"Lösungen in verschiedene Richtungen spezialisiert"

Bei den Konzepten für die automatisierten Prozesse im automatisierten Behälterlager kommen anstelle von Regalbediengeräten (RBG) zunehmend Shuttle-Systeme beziehungsweise Mischformen zum Einsatz. Welche Faktoren sehen Sie als Treiber für diese Entwicklung? Die sind vielfältig. Einerseits sorgt etwa der Internethandel für ein stetig wachsendes Artikelspektrum und zunehmend kleinteiligere Sendungen. Damit verbunden sind gesteigerte Intralogistik-Anforderungen bei der Kommissioniereffizienz, die mit neuen Lager- und Logistikkonzepten abgedeckt werden. Parallel dazu muss der technologische Hintergrund betrachtet werden. Mastgebundene RBG sind schon lange am Markt und daher weitestgehend optimiert. Da sind keine revolutionären Neuerungen zu erwarten. Anders bei den Shuttle-Systemen. Im Laufe der letzten etwa 15 Jahre haben fast alle etablierten Intralogistikanbieter diese Technik in ihr Portfolio aufgenommen. Sie haben in diesem Zeitraum sukzessive das Optimierungspotenzial der zunächst noch jungen Technologie genutzt und zusätzlich ihre Lösungen weiter in verschiedene Richtungen spezialisiert. Daneben bieten die im Vergleich mit RBG deutlich flexibleren Shuttle-Lösungen den Nutzern die Möglichkeit, sich besser auf eine zunehmende Ungewissheit über die zukünftige Entwicklung des eigenen Geschäfts einzustellen.Welche systemischen Unterschiede markieren die grundlegenden Unterschiede zwischen RBG- und Shuttle-bedienten Anlagen?Sofern die Shuttle-Fahrzeuge nicht ebenen- oder gassengebunden sind, zählt dazu insbesondere die höhere Skalierbarkeit, die Shuttle-Systeme im Lagerkubus bieten. Durch mehr Fahrzeuge entsteht zudem eine höhere Redundanz. Allerdings ist dadurch die Prozesssteuerung bei Shuttle-Systemen gerade in Bezug auf eine sequenzierte Auslagerreihenfolge deutlich komplexer. Dabei entstehende Zeitverluste müssen bei der Systemauslegung berücksichtigt werden. Die Leistung des Gesamtsystems ist also nicht die Summe der Einzelleistungen der eingesetzten Fahrzeuge. Überdies ist der Stahlbau bei Shuttle-Lösungen aufwändiger und entsprechend mit höheren Investitionen verbunden. Dafür sind Shuttle-Lösungen flexibler an vorhandene Gebäudestrukturen anpassbar.Für welche Anforderungen würden Sie eher RBG- beziehungsweise Shuttle-bediente Anlagen empfehlen?Da lässt sich aufgrund der Vielfalt an technischen Ausprägungen keine pauschale Aussage treffen. Tendenzen lassen sich aber mithilfe der logistischen Leistungsdichte verdeutlichen. Sie referenziert den Durchsatz im Verhältnis zur Kapazität. Danach sind Lösungen mit gassengebundenen Einebenen-Shuttles vorteilhaft bei hoher Leistungsdichte und Mehrebenen-Shuttles sowie gerade Shuttle-Systeme mit Gassenwechsel Erfolg versprechend bei geringer Leistungsdichte. RBG-Lösungen sind dazwischen angeordnet und auch vorteilhaft bei konstanten Durchsatzanforderungen. Beide Anlagenkonzepte haben also auch künftig ihre Berechtigung.Welche Entwicklungstendenzen sehen Sie bei den Shuttle-Systemen für das automatische Kleinteilelager?Es sind, wie gesagt, bei den Systemkonzeptionen zwischen den Anbietern zunehmend Spezialisierungen zu konstatieren. Deren Grundtendenzen sind zum Beispiel schlanke und kostengünstige Fahrzeuge, höhere Lastgewichte oder mehr Freiheitgrade: Fähigkeit zum Gassenwechsel, selbstständiger Ebenenwechsel ohne Lift ...Werden wir demnächst Shuttles im Markt sehen, die sowohl im automatische Kleinteilelage arbeiten als auch den Transportweg im Lager übernehmen?Das ist tatsächlich eine Entwicklungsrichtung, mit der wir uns am IML auch seit einigen Jahren mit einem großen Versuchsstand beschäftigen. In einer anderen Ausprägungsform als schienengebundene Lösung ist so etwas auch schon am Markt verbreitet. Vorteile entstehen dabei zum Beispiel durch die Reduktion von Schnittstellen. Insbesondere sinnvoll kann das sein für geringere bis mittlere Durchsätze etwa bei der Produktionsversorgung, wo auch höhere Distanzen zu überbrücken sind.Lösungen ohne Schiene sind zwar flexibler in den Fahrwegen, aber wegen zusätzlicher Anforderungen an Fahrwerk, Energiespeicher und Sicherheitssensorik aus Kostensicht kritischer. Bei hochperformanten Anforderungen wie beispielsweise in Distributionszentren sehe ich Lösungen, die aus dem Lager herausfahren, gegenwärtig allerdings nicht.

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