Meyer & Meyer

Meyer & MeyerDie E-PioniereNeue Wege in der Innenstadtbelieferung wagen Textillogis-tiker Meyer & Meyer und C & A: Ab sofort fahren zwei Elektro-LKW die Filialen des Bekleidungsunternehmens in Berlin an. Ob dahinter nur schlichte Eigenwerbung steckt oder mehr, lesen Sie hier.Rolf Meyer ist ein nüchterner Mann – typisch Niedersachse eben. Wenn es aber um die Zukunft der Umwelt geht, wird der 53-Jährige fast emotional. „Wenn wir alle nicht jetzt mit der CO2-Reduktion beginnen, ist es für die Welt irgendwann zu spät. Natürlich kann man als kleiner Mittelständer nur wenig tun – da ist man wie ein Tropfen im Ozean“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter des Osnabrücker Textillogistikers Meyer & Meyer. Trotzdem werde er „alles tun“, um seinen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit zu leisten. „Es war ein steiniger Weg“Dies behaupten zwar seit einiger Zeit viele Unternehmer, es gibt aber nur wenige, die sich dem Thema so konsequent verschrieben haben wie Meyer & Meyer. So überraschte das Unternehmen 2006 auf der IAA Nutzfahrzeuge mit einem eigenen Road-Train-System. Außerdem waren die Osnabrücker zwischen 2007 und 2008 die ersten Teilnehmer beim Eurocombi-Pilotversuch in Nordrhein-Westfalen. Jüngster Coup: Spätestens ab Ende Januar setzt das Unternehmen als erster deutscher Logistikdienstleister Elektro-LKW (12 t GG) für die Filialbelieferung in der Innenstadt in Berlin ein. Projektpartner ist das Bekleidungsunternehmen C & A, das seit 60 Jahren in der Logistik mit Meyer & Meyer zusammenarbeitet. Ein wichtiger Großkunde, zum Umsatzanteil äußert sich Meyer indes nicht.Aber zurück zum Projekt. „Es war ein steiniger Weg“, räumt Arnulf Bleck ein, der bei Meyer & Meyer nicht nur das gesamte Flottenmanagement verantwortet, sondern auch das Berliner Elektro-LKW-Konzept. Seit 2008 hat er dafür unzählige Gespräche geführt: mit C & A, Behörden, vor allem aber mit Nutzfahrzeugherstellern – erst in Deutschland, später im Ausland. Am Ende beauftragte Meyer & Meyer die niederländische Firma AGV – „die deutschen Hersteller waren nicht interessiert“ (Bleck). AGV baute letztlich zwei Verteiler-LKW vom Typ MAG TGI zu vollelektrischen Fahrzeugen um. Dieselmotor, Getriebe und Kühlung kamen raus und Elektroantriebstechnik und Batterie zur Versorgung eines 120-kW-Elektromotors dafür rein. „Allein 1400 Kilogramm wiegt die Batterie – mit der Folge, dass der LKW 700 Kilogramm weniger Nutzlast hat – und ist so groß, dass sie nicht nur rechts und links zwischen den Achsen angebracht ist, sondern auch unter dem Führerhaus“, erzählt Bleck. Um möglichst viel Fahrleistung aus der Batterie herauszuholen, müsse der Fahrer die Ladebordwand beispielsweise über eine 230-KW-Steckdose bei C & A öffnen. Alles Kleinigkeiten, die sich aber aufsummieren können. Der Aufwand hat sich laut Bleck gelohnt. „Einmal geladen, reicht die Batterielaufleistung bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 45 Kilometer/Stunde, was für die Citylogistik in Berlin normal ist, für eine Reichweite von 165 bis maximal 200 Kilometer“, erzählt er. Vorausgesetzt, die Batterie ist geladen – was immerhin täglich 12 Stunden Zeit kostet und vorausgesetzt, der Verkehr in Berlin lässt energiesparsames Fahren zu. Zum Einsatz kommen die zwei Elektro-LKW im ersten Schritt zwischen dem Meyer & Meyer-Umschlaglager in Potsdam-Fahrland und der C & A-Filiale am Berliner Kurfürstendamm – einfache Strecke 32 Kilometer. Bis zu sechsmal am Tag – so das Ziel – sollen die Elektrofahrzeuge diese Filiale und vielleicht auch bald weitere Filialen von C & A ver- und entsorgen. Der logistische Ablauf ist dabei jeden Tag der gleiche: Jede Nacht rollen laut Bleck zwei 40-Tonner mit jeweils vier verplombten Wechselkoffern mit Ware vom Peiner-C & A-Regionallager zum Umschlagpunkt von Meyer in Potsdam-Fahrland an. Dort wird jeweils ein Wechselkoffer auf einen Elektro-LKW direkt verladen und die Zustellung in die Innenstadt kann beginnen: Die erste Tour startet um 4 Uhr und die letzte um 12 Uhr. Das ist zumindest der Plan. Noch weiß Bleck nicht sicher, ob im Echtbetrieb wirklich alles so läuft, denn der startet erst Ende Januar. Bislang läuft nur ein Elektro-LKW im Testlauf, Mitte Januar wird der zweite von AGV geliefert, und dann hofft Bleck nur auf eines: „Eine schnelle Zulassung der Fahrzeuge bei den Behörden“. „Wir sind das erste Unternehmen deutschlandweit, das Elektro-LKW zulässt“, sagt er. „Wir sind quasi Pioniere.“ Und da müsse sich manches noch einspielen – auch bei den Behörden.Nur einer hat von Anfang ganz wunderbar mitgespielt. Das war Projektpartner C & A. Was nicht verwundert, denn das Bekleidungsunternehmen setzt laut Kommunikationschef Thorsten Rolfes seit vielen Jahren auf Nachhaltigkeit. Und zwar in allen Bereichen. So eröffnete C & A unlängst nicht nur den ersten CO2-neutralen Store in Mainz, sondern wurde 2010 auch mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. „Außerdem misst das Unternehmen seit 2006 auf Basis der Eco Invent Datenbank den Carbon Footprint bei Geschäftsreisen, beim Energieverbrauch der Gebäude, aber auch bei Transporten und in der Logistik“, erzählt Rolfes. „Von der Idee der Fililalbelieferung per Elektro-LKW waren wir deshalb sofort begeistert“, sagt er. Zum einen verspreche man sich dadurch „eine deutliche Reduktion der Lärm- und Schadstoffemissionen bei den Lieferverkehren – sprich 90 Prozent weniger CO2- und 100 Prozent weniger Rußpartikel“. Zum anderen teste C & A, betont Rolfes, „gerne als Pilot technische Neuerungen, die mittelfristig die Abhängigkeit vom Erdöl reduzieren helfen“. Und das Erstaunliche: Das Bekleidungsunternehmen ist laut Rolfes bereit, sich finanziell an dem Projekt zu beteiligen. Fragt man Bleck und Meyer abschließend, was die größten Hürden des Vorhabens gewesen seien, sind sich beide sofort einig. „Frustriert hat uns die Zurückhaltung der deutschen NFZ-Hersteller in puncto Elektromobilität.“ Und Sorgen bereitete das Thema Fördermittel. Schließlich lag das Gesamtinvest für das E-Projekt in Berlin bei deutlich über 500.000 Euro. „Das Thema Fördermittel hätte das Projekt fast stranden lassen“, gesteht Meyer. Die Hartnäckigkeit der Osnabrücker zahlte sich letztlich auch hier aus: 242.000 Euro Zuschuss erhielten sie nun zwei Tage vor Weihnachten vom Bundesverkehrsministerium. ❙❚■ Eva HassaFördergelder vom Staat: Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (2. v. l.) überreicht u. a. Meyer & Meyer-Chef Rolf Meyer (r.) den symbolischen Scheck für sein Elektromobilitäts-Projekt in BerlinMeyer & Meyer„Das Projekt ist auf vier Jahre angelegt“Was getan werden muss, um die Elektromobilität in deutschen Innenstädten voranzutreiben, sagt Firmenchef Rolf Meyer. Künftig setzt Ihr Unternehmen Meyer & Meyer zwei Elektro-Verteiler-LKW für die Belieferung der C & A-Filiale am Kurfürs-tendamm in Berlin ein. Was war im nach-hinein die größte Hürde, um das Projekt zu realisieren?Am schwierigsten war es, an die Fördergelder zu gelangen. In dem Förderdschungel kann man als Mittelständler nur untergehen. Dank guter Kontakte zum Berliner Senat erhielten wir aber schließlich vom Bund 242.000 Euro im Rahmen der nationalen Förderung der E-Mobilität in der Modellregion Berlin/Potsdam. Insgesamt lagen aber alle unsere Kosten bei über einer halben Million Euro. Wir mussten ja nicht nur Fahrzeuge umrüsten, die Elektrotankstelleninfrastruktur aufbauen und unser Fahrpersonal schulen, sondern auch das Projekt realisieren. Honoriert zumindest Ihr Auftraggeber C & A Ihnen Ihr Engagement in puncto Nachhaltigkeit finanziell?Ja. C & A hat sich sofort bereit erklärt, mit uns dieses Projekt zu realisieren. Das Unternehmen setzt seit vielen Jahren auf den Nachhaltigkeitsgedanken. Nicht nur im Bereich Transport und Logistik. C & A beteiligt sich zwar nicht an unseren Investitionen, akzeptiert deshalb aber Zuschläge bei den Frachtkosten.Bislang setzen Sie lediglich zwei Elektro-LKW in der Innenstadtbelieferung ein? Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie das Ganze flächendeckend machen?Dafür ist es zu früh, Antworten zu geben. Unser Projekt ist auf vier Jahre angelegt. In dieser Zeit werden wir viele Erkenntnisse gemeinsam mit unseren Kunden gewinnen. Danach wird man weitersehen. Was müsste passieren, damit Elektromobilität in der Innenstadtbelieferung sich hierzulande durchsetzen kann?Dafür muss dreierlei geschehen. Der Staat muss die neue Technologie fördern, wie er das zum Beispiel bei Windenergie erfolgreich getan hat, etwa über Anschaffungsprämien oder güns-tigere Stromkosten. Zudem müssten sich die NFZ-Hersteller dem Thema E-Mobilität endlich stellen und die Kunden müssten unsere Anstrengungen, innovativ und nachhaltig tätig zu sein, finanziell honorieren. ehInterviewRolf MeyerMeyer & Meyer und C & A Meyer & Meyer mit Sitz in Osnabrück ist Marktführer im Bereich Textillogistik. 2000 Mitarbeiter erwirtschafteten in 2010 weltweit einen Umsatz von 200 Millionen Euro. Das Unternehmen ist national mit 20 und international mit 60 Standorten präsent. Meyer & Meyer verfügt über 400.000 m2 Lager- und Logistikfläche und disponiert täglich bis zu 1000 Fahrzeuge und 2300 Wechselkoffer. Größter Kunde ist das Bekleidungsunternehmen C & A. Es erwirtschaftete europaweit im Geschäftsjahr 2009/10 einen Gesamtumsatz von 6,3 Milliarden Euro, davon fast 50 Prozent in Deutschland. C & A ist in 19 Ländern europaweit inklusive Russland und Türkei mit 1500 Filialen tätig, davon hierzulande 485 Filialen. Das Unternehmen arbeitet weltweit mit 40 Lieferländern zusammen, schwerpunktmäßig in Fernost und Osteuropa sowie Türkei. ehDer neue Elektroverteiler-LKW für BerlinDaten + Fakten

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