drucker."Mittelfristig rechnet sich das AuslagernDie Kosten, die beim Outsourcing auf den Logistiker zukommen, sind nicht generell zu quantifizieren. Sie hängen von den Anforderungen und den individuellen Bedingungen ab. Mit mittelfristigen Einspareffekten kann man aber rechnen. "Ein Kunde von uns hat ursprünglich sieben Prozent seines Umsatzes für IT kalkuliert", berichtet Fürbacher (Euro-Log). "Jetzt konnte er mit unserer Hilfe die IT-Kosten auf zwei Prozent senken." Zudem schaffen die IT-Anbieter die Mög-lichkeit, die Kosten der eigenen Geschäftsentwicklung anzupassen. Abrechnungsmodelle für die Kosten ausgelagerter IT gibt es viele. Der Trend: mehr Flexibilität und Transparenz für den Kunden. Beispielsweise erhebt die Firma Crossgate nach den Setup-Kosten eine Flatrate pro Geschäftspartner und Prozess. Bei Active Logistics "rechnen wir grundsätzlich mit Grundpreis und fixen oder variablen Kosten, bei Letzterem sind der kaufmännischen Kreativität keine Grenzen gesetzt", meint Möller (Active Logistics). Solche Ansätze schätzt Kunze (Spedition Kunze): "Durch das Outsourcing erhalten wir variabilisierte Kosten pro Sendung."Welchen Dienstleister wählt man nun für das IT-Outsourcing? Vorentscheidend ist, ob man branchenspezifische Spezialisten wie Euro-Log, Axit oder Active Logistics beauftragt oder Generalisten wie Crossgate oder Interxion. Entscheidet sich ein Logistiker für einen rein hardwareseitigen Service, so können bei der Business-to-Business-Kommunikation branchenunabhängige Dienstleister wie Crossgate punkten: Sie haben ein bestehendes Netzwerk mit zahlreichen Partnern. Kundenversteher fürs SpezielleDiese Verbindung ist wiederverwendbar für neue Kunden. "Geht es darum, Work-flow-Systeme einzusetzen, kann das bran-chenübergreifend gelöst werden", findet Grieb (Ksi Consult). Anders sieht es bei Speditionsprogrammen und prozessorientierter Integration aus. IT-Dienstleister, die sich auf die Logistikbranche spezialisiert haben, bringen sich hier ins Spiel, weil sie die Prozessbedürfnisse besser einschätzen können: "Wir betrachten immer den Gesamtproduktionsprozess", sagt Möller (Active Logistics). "In unse-rem Rechenzentrum laufen nicht nur die verschiedenen Logistiksoftwaresysteme, wir kümmern uns auch um die korrekte Datenfernübertragung und alle IT-verwandten Themen unserer Kunden." In die gleiche Kerbe schlägt Heistermann (Axit): "Der Outsourcer muss auch die Prozesse beim Kunden verstehen, ansonsten kann man kein vernünftiges Angebot machen." ❙❚■ Florian Beck, freier Journalist

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