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Interview mit Stefan Rommerskirchen: "2010 geht es wieder aufwärts"

30.04.2009 16:59 Uhr
Stefan Rommerskirchen
Stefan Rommerskirchen, Geschäftsführer der ProgTrans AG
© Foto: ProgTrans AG

Interview mit dem „Prognose-Papst“ Stefan Rommerskirchen, Geschäftsführer der ProgTrans AG

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Bedeutet die Wirtschaftskrise das Ende der Globalisierung? Welche Folgen hat der radikale Abschwung für die Transportwirtschaft? Und wann ist die Talsohle durchschritten? Ein Exklusiv-Interview mit Stefan Rommerskirchen, Geschäftsführer und Mehrheitsaktionär der ProgTrans AG in Basel. Rommerskirchen erstellt und betreut seit mehr als zwei Jahrzehnten Prognosen zum Güterverkehr. Er gilt daher in der Branche auch als der „Prognose-Papst“. VerkehrsRundschau: Muss sich die Wirtschaft und damit auch der Güterverkehr von den hohen Wachstumsraten der vergangenen Jahre verabschieden? Rommerskirchen: Zumindest vorübergehend. Die Krise beeinflusst die Nachfrage nach Güterverkehrsleistungen allerdings nur unterproportional. Was heißt vorübergehend? Es gibt ja Leute, die von der Krise vergleichsweise wenig betroffen sind, und andere, die erste Silberstreifen am Horizont sehen. Ich will das genauso wenig überinterpretieren wie die vielen Negativ-Einschätzungen. Ich gehe davon aus, dass es 2010 wieder aufwärts geht. Hoffnungen auf eine Wende noch 2009 bestehen also nicht? Ich habe den Eindruck, dass das finsterste Tal der Tränen das 4. Quartal 2008 und das 1. Quartal 2009 waren. Wenn dem so wäre, würde ich nicht ausschließen, dass zumindest branchenweise der Negativtrend schon im Herbst des Jahres 2009 gestoppt wird. Bedeutet die derzeitige Wirtschaftskrise das Ende der Globalisierung? Nein. Wir haben aus meiner Sicht langfristig keine Alternative zu einer internationalen und zunehmend auch globalen Arbeitsteilung. Aber Deutschland hat hier bereits ein sehr hohes Niveau erreicht, vor allen, was die Außenorientierung betrifft. Da fallen dann die Wachstumsraten im Zeitablauf immer geringer aus, wobei wir immer noch über Wachstum reden. Dass der Zeiger, wie derzeit manche sagen, von den bisher erwarteten Wachstumsphaden deutlich nach unten abweicht, halte ich für unwahrscheinlich. Das Vorzeichen steht weiterhin Richtung internationale Arbeitsteilung, und Deutschland wird daran massiv beteiligt sein. Was stimmt Sie so optimistisch? Die Erfahrung aus der Vergangenheit. In einer wachsenden Gesamtweltbevölkerung schreitet die Integration trotz Anpassungsprozesse in großen Teilen der Erde voran. Das prognostizierte Wachstum der Weltbevölkerung wird sich nicht nennenswert umkehren. Wenn dann im Jahr 2050 mehr als 9 Milliarden Menschen statt heute 6,8 Milliarden auf der Erde zusammenleben wollen, müssen sie auch zusammen arbeiten. Und zusammen arbeiten heißt, dass wir uns weltweit in der Produktion, den Absatz- und Beschaffungsmärkten die Arbeit teilen. Deutschland wird dabei sein, und das bedeutet Wachstum. In Ihren Langzeitprognosen - erstellt noch vor der Finanzkrise – sagen Sie vorher, dass das Außenhandelsvolumen aller EU-Länder zwischen 2007 und 2050 um das 1,5-fache steigen wird. Haben Sie sich angesichts des derzeitigen Erdrutsches bei den Exporten und Importen verspekuliert? „Verspekuliert“ wäre das völlig falsche Wort. Wenn man Einschätzungen über einen derartig langen Zeitraum macht, ist sich jeder Prognostiker bewusst, dass er sich eher an Entwicklungstrends der Vergangenheit orientiert als an denjenigen in der Zukunft, und er versucht, äußere Rahmenbedingungen und deren Veränderungen möglichst gut einzufangen. Das ist keine Spekulation, sondern solides Handwerk. Bei diesem Handwerk ist jedem bewusst, dass es Einflussfaktoren geben wird, die nicht vorhersehbar sind. Die heutige Ausstattung der Bevölkerung mit Personal Computern und Handys, die Möglichkeiten, die das Internet bietet: Das hätte vor 40 Jahren - und über so einen Zeitraum sprechen wir ja - kein Mensch erwartet. Natürlich ist die derzeitige Entwicklung ein Dämpfer. Ich denke, dass die relativ hohen Wachstumsraten, die vor etwa drei, vier Jahren als Langfrist-Wachstumsraten gesehen wurden, etwas zu hoch gegriffen waren. Aber ich glaube, dass der Grundsatzpfad erhalten bleibt. Und so hart es klingen mag: eine Rezession ist nicht nur einfach eine Begleiterscheinung unseres Wirtschaftssystems, sie ist offensichtlich auch notwendig. Wieso? In Wachstumsphasen vergessen wir häufig, den Baum zurecht zu stutzen. Ein Förster käme nie auf die Idee, großen Wildwuchs zuzulassen. In der Wirtschaft lassen wir das aber zu. Umso härter fallen die Bereinigungsprozesse aus. Die künstlich geschaffenen Produkte in den Finanzmärkten waren nichts anderes als das permanente Aufblasen des Luftballons in der Hoffnung, die dünne Haut halte ewig. Das war ein Trugschluss. Solche Bereinigungsprozesse gehören ganz offensichtlich zu unserer Art des Wirtschaftens dazu, und zwar nicht nur auf den Finanzmärkten, sondern auch in allen anderen Wirtschaftszweigen. Leider herrscht die Mentalität vor, es gehe in Zukunft immer so weiter wie gerade jetzt. In Phasen der Hochkonjunktur stellt man sich also nicht auf niedrigere Produktions- und damit Transportmengen ein. Wenn dann die Friktionen zu groß werden, erleben wir Einbußen und damit eine Rezession, die aber eben nichts anderes ist als ein Anpassungs- oder Bereinigungsprozess nach einer Phase des Wachstums, begleitet von Wildwuchs.

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