Muss der Transport teurer werden?

Drohen Versorgungsengpässe, wenn die EU-Vorgaben ab 2018 umgesetzt werden? Wir brauchen ganzheitliche Lösungen und keine Fahrverbote. Für Diesel müssen Übergangsregelungen greifen. Dazu muss die Politik die Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge unter Berücksichtigung der Innovationszyklen aufbauen. Der Ausbau von Gastankstellen in Betriebshöfen läuft noch zu bürokratisch. Außerdem fehlt eine Flottenförderung der Elektrifizierung. Die öffentliche Hand ist kein Vorbild, sondern nimmt im Gegenteil oft kommunale Fahrzeuge von den Fahrbeschränkungen aus. Ein sauberer Diesel als Zwischenlösung? Ja! Wir brauchen den Diesel mittelfristig weiterhin zur CO2-Senkung. Aber wir müssen auch neue Lösungen entwickeln: Erdgas, E-Hybridkonzepte, Brennstoffzelle. Bei leichten Nutzfahrzeugen haben wir mit batterielektrischen Antrieben früher eine Alternative verfügbar. Wo kommen die Fahrer her, davon ausgehend, dass der Lieferverkehr zunimmt? An der Fachpersonalknappheit leiden alle. Das Berufsbild wird sich wandeln - eine Ideenrevolution in der Mobilität. Die Fahrer werden mehr sein als Carrier und das Umfeld wird attraktiver. Es wird neue Partnerschaften geben, beispielsweise durch Einbezug der U-Bahn. So entstehen Sharing-Konzepte zur Paketauslieferung. Die KEP-Branche leidet unter Selbstausbeutung. Muss Transport teurer werden? Wir brauchen auf europäischer Ebene geltende Sozialstandards, ohne ein neues Bürokratiemonster. Ausländische Unternehmer dürfen die EU-Dienstleistungsfreiheit nicht missbrauchen, indem sie mobile Unternehmen in Deutschland unter Umgehung der Sozialstandards etablieren. Dafür müssen entsprechende Kontrollmechanismen greifen und durchgesetzt werden. Kann Digitalisierung helfen, Lkw und Transport besser auszulasten? Damit lassen sich Leerfahrten vermeiden, Routen optimal planen und Staus umfahren. "Big Data" erlaubt genaue Prognosen. Das reicht aber nicht. Wir brauchen Investitionen in Straßen, Schiene, Wasserwege, Häfen sowie Flughäfen. Und wir müssen Verkehrsträger besser kombinieren. Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung ist doch eine Luftnummer, oder? Die Ziele müssen realistisch und sozial sowie wirtschaftlich vertretbar sein: Umweltministerin Barbara Hendricks präsentierte ihren Klimaschutzplan 2050 zuerst beim DVF. Schon damals haben wir deutlich vermittelt, dass die Ziele langfristig angelegt, praktikabel und transparent sein müssen - was sie so nicht sind. Sprechen die Verbände in Deutschland mit zu vielen Stimmen? Jeder Landes- und Bundesverband hat seine eigene Klientel, die er vertritt. Das DVF bildet als Mobilitätsverband der deutschen Wirtschaft die große Klammer für alle Verkehrsträger. Da sprechen wir mit einer Stimme, das ist unsere Stärke. Was machen Sie, um ernst genommen zu werden? Wir werden ernst genommen: Sehen Sie in die Verordnungen und Aktionspläne der Politik. Das DVF betreibt Agendasetting - einige Initiativen des Bundes wurden vom DVF angestoßen. Mit unseren Gesamtkonzepten wie dem Zukunftsprogramm Verkehrsinfrastruktur und dem Aktionsplan intelligente Mobilität funktionieren wir als Think-Tank - wir lenken den Fokus auch auf Themen, die zunächst nicht im Rampenlicht der politischen Agenda stehen. Finanz- und Politikhintergrund Das deutsche Verkehrsforum (DVF) bündelt als Wirtschaftsvereinigung und verkehrsträgerübergreifende Institution die Interessen von 170 Mitgliedern. Das Präsidium repräsentiert einen Querschnitt der deutschen Verkehrs- und Transportwirtschaft. Ulrich Nußbaum ist seit 2015 Vorsitzender. Der Professor für internationales und europäisches Recht und Finanzbeziehungen an der Jacobs Uni Bremen war bis 2014 Senator für Finanzen in Berlin. gg