Mercedes Econic und Unimog Euro 6

Mercedes Econic und Unimog Euro 6Euro-6-Familie komplettiertMit den Mercedes Econic und Unimog Euro 6 bringt Daimler auch seine Spezial-LKW auf die ab 2014 verbindliche Schadstoffnorm. Der Umstieg erforderte einige technische Tricks.W ar es schon bei Actros, Antos und Atego alles andere als einfach, die Euro-6-Motoren unter die Kabinen zu bringen, so standen die Mercedes-Entwickler der „Spezialfahrzeug-Abteilung“ vor einer noch größeren Herausforderung. Schließlich sollte der Unimog durch das Schadstoffklassen-Update weder seine beispiellose Geländegängigkeit noch seine vielfältigen Aufnahmemöglichkeiten für Anbaugeräte einbüßen.Beim Econic bereitete dagegen das Low-Entry-Konzept den Ingenieuren Kopfzerbrechen, denn hier bleibt naturgemäß wenig Platz für den größeren Kühlbedarf der Euro-6-Triebwerke. Ganz ohne Kompromisse ging es beim Econic dann auch nicht ab, wie beim Blick in die Kabine sofort deutlich wird. Die bis zu vier Mitfahrer müssen jetzt einen knapp 30 Zentimeter hohen Motortunnel in der Kabinenmitte überwinden, wodurch der Econic seinen bislang „barrierefreien“ Ein- und Ausstieg einbüßt. Äußerlich wurde die Kubus-Kabine mittels neu gestaltetem Lamellen-Kühlergrill im Actros-Design und verändertem Stoßfänger mit neuen Scheinwerfern an das aktuelle Gesicht der Mercedes-LKW angepasst. Neu gestalteter ArmaturenträgerGleiches setzt sich im Innenraum fort, wo Daimler-Designer Benoit Tallec einen neuen Armaturenträger gestaltete. Lenkrad und Instrumente kommen vom Antos. Mit dessen Wertigkeit kann das Econic-Ambiente aber trotzdem nicht mithalten. Dafür „wanderte“ der bislang neben dem Fahrersitz platzierte Bedienhebel für die Feststellbremse jetzt ergonomisch günstiger in den Armaturenträger, gleich daneben befindet sich auch die ebenfalls neu gestaltete Bedieneinheit für die Allison-Wandlerautomatik. Letztere verwaltet weiterhin sechs Fahrstufen, soll dank neu implantierter Eco-Software jetzt aber spürbar spritsparender und komfortabler schalten. Den Vortrieb übernimmt ausschließlich der 7,7 Liter große OM-936-Sechszylinder, wahlweise mit 299 oder 354 PS. Zusätzlich will Mercedes den Motor auch als Erdgasversion nachschieben. Schließlich ist der emissionsarme Antrieb gerade bei Kommunen ein Thema, die beim alten NGT aber den hohen Gasverbrauch bemängelten. Umweltverträglicher und damit wirtschaftlicher sollen aber auch die Diesel-Modelle rollen: Daimler spricht im Vergleich zum Vorgänger von bis zu vier Prozent weniger Diesel- und 40 Prozent geringerem Adblue-Konsum. Mittels Gewichts-einsparungen am Chassis will man zudem die 300 Kilogramm schwere Euro-6-Technik absorbiert haben, sodass der Econic seine Nutzlast halten konnte. Freuen wird die Eigner auch das um zehn Prozent längere Wartungsintervall. Mehr Komfort bei weniger VerbrauchLetzteres verlängerte sich auch beim schweren Unimog – hier wird allerdings in Betriebsstunden gerechnet. Statt bisher 1200 Stunden dürfen die U 4023 und 5023 nun 200 Stunden länger im Gelände wühlen, bevor ein Werkstattbesuch fällig wird. Wie beim Econic blieb es auch hier bei eher leichten optischen Retuschen. Ein überarbeiteter Kühlergrill und die kleinen Bi-Halogen-Frontscheinwerfer müssen den Euro-6-Modellen als äußeres Erkennungsmerkmal reichen. Zudem schafften die Entwickler im Inneren mehr Platz, indem sie die in ihrer Grundform seit 1974 verbaute Kabine um zwölf Zentimeter verlängerten. Zusätzlich hielten auch hier die Armaturen und Bedienelemente aus dem Antos Einzug. Das brachte auch die ergonomisch günstigere Bedienung des automatisierten Achtgang-Schaltgetriebes per Lenkstockhebel mit sich und nebenbei wird dadurch die Option auf drei Sitze im Fahrerhaus möglich. Verlängerte Schraubenfedern an der Vorderachse sorgen dafür, dass die Unimog-Besatzung komfortabler durchs Gelände „reist“, wozu auch die jetzt leistungsfähigere Heizung und Klimaanlage beitragen. Antriebsseitig setzt Mercedes auf den 230 PS starken OM 934, der um drei Prozent sparsamer mit dem teuren Dieselkraftstoff umgehen soll als sein Euro-5-Vorgänger. Um den 900 Nm starken Vierzylinder inklusive der platzraubenden Euro-6-Technik unter die „Haube“ zu bringen, griffen die Ingenieure tief in die Trickkiste: Sie versetzten den Motor um exakt einen Meter nach hinten und montierten die Kabine ein paar Millimeter höher. Unter der charakteristischen Stummelhaube ist daher nur noch die Motorkühlung zu finden. Das Mittelmotorkonzept ermöglicht zusätzlich einen direkten Geräteabtrieb vom Motor und soll dem „Mog“ durch die bessere Gewichtsverteilung noch bessere Geländeeigenschaften verleihen. U 216 und U 218 ersetzen den U 20Weniger fürs Gelände als vielmehr für kommunale Einsätze sind die leichteren Unimog-Brüder konstruiert. Neu entwickelt wurden die Einstiegsmodelle U 216 und U 218, die an die Stelle des bisherigen „Frontlenker-Modells“ U 20 treten. Die neuen „Kleinen“ verfügen über die bewährte Freisichtkabine der größeren Unimog-Geräteträger, die durch ihre Panoramascheibe, die tief gezogenen Seitenscheiben und die steile Motorhaube eine optimale Rundumsicht gewährleistet. Die Übersichtlichkeit weiter verbessern sollen die bei der neuen Generation nun oberhalb der Windschutzscheibe angeschlagenen Scheibenwischer. Wer noch mehr Sicht braucht, dem bietet Mercedes optional ein Frontkamera-Monitorsystem, das vor allem das Ankoppeln von Geräten vereinfachen soll. Auch die Vario-Lenkung, die das Verschieben von Lenkrad und Pedalen auf die Beifahrerseite ermöglicht, ist jetzt für die Einstiegs-Unimog zu haben. Angetrieben werden die vom 5,1-l-Vierzylinder mit 156 oder 177 PS, der auch im frisch renovierten Atego werkelt. Mehr Leistung bieten die schwereren Modelle. Topmotorisierung ist der 7,7-l-Sechszylinder mit 299 PS, der 1200 Newtonmeter an die Antriebsräder schickt – mehr als je zuvor in einem Serien-Unimog. Dagegen verfügen alle „Geräteträger“ über den neuen hydrostatischen Fahr-antrieb, der den Wechsel von Hydrostat zum automatisierten Achtgang-Schaltgetriebe ohne den bisher obligatorischen Stopp ermöglicht. Der Hydrostat-Modus erlaubt maximal Tempo 50, der Wechsel zum Automatikgetriebe erfolgt auch hier ab sofort über den neuen Lenkstockhebel. Auch beim Thema Hydraulik legten die Mercedes-Entwickler nach: Die Leistungshydraulik „Vario Power“ verfügt nun über zwei Kreise mit 125 Litern Hydraulikdurchfluss und 280 bar Druck. So lassen sich mehrere Arbeitsgänge gleichzeitig erledigen und bisherige Aufsteck-Pumpen oder Diesel-Aufbaumotoren werden verzichtbar, was neben Diesel auch Bauraum und Gewicht spart. Womit die Entwickler auch hier die drei Hauptprobleme von Euro 6 gelöst haben. Einen Haken hat die Sache allerdings: Die ab Mai bestellbaren Euro-6-Unimog und -Econic werden bis zu neun Prozent teurer. ❙❚■ Jan Burgdorf Beim schweren Unimog wurde der Motor um einen Meter nach hinten versetzt Interview Frischzellenkur für die Spezialisten Der Director Design Vans and Trucks, Kai Sieber, erklärt, worauf es bei der Überarbeitung von Econic und Unimog ankam.Mit Euro-6-Motoren kommt bei Econic und Unimog auch eine neue Optik. Lohnt sich das bei den Stückzahlen überhaupt?Kai Sieber: Natürlich. Denn viele Komponenten können wir eins zu eins aus den neuen Actros, Antos und Arocs übernehmen. Dazu gehören beispielsweise Lenkrad, Instrumente oder Taster. Das wiederum erleichtert auch den Einkauf und die Logistik im Werk Wörth! Außerdem sollte man die technischen Highlights unter der Hülle auch sichtbar machen.Darum wurde der Econic stark überarbeitet?Kai Sieber: Ja und das hat richtig Spaß gemacht: Denn die Sonderfahrzeuge bilden eine eigene Business-Unit, die sehr flexibel und stolz auf ihre Produkte ist. Außerdem erhielt der Econic schon zwei kleinere Facelifts. Da war es an der Zeit, stärker einzugreifen.Auf was legten sie dabei den Fokus? Kai Sieber: Auch hier orientierten wir uns an der neuen Truck-Familie. Das heißt, dass der Econic hochwertiger und emotionaler werden sollte. Seine kubische Grundform ist zwar ein zeitloser Klassiker, aber schon der höhere Kühlluftbedarf bedingte einen größeren Grill. Das nutzten wir gleich, um die Wertigkeit zu erhöhen.Wie darf man sich das vorstellen? Kai Sieber: Grill, Stoßfänger und Seitenteile konnten wir neu gestalten. Überall haben wir mehr Volumen hineingelegt und die Fugen reduziert. Der Grill schließt wie beim Actros bündig mit den Seitenteilen ab. Die dort eingelassenen Scheinwerfer sind jetzt einfach tauschbare Standardscheinwerfer, um die Servicefreundlichkeit zu erhöhen. Die sind jetzt wie beim Actros senkrecht angeordnet, darunter sitzt dessen Tagfahrlichtstreifen. Das verleiht dem Econic jetzt viel mehr Emotionalität. Wurde auch der Innenraum geändert? Kai Sieber: Wir haben zwar den Grundträger übernommen, aber das Funktionsteil komplett neu gestaltet. Wie gesagt: Instrumente, Lenkrad und Taster stammen aus dem Actros und die runden Lüftungsdüsen verwenden wir bei den PKW. Aus dem Antos übernahmen wir die Zweifarbigkeit des Interieurs mit dem schwarzen Cockpit, das in einen grauen Grundträger eingebettet ist. Dadurch wird der Econic auch innen viel emotionaler.Interessiert das die Kunden überhaupt? Kai Sieber: Sicher. Gerade im Entsorgungsbereich arbeitet oft ein ganzes Team den ganzen Tag mit diesem Auto und verbringt entsprechend viel Zeit dort. Entsprechend sauber werden diese Fahrzeuge gehalten. Da kann ein hochwertiges Interieur die Arbeit nur angenehmer machen! Der wirtschaftliche Vorteil liegt darüber hinaus in den Komponenten begründet, die tausendfach in den Lkw aus der Großserie erprobt sind.Was war beim Unimog die größte Herausforderung? Kai Sieber: Beim Geräteträger musste das Sichtfeld auf die Vorbaugeräte erhalten bleiben. Gleichzeitig vertrieb der erhöhte Kühlluftbedarf der Euro-6-Motoren viele Nebenaggregate wie zum Beispiel die Klimaanlage aus dem Motorraum. Wir brauchten dort mehr Platz.Wie haben Sie den geschaffen? Kai Sieber: Bisher hatten wir eine erhöhte Haube über zwei eher flachen Kotflügeln. Wegen der riesigen Freisichtkabine mit den großen Glasflächen nannten wir den Geräteträger deshalb liebevoll „Puck, die Stubenfliege“. Bei der neuen Generation haben wir den Spieß umgedreht: Die Haube blieb, aber seitlich zogen wir die Kotflügel nach oben. So behielten wir die Sicht auf die Anbaugeräte und schufen Platz für die Nebenaggregate. Ein neues Dachmodul nimmt die Scheibenwischer auf, was die Sicht noch weiter optimiert. Und die großflächigen Scheinwerfer ersetzten wir durch die runden Standardleuchten wie beim Econic.Haben Sie das Interior überarbeitet? Kai Sieber: Sicher. Auch hier ging es wieder um die Gleichteilenutzung mit der Lkw-Familie. Das betrifft beim Unimog das Lenkrad, die Taster, den Handbremshebel und die Mittelausströmer. gs

Mercedes Econic und Unimog Euro 6

Lieferkettengesetz

Transfrigoroute-Branchendialog

MEISTGELESEN

ADAC-Studie: Parkplatzmangel wegen Lkw-Falschparkern?

EU-Verkehrsminister einigen sich auf neue Lkw-Maße und Gewichte

Markteintritt aus China – Der Superpanther eTopas 600 unter der Lupe

NEWSLETTER