Interview der Woche

Interview der WocheWas raten Sie der Politik?Herr Short, Sie haben jahrelang die internationale Verkehrspolitik beobachtet. Wer ist Ihnen als herausragender Verkehrspolitiker in Erinnerung geblieben?Einer der eindrucksvollsten Verkehrspolitiker war Camiel Eurlings, von 2007 bis 2010 Minister in den Niederlanden. Er war sehr gut darin, sich mit seinen Kollegen auszutauschen, dabei äußerst engagiert, was internationale Kooperationen betraf. Auf Platz 1 würde ich jedoch den Schweizer Moritz Leuenberger setzen. Er verfolgte eine gradlinige und kontinuierliche Verkehrspolitik. Leuenberger zeigte musterhaft, wie man für seine Politik die Unterstützung der Öffentlichkeit bekommt, um sie dann auch in die Praxis umzusetzen. Einige der Weltverkehrsforums-Teilnehmer haben gefordert, Transport zu reduzieren. Sehen Sie hier Ansätze? In speziellen Fällen mag dies möglich sein, generell lässt es sich nicht darstellen. Man kann in einzelnen Bereichen gegensteuern, im Warenverkehr die LKW-Ladungen auf die Schiene bringen oder im städtischen Verkehr mehr Leute motivieren, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Aber das wird immer nur punktuell wirken und den Trend, den die treibenden Kräfte Wirtschaft und Gesellschaft setzen, nicht aufhalten. Güter von der Straße auf die Schiene zu bringen, wird gerne sozusagen als Allheilmittel aus der Tasche gezogen.Darüber reden wir seit 30 Jahren. Doch sehen Sie sich ein Land wie Frankreich an. Dort setzt man immer wieder Ziele, den Güterverkehr auf der Schiene zu verdoppeln. Jedes Mal, wenn man eine neue Vorgabe macht, passiert das Gegenteil. Man kann mit Hoffnungen und guten Wünschen keine Verkehrspolitik betreiben. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Eisenbahn leistungsfähig zu machen und Straßenverkehr zu verteuern. Nur so wird man mehr Güter auf die Schiene bekommen. Sie haben gestern einer Kollegin aus Bangalore Ratschläge für die Verkehrspolitik der indischen Großstadt gegeben. Haben Sie auch Tipps für die deutsche Politik parat?Oh, das ist nicht so einfach, nein, sogar viel komplizierter. Die Verkehrspolitik ist sehr gut. Sie haben Fahrradwege, gute Nahverkehrssysteme, in Deutschland wurde auch viel Geld in die Infrastruktur investiert. Das ist vielleicht das Problem. Man hat jetzt nicht genug Geld, um das System zu erhalten. Also mir fallen keine großen Ratschläge ein. Es sind eher kleinere Dinge. Wir freuen uns auch über kleine Ratschläge. Beispielsweise ein Tempolimit. Das wäre eine Signalwirkung für die Autoindustrie. Eventuell könnte man bei der Bahn mehr privatisieren. Aber das Thema wird ja sehr kontrovers diskutiert. Ich glaube, dass eine Privatbahn besser arbeitet. Für mich persönlich legt man in Deutschland den Schwerpunkt zu sehr auf E-Mobilität. Es ist ein wichtiger Baustein, aber nicht die magische Lösung. Aber das weiß die deutsche Verkehrspolitik. Wahrscheinlich ist es eine Schaufenster-Politik – weniger relevant für die Umwelt als für die deutsche Industrie. Sie haben die Verkehrspolitik über einen langen Zeitraum hinweg beobachtet. Was waren die größten Veränderungen?Transport ist immer besser geworden – und auch sicherer, wir konnten die Luftverschmutzung reduzieren, wir haben die Transportgeschwindigkeit erhöht. Reisen ist heute komfortabler und verlässlicher geworden. Die Transportsysteme müssen natürlich noch besser werden. Unsere größte Herausforderung wird sein, den CO2-Ausstoß zu begrenzen. ❙❚■ Birgit BauerJack ShortDer Ire kam 1984 zum Weltverkehrsforum beziehungsweise zu dessen Vorgängerorganisa-tion. Seit 2001 ist er General-sekretär. Davor arbeitete er für das Verkehrs- und das Finanzministerium von Irland. Short war früher Cricket-Nationalspieler für Irland und Frankreich.Nachgefragt beiJack Short übergibt sein Amt Das Weltverkehrsforum fungiert mit seinen 52 Mitgliedstaaten als strategische Denkfabrik für die Verkehrspolitik und veranstaltet jährlich ein Gipfeltreffen der Minister in Leipzig. Viele Jahre wurde das Weltverkehrsforum von General-sekretär Jack Short geleitet, einem ausgewiesenen Verkehrsexperten. Im Juli übergibt er sein Amt an die Belgierin Carole Coune. bbum was es geht

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