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Interview: Warum gehen so viele Mittelständler pleite?

24.03.2014 12:09 Uhr
Hans-Peter Burghardt
Hans-Peter Burghardt war auch Sachverwalter der Nord-Süd-Spedition
© Foto: LTS

Hans-Peter Burghardt, Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer beleuchtet das Thema Insolvenzen bei mittelständischen Speditionsunternehmen.

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Wirtschaftlich geht es aufwärts. Trotzdem haben aktuell einige namhafte mittelständische Speditionsunternehmen Insolvenz angemeldet. Sind das Einzelfälle oder ist das der Anfang einer größeren Insolvenzwelle, die auf Speditionen zurollt?

Ich denke nicht, dass es hier zu größeren Verwerfungen kommt. Entsprechende Auffälligkeiten sehe ich in dieser Branche derzeit nicht, wobei der Speditionsmarkt schwierig ist. Allerdings macht es das seit 1. April 2012 geltende Insolvenzrecht Firmen in einer bestimmen Betriebsgröße leichter, die Insolvenz zur Sanierung zu nutzen. 

Gleichwohl trifft die Insolvenz seit Jahren vermehrt den angeblich so gesunden Mittelstand.  Was sind denn typische Fehler, die gerade Mittelständlern unterlaufen?

 Die häufigste Insolvenzursache ist, dass sich die Firmen zu wenig auf sich verändernde Märkte einstellen. Heute muss ein Unternehmer das Ohr ganz brutal am Markt haben und auf die Bedürfnisse der Kunden Rücksicht nehmen. Verschläft er da Entwicklungen und maßgebliche Trends, ist das meist der Anfang vom Ende. Außerdem sind viele Speditionen von wenigen Auftraggebern abhängig. Verlieren sie nur ein Unternehmen, wird es für viele eng.  

Würden Sie also soweit gehen, dass die Firmen an ihrer Pleite selbst schuld sind?

 Früher, als der Markt noch nicht liberalisiert war, war das Transportgeschäft eine Lizenz zum Gelddrucken. Das ist heute nicht mehr so. Heute ist der Wettbewerbsdruck durch die Öffnung der Grenzen nach Osteuropa für das deutsche Gewerbe eine Herausforderung. Dazu kommt, dass mittlerweile jede Firma, auch der Kunde, unter Kostendruck steht. Mit der Folge, dass die Nachfrage nach Transportleistungen zwar nach wie vor hoch, der Preisdruck aber immens ist. Und das ist für viele ruinös. Es gibt aber durchaus Unternehmen, die sich auf diese gestiegenen Anforderungen einstellen, etwa durch Ausflaggen ihres Fuhrparks und dadurch, dass sie ihre Kosten optimieren.

Welche Warnsignale sollten einen Spediteur vor seiner Zahlungsunfähigkeit hellhörig werden und handeln lassen?

Ein typisches Anzeichen von Liquiditätsschwäche ist, dass langjährige Skonto-Zahler zum Zahlungsziel-Zahler werden und Rechnungen später begleichen. Die nächste Stufe ist, dass sie ihre Zahlungsziel-Fristen überschreiten und zum Beispiel ihren Kontokorrentkredit ausreizen. Ein wichtiges Warnsignal ist zudem, wenn die Warenkreditversicherungen Haftungslimite absenken. Auch über Auskunfteien, etwa über Creditreform, erhält man Informationen, wie ein Unternehmen bewertet wird. Das sind alles kleine Mosaiksteine, die aber in Summe ein aussagekräftiges Bild ergeben.  

Welche Schritte sollte ein Spediteur dann dringend einleiten und welche prioritär?

Zunächst muss er alle Refinanzierungsmöglichkeiten ausschöpfen. Im letzten Schritt sollte er durchaus das neue Insolvenzrecht nutzen. Dank dessen Reform birgt dieses interessante Möglichkeiten zur Betriebssanierung. So wird ein Unternehmer heute bei Insolvenz nicht mehr zwingend entmachtet, sondern kann den Insolvenzprozess gestaltend begleiten. Er muss also nicht befürchten, dass ein Insolvenzverwalter seinen Betrieb ohne seine Abstimmung veräußert.

Und was raten Sie einem Unternehmen,  wenn es offene Forderungen gegenüber einem angeschlagenen Kandidaten hat?

Das ist ein sehr heikles Thema und muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden. Im Idealfall sollte sich ein Unternehmer hier aber eine Obergrenze setzen, die im Ernstfall für ihn finanziell verkraftbar wäre, und auf die Zahlung dieser Summe drängen. 

Das Gespräch mit Hans-Peter Burghardt führte VR-Redakteurin Eva Hassa.  

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