Koalitionsarbeitsgruppe skeptisch über Bahn-Börsengang mit Gleisnetz

02.06.2006 09:33 Uhr
Bahn
© Foto: ddp

Experten von Union und SPD befürchten zusätzliche Haushaltsrisiken für den Bund

Berlin. In der großen Koalition wächst die Skepsis gegenüber einem von der Deutschen Bahn geforderten Börsengang mit Schienennetz. Zahlreiche Haushaltsrisiken einer solchen Teilprivatisierung der DB AG müssten noch überprüft werden, stellten Haushaltsexperten von CDU/CSU und SPD am Donnerstagabend in einer kleinen Koalitionsrunde fest. Auch müsse "gewährleistet sein, dass die Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat über einen angemessenen Einfluss verfügen", heißt es in einem gemeinsamen Papier der Haushaltsgruppen. Die Union folgte damit weitgehend einer kürzlich bekannt gewordenen SPD-Vorlage. Verkehrspolitiker beider Fraktionen hatten schon seit längerem große Vorbehalte gegen den geplanten Börsengang mit Schienennetz angemeldet. Der Haupteinwand ist, dass der "integrierte Börsengang" mit Netz nicht sicherstelle, dass die DB ihren Konkurrenten einen diskriminierungsfreien Zugang gewährleiste. Ein Problem könnte sein, dass bei Unternehmenszukäufen des Logistikanbieters DB der Bund mit seinen 51 Prozent Anteilen bei einer Kapitalerhöhung mitgehen müsste. "Es ist sicherzustellen, dass sich daraus keine zusätzlichen Haushaltsrisiken für den Bund ergeben", heißt es in dem Papier. Ferner sei zu beachten, dass die Logistiksparte schlechter laufe als erwartet. Die Bundesregierung hätte damit als Mehrheitsaktionär bei einer Unternehmenskrise eine politische Verantwortung zu übernehmen, die weit über die grundgesetzliche Infrastrukturverantwortung hinausginge. Schwer kontrollierbar erscheine auch die Verwendung der geplanten Baukostenzuschüsse des Bundes an die Eisenbahnstruktur von 25 Milliarden Euro über zehn Jahre. Diese Zahlen, die im Rahmen einer Finanzierungsvereinbarung von Bund und Bahn geleistet werden sollten, seien auch im Zusammenhang mit weiteren Zahlungen des Bundes zu sehen, zu denen der Bund verpflichtet sei. Für die Betreiber der Bahn könnte es nahe liegend sein, die laufende Instandhaltung, die von der Bahn selbst bezahlt werden muss, zu vernachlässigen und stattdessen die Anlagen auf Kosten des Bundes zu ersetzen. Vor einer Entscheidung solle außerdem bekannt sein, wie hoch der Anteil des Bundes an den Privatisierungserlösen der DB AG ist und wie die Einnahmen im Bundeshaushalt verwendet werden. Andererseits müssten beim Trennungsmodell – das Netz wird aus der zu privatisierenden Bahn abgetrennt und in Bundeshoheit übergeben – die Kosten der Abspaltung ermittelt werden. Am Donnerstagnachmittag hatte im Bundestag zuvor eine weitere Expertenanhörung stattgefunden, die erneut zu Gunsten der Trennung von Bahnbetrieb und Gleisnetz ausging. (dpa/stb)

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