Nachhaltig lagern

Das Bekenntnis zu einer umweltfreundlicheren Logistik liegt nicht nur auf der Straße. Immer mehr Immobilien-Projektentwickler und ihre Kunden, also Logistiker und Verlader, haben die Themen Nachhaltigkeit und CO2-Abdruck auf dem Zettel, wie aktuelle Zahlen der Zertifizierungsgesellschaft Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zeigen: Mit Stand Jahresende 2019 dürfen sich schon 351 Logistikimmobilien in Deutschland mit einem DGNB-Zertifikat schmücken. Ein Logistikdienstleister, der sich das Thema CO2-Abdruck auf die Fahnen geschrieben hat, ist der global tätige Food-Service-Logistiker Havi. Zu den Kunden in Deutschland zählen unter anderem McDonald's, Nordsee, KFC und Vapiano. "Bis 2030 werden wir den CO2-Ausstoß für jede gelieferte Tonne Ware um 40 Prozent reduzieren", sagt Torsten Oldhues, Geschäftsführer Operations der Havi Logistics Deutschland, die hierzulande neun Standorte betreibt. Einen wichtigen Beitrag dazu soll das Mitte Januar 2020 eröffnete neue Logistikzentrum in Wunstorf bei Hannover leisten. Aktuell wird es nach DGNB Gold zertifiziert. Punkten kann der Standort an mehreren Fronten: Es werden im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge ausschließlich LNG-Lkw eingesetzt, die an der eigenen LNG-Tankstelle direkt auf dem Gelände betankt werden. Beim Gebäude wurden - wo möglich - regionale Baustoffe verarbeitet und auf deren Recyclingfähigkeit geachtet. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz ist für Havi bereits seit Jahren eine wichtige Säule in der Unternehmensstrategie. Seit 2017 werden alle deutschen Standorte mit Ökostrom betrieben, so auch die neue Anlage in Wunstorf. Ein Teil der Standorte verfügt zudem über Photovoltaik-Anlagen. Darüber hinaus wurden 2014 sämtliche Standorte auf bedarfsgesteuerte LED-Beleuchtung umgestellt. "Dies hat in Teilbereichen zu einer Energieeinsparung bis zu 70 Prozent geführt", sagt Oldhues. Nun will ein Logistikzentrum, das Kunden aus der Systemgastronomie bedient, nicht nur energiesparend ausgeleuchtet, sondern auch gekühlt werden. Insgesamt vier Temperaturzonen gibt es in Wunstorf: ein ungekühltes Trockenlager, ein Frischelager, ein Frischfleischlager sowie ein Tiefkühllager. Dabei würden mit CO2 und Ammoniak ausschließlich natürliche Kältemittel eingesetzt, betont Oldhues. Diese haben ein GWP (Global Warming Potential) von 1 beziehungsweise 0. Um Energieverluste zu vermeiden, sind die Temperaturbereiche durch Schnelllauftore und Luftschottanlagen getrennt. Besser heizen mit Wärmerückgewinnung Sämtliche durch die Kälteanlage erzeugte Abwärme wird der weiteren Nutzung zugeführt, etwa zur Beheizung der Lagerflächen, für die Fußbodenheizung im Büro, für das Abtauen der Kühler und die Luftschottanlagen zwischen den Temperaturbereichen. "Eine Nachheizung durch Gas ist nur bei zu geringer Abwärmeleistung der Kälteanlage erforderlich", sagt Oldhues und weist gleichzeitig darauf hin, dass dies bei den Temperaturen in den letzten Wintern nicht oder nur sehr unwesentlich vonnöten gewesen wäre. An den übrigen deutschen Standorten sollen die vorhandenen Kälteanlagen übrigens bis Ende 2022 erneuert und auf natürliche Kältemittel umgestellt werden. Die Immobilie und die Gebäudetechnik ist das Eine, aber auch beim intralogistischen Equipment hat in der Branche offenbar ein Paradigmenwechsel eingesetzt. "Betreiber von Logistikzentren haben auch in der Vergangenheit in entsprechende Maßnahmen investiert - wenn es sich denn in absehbarer Zeit gerechnet hat", sagt Andreas Koch, Head of Product Management beim Intralogistikanbieter SSI Schäfer (siehe Interview oben). Heutzutage sei aber so mancher bereit, mehr in Vorleistung zu gehen. "Eine saubere Intralogistik ist ebenso ein Aushängeschild wie ein umweltverträglicher Fuhrpark", so Koch. Auch Havi hat angefangen, in diesen Bereichen auf Energieeffizienz zu achten. So werden zum Teil Stapler mit Nutzsenken, also der Energierückgewinnung beim Absenken einer Last, eingesetzt. "In diesem Jahr wollen wir uns intensiver mit den Möglichkeiten zur Senkung des Energieverbrauchs der gesamten Flurförderzeugflotte beschäftigen", sagt Oldhues. Checkliste zum Energiesparen im Lager unter www.verkehrsrundschau-plus.de/umwelt In Kürze Ob Nutzung von Ökostrom, Wärmerückgewinnung, bedarfsgesteuerte LED-Beleuchtung oder energieeffiziente Lagertechnik: Es gibt vielfältige Maßnahmen, den CO2-Abdruck im Lager zu senken. Wie nachhaltige Lagerlogistik aussehehen kann, zeigt das Beispiel Havi Logistik in Wunstorf. "Intelligente Lagertechnik ist ein wichtiger Baustein" Wer ein neues Lager baut, kann von vorneherein nachhaltig planen. Wie wird die Bestandsanlage energieeffizienter?Wer eine mehrheitlich manuell bewirtschaftete Bestandsanlage ohne Fördertechnik oder automatisierte Kommissionierung betreibt, sollte seine Flurförderzeugflotte unter die Lupe nehmen. Ansonsten befinden sich die Hebel eher im Bereich der Gebäudetechnik: LED-Beleuchtung mit bedarfsgerechter Steuerung, effiziente Heiztechnik in Kombination mit einer guten Gebäudeisolierung und - bei einer gewissen Größe der Anlage - die Nutzung von regenerativen Energien.Können eigentlich auch hochautomatisierte Anlagen eine gute Ökobilanz aufweisen?Je höher der Automatisierungsgrad, desto mehr Energieverbrauch fällt logischerweise an. In Anlagen mit sehr hohem Durchsatz, etwa im E-Commerce, sieht die Bilanz auf das einzelne Packstück betrachtet aber wieder ganz anders aus: Im Vergleich zum manuell betriebenen Lager, das viel Fläche und Ressourcen benötigt, können automatisierte Anlagen über die ganze Prozesskette gesehen durchaus effizienter sein.Woran liegt das?Es gibt zwei Hauptaspekte: die IT und die Antriebstechnik. Nehmen wir das Beispiel Regalbediengerät: Beim Bremsen entsteht Energie, die in Ultrakondensatoren direkt am Fahrzeug gespeichert werden kann oder auch ins interne Netz zurückgespeist wird, um dann andere Maschinen mit Strom zu versorgen. Gleichzeitig steuert der Materialflussrechner, dass ein Gerät immer nur so schnell fährt, wie es die momentane Auftragslage verlangt. In Kombination mit regenerativ erzeugten Energien kann eine intelligente Lagertechnik also ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einem positiven CO2-Footprint sein. mhAndreas Koch, Head of Product Management, SSI Schäfer

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