Interview: Im Zweifel den Großauftrag sausen lassen

Worauf sollten Spediteure achten, die einen Großauftrag angeboten bekommen? Zunächst einmal sollten Sie sich nicht dem Zeitdiktat des Kunden unterwerfen. Nehmen Sie sich die Zeit, den Vertrag genau zu prüfen. Sagen Sie im Zweifel lieber:"Wir können das zwar, aber erst in drei Monaten." Auch bei einem attraktiven Großauftrag sollten Sie eine ordentliche Vorkalkulation durchführen. Prüfen Sie zum Beispiel, was Sie an Wechselbehältern, Ladungsträgern, IT-Schnittstellen et cetara benötigen. Außerdem sollten Sie ein Template für die Nachkalkulation erstellen. Wo können Risiken liegen, wenn ein Großkunde anklopft? Ein Großauftrag kommt in der Regel von einem großen Unternehmen, und das ist der mittelständische Dienstleister oft nicht gewohnt. Hier droht ein richtiger Kulturschock, etwa wenn Verträge plötzlich auf Englisch sind und ein anspruchsvolles Reporting gefordert wird. Großauftraggeber versuchen zudem oft, einen niedrigen Preis schnell durchzudrücken. Dann heißt es:"Wir brauchen Ihre Antwort bis Freitag." Wer darauf eingeht, reduziert sich selbst auf den Preis. Besser wäre es, sich mit dem Kunden persönlich zu treffen und zu erklären, was man Besonderes bieten kann - und sei es nur, dass man mit dem eigenen Namen für Qualität einsteht. Also selbstbewusst bleiben? Ja, und vor allem nicht von großen Namen blenden lassen. Wir stellen in der Nachkalkulation häufig fest, dass Speditionen die größten Verluste mit A-Kunden machen. Um sagen zu können:"Ich fahre für ...", hat man sich auf unwirtschaftliche Aufträge eingelassen und konzentriert seine Ressourcen so auf das Falsche. Selbst große Dienstleister begehen mitunter diesen Fehler. Also im Zweifel den Großauftrag sausen lassen? Wir würden oft dazu raten. Je größer der Abstand zu Ihrem normalen Geschäft, desto mehr sollten Sie Ihre Ohren aufstellen. Fragen Sie sich: Habe ich die Führungskräfte, die IT und die Anwälte, um diesen Auftrag zu stemmen? Kann ich das wirklich? Aber die ehrliche Antwort darauf wollen viele nicht hören.