Gut gebaut

Erfüllt die Anforderungen an nachhaltiges Bauen: Das neue Logistikcenter der Group7Gut gebautModerne Logistikimmobilien sind nachhaltig. Das senkt die Betriebskosten, erhält den Wert und hebt das Image umweltorientierter Kunden –höhere Mieten wollen aber nur wenige Nutzer in Kauf nehmen. Selbst an den wenigen heißen Tagen des Sommers 2009 kamen die Mitarbeiter der Spedition Group7 im Immogate Logistikcenter in Schwaig nicht ins Schwitzen: Auch bei Außentemperaturen von über dreißig Grad war die Halle angenehm temperiert – und zwar ohne zusätzliche Kühlung, allein aufgrund der guten Dämmung von Wand und Decke. Die sorgt in Kombination mit dem durchdachten Heizsystem dafür, dass sich auch in der kalten Jahreszeit die Energiekosten in Grenzen halten. Beheizt werden nur jene Zonen, in denen kommissioniert wird. Lichtbänder in der Decke lassen das Tageslicht herein und reduzieren die Strom-Nebenkosten ebenso wie das Energiemanagement zur Vermeidung von Stromspitzen. Im Dezember 2008 bezog der Logistikdienstleister Group7 einen Teil des 26.000 Quadratmeter großen Gebäudes mit Büro- und Logistikflächen in der Nähe des Münchner Flughafens. Neben der energieeffizienten Bewirtschaftung stand auch das ressourcenschonende Bauen im Vordergrund, was sich deutlich an der Auswahl gut recycelbarer Baumaterialien zeigt. Mit dem hohen Anspruch an die Nachhaltigkeit erfüllt der Immobilienentwickler Immogate offenbar auch die Kriterien für das Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB, siehe Kasten). Denn das Logistikcenter in Schwaig ist eines von drei Pilotprojekten in der Kategorie Industrie- und Gewerbebau, die am 6.10.2009 auf der Immobilienmesse ExpoReal in München offiziell zertifiziert werden sollen. „In Zukunft werden immer mehr Kunden einen Carbon Footprint für ihre Produkte erstellen“, erklärt Günther Jocher, gleichzeitig Vorstand der Immogate AG und der Group7 AG. Vom Logistikdienstleister werden daher Angaben zu den CO²-Verbrauchswerten für Transport, Warehousing und weiteren Dienstleistungen abverlangt. „Ein nachhaltiges Logistikcenter kann einen bedeutenden Beitrag zu einer niedrigen CO2-Bilanz leisten“, glaubt Jocher. Bessere FinanzierungskonditionenDas Nachhaltigkeitssiegel erhalten nur solche Bauten, die bestimmte ökologische, ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigen. Nachhaltig gebaute Immobilien befriedigen nicht nur die Anforderungen ökologisch orientierter Verlader, sondern tragen auch dazu bei, die Betriebskosten zu senken, den Wert des Gebäudes langfristig zu sichern sowie angenehme Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter zu schaffen. Und sie verbessern letztlich auch das Image eines Logistikunternehmens. Dieser Trumpf sticht sogar bei der Finanzierung: „Die Banken dürften das Risiko einer Immobilie mit Nachhaltigkeitssiegel geringer einschätzen, was sich durchaus in besseren Finanzierungskonditionen niederschlagen kann“, erklärt Alexander Schwab. Sein Architekturbüro ASA Alexander Schwab Architekten aus Unterhaching ist auf Büro- und Gewerbeimmobilien insbesondere im Logistikbereich spezialisiert. Schwab ist davon überzeugt, dass sich das DGNB-Siegel durchsetzen wird – und zwar auch gegenüber den bereits existierenden internationalen Umweltstandards für Gebäude. „Die Vorgaben des DGNB-Siegels entsprechen dem Stand der Technik, sie sind sinnvoll und durchwegs zu erfüllen“, bekräftigt der Architekt.Bleibt die Frage nach den Mehrkosten für die nachhaltige Bauweise. Ausgehend von einem mittleren Baustandard nennt Schwab ein Baukosten-Plus zwischen fünf und zehn Prozent als Richtwert. Doch selbst das muss nicht unbedingt sein. „Durch die Komponentenfertigung in eigenen Werken schaffen wir es, zumindest den Bronze-Standard des DGNB-Siegels kostenneutral zu erfüllen“, betont Uwe Brackmann, Geschäftsführer des Bauunternehmens Goldbeck. Ähnlich urteilt Udo Büntgen-Hartmann, Geschäftsführer des Projektentwicklers Alcaro Invest: Da ja in Deutschland auch bisher beim Gewerbebau auf Qualität geachtet wurde, rechnet er nur mit geringfügig höheren Baukosten für nachhaltige Immobilien. „Und die amortisieren sich rasch über die geringeren Nebenkosten. Energie wird schließlich nicht billiger“, erklärt Büntgen-Hartmann.Höhere BaukostenDass sich Nachhaltigkeit positiv auf die Rendite einer Logistikimmobilie auswirkt, unterstreicht auch Thomas Fiebig, Head of Transactions der ING REIM Germany, einem weltweit aktiven Immobilieninvestor, bei dem dieses Thema schon seit einigen Jahren einen hohen Stellenwert genießt. „Wir investieren grundsätzlich nur noch in nachhaltige Projekte, die nicht nur mit niedrigeren Nebenkosten, sondern auch mit einer höheren Flexibilität aufwarten können“, so Fiebig. Dem DGNB-Siegel stehe er daher sehr positiv gegen-über, weil es ein einheitliches und praxisgerechtes Bewertungssystem darstelle. ProLogis, Investor und einer der weltweit führenden Anbieter von Logistikimmobilien, setzt ebenfalls auf Nachhaltigkeit: „Wir investieren unser gesamtes Portfolio nur in nachhaltige Logistikimmobilien, weil sich dies über die von uns angesetzte Nutzungsdauer von 30 bis 50 Jahren ausgezeichnet rechnet“, sagt Christian Bischoff, Managing Director ProLogis Northern Europe. Logistikdienstleister zurückhaltendWie der Kriterienkatalog der DGNB verdeutlicht, ist Nachhaltigkeit nahezu gleichzusetzen mit hohen baulichen und technischen Standards. Daher werden für diese Gebäude höhere Mieten verlangt und auch bezahlt – zumindest von Industrie- und Handelsunternehmen. Die Dienstleister sind dagegen überwiegend noch auf Schnäppchenjagd, wenn es um die Anmietung neuer Flächen geht. Dass bei Transportunternehmen und Speditionen eher ein niedriger Mietpreis im Vordergrund steht, stellt ProLogis-Manager Bischoff fest. „Gerade Kontraktlogistiker weichen gerne auf alte Bestandsimmobilien mit billigen Flächen aus“, hat Udo Büntgen-Hartmann beobachtet. Und noch etwas fällt ihm auf: „Wenn sie moderne Logistik-immobilien mieten, nehmen sie die Vorteile im Hinblick auf Nebenkosten und Unternehmensimage gerne mit, sind aber nicht bereit, dafür mehr Geld auszugeben.“ Thomas Fiebig von der ING REIM moniert ebenfalls, dass die Wünsche der Nutzer an nachhaltige Logistikimmobilien nicht immer mit der Bereitschaft einhergehen dafür auch höhere Mieten zu zahlen.Immerhin: „Die Mietpreise für moderne Logistikimmobilien haben in der aktuellen Krise nicht nachgegeben“, wie Udo Büntgen-Hartmann von Alcaro Invest unterstreicht. Zudem sei der Leerstand bei diesen Immobilien niedrig. Für Goldbeck-Geschäftsführer Uwe Brackmann werden langfristig nur nachhaltige Immobilien gesellschaftlich akzeptiert sein. „Diese Entwicklung wurde durch die Wirtschaftskrise zwar verzögert, aber keinesfalls aufgehalten.“ ❙❚■ Eva Elisabeth Ernst, freie JournalistinHell, hoch, nachhaltig – moderne LogistikhalleChecklisteDas sind – neben der Lage – die wichtigsten Anforderungen an eine werthaltige Logistikimmobilie:Büroanteil maximal zehn Prozent der Grundfläche Erweiterungsflächen vorhanden Hallenhöhe zwischen zehn und zwölf Metern Tragfähigkeit des Bodens > 5000 kg/m²Stützenfreie Konstruktion oder Stützenabstand >12,5 mTeilungsfähigkeit (multiuserfähig)SprinkleranalageSicherheitsschleuseneingeschossige Halleausreichend Rangierflächeausreichend Rampentore (mindestens ein Tor pro 1000 m² Rampenfläche)mindestens ein ebenerdiges Tor pro 10.000 m²zweiseitige Andienung bei Umschlaghallen Noch entsprechen rund 60 Prozent der Gewerbeimmobilien in Deutschland nicht dem Stand der Technik und sind damit auch nicht nachhaltig. Kritisch sind vor allem zu viele Brandwände, geringe Raumhöhen, zu wenig Andockrampen und zu enge Rangierflächen. eeeQualitätskriterien für die moderne LogistikimmobilieDas Deutsche Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat gemeinsam mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung das „Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen“ entwickelt. Das erste Gütesiegel wurde im Januar 2009 auf der Messe BAU 2009 vergeben. Derzeit befinden sich rund 40 weitere Gebäude im Zertifizierungsprozess, da-runter drei Logistikimmobilien. Bei der Entwicklung des Gütesiegels werden rund 50 Kriterien in sechs Themenfeldern bewertet:Ökologie (u. a. Treibhaus-, Ozonschichtabbau und -bildungspotenzial, Flächeninanspruchnahme, Trinkwasserbedarf und Abwasseraufkommen)Ökonomie (gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus, Wertstabilität)Soziokulturelle und funktionale Qualität (u. a. thermischer, akustischer und visueller Komfort, Hygiene, Sicherheit und Störfallrisiken, Umnutzungsfähigkeit)Technik (u. a. Brand- und Schallschutz, Reinigungs und Instandhaltungsfreundlichkeit des Baukörpers, Rückbaubarkeit, Recycling- und Demontagefreundlichkeit)Prozessqualität (u. a. Bauprojektvorbereitung, Baustelle, Bauprozess, Bauausführung und der ausführenden Unternehmen, systematische Inbetriebnahme)Standort (u. a. Risiken und Verhältnisse am Mikrostandort, Verkehrsanbindung, Nähe zu nutzungsspezifischen Einrichtungen)Je nach dem Erfüllungsgrad der vorab definierten Kriterien erhält ein Gebäude das Gütesiegel in Gold, Silber oder Bronze. Weitere Informationen zum Gütesiegel: www.dgnb.deAuf internationaler Ebene gibt es noch weitere Gütesiegel für nachhaltige und/oder umweltfreundliche Immobilien. Die wichtigsten sind:das LEED-Siegel des US-amerikanischen Green Building Councils (www.usgbc.org) der BREEAM-Standard (Environmental Assessment Method) des britischen Unternehmens BRE (www.breeam.org). eeeGold, Silber, Bronze„Zeigen, was heute möglich ist“Peer Witten, Sprecher der Logistik-Initiative Hamburg, erklärt die Hintergründe des geplanten Logistikparks in Hamburg-Bergedorf – Europas erstes nachhaltiges Projekt dieser Größenordnung. Was ist das Besondere am nachhaltigen Logistikpark in Bergedorf?Peer Witten: Es gibt mittlerweile einige Beispiele für Gebäude mit dem Anspruch der Nachhaltigkeit. Doch einen nachhaltigen Logistikpark auf einer Fläche von knapp 30 Hektar gibt es nach unserer Kenntnis in Europa bisher noch nicht. Mit diesem Konzept lassen sich erhebliche Synergien in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht heben. Die Kombination dieser drei Aspekte auf einer Fläche dieser Größenordnung ist das eigentlich Neue. Die Überlegungen gehen beispielsweise dahin, ob Einrichtungen wie ein Blockheizkraftwerk, Kantine, Parkhaus oder Kinderbetreuungsmöglichkeiten gemeinsam betrieben werden können. Wie weit ist das Projekt fortgeschritten?Wir befinden uns noch in der Planungsphase. Konkret führen wir ein so genanntes Markterkundungsverfahren durch, quasi eine Art Ideensammlung, bei der die zuständige Hamburger Finanzbehörde mit dem Bezirksamt Hamburg-Bergedorf die Realisierungsmöglichkeiten und die Interessen an dem Projekt im Markt auslotet. Das Verfahren soll auch Input liefern für die Entscheidung, ob die Stadt oder ein Investor den gesamten Park aus einer Hand entwickelt und bewirtschaftet oder ob Teilflächen einzeln an Investoren vergeben werden. Abhängig von den Ergebnissen des Markterkundungsverfahrens und der weiteren Planung rechnen wir derzeit mit Baubeginn in 2011 oder 2012. Wie hoch wird das gesamte Investitionsvolumen sein?Für das Projekt haben wir noch keine Zahlen. Aber Objekte dieser Größenordnung haben Investitionsvolumina von grob 100 Millionen Euro. Wie groß ist das Interesse potenzieller Investoren und Mieter?Nicht nur bei Immobilienentwicklern, auch bei den künftigen Nutzern, also den Logistik- und Handelsunternehmen, ist die Resonanz durchwegs positiv. Das liegt nicht allein an der Attraktivität Hamburgs, sondern auch daran, dass nachhaltige Logistik ein unumkehrbarer Trend ist: In immer mehr Ausschreibungen für Logistikdienstleistungen spielen Nachhaltigkeitskriterien eine Rolle. Und nicht zuletzt rechnen sich die meist höheren Investitionen in nachhaltige Projekte auch noch, wenn man zum Beispiel die Betriebskosten und den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie betrachtet. Für den Standort selbst spricht die gute Verkehrsanbindung an die Autobahn und den Hamburger Hafen. Natürlich sind in der jetzigen gesamtwirtschaftlichen Situation alle zurückhaltend mit Investitionen. Aber wir sprechen hier ja über ein Projekt, das in zwei bis drei Jahren an den Markt kommen wird. eeeInterviewPeer Witten

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