Grün, digital, aber noch sehr vage

Wieder einmal hätte es besser kommen können für die europäische Verkehrspolitik. Nachdem schon vor fünf Jahren mit der Slowenin Violeta Bulc eine fachfremde Politikerin als Ersatzkandidatin mit dem Amt des EU-Verkehrskommissars beauftragt wurde, wiederholte sich ein ähnliches Szenario jetzt bei dem Team rund um die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Denn die mittlerweile ins Amt eingeführte Nachfolgerin von Bulc, die Rumänin Adina Valean, war bereits die dritte Ersatzkandidatin, die Rumänien für das Amt eines EU-Kommissars vorschlagen musste. Alle anderen Kandidaten waren zuvor entweder vom Europaparlament oder von von der Leyen abgelehnt worden. Die 51-jährige Valean ist also alles andere als eine erste Wahl. Und eine ausgewiesene Verkehrsexpertin ist sie auch nicht. Dafür bringt sie viel Erfahrung als EU-Abgeordnete mit. Seit dem Jahr 2007 gehört die liberal-konservative Politikerin dem Europaparlament ohne Unterbrechung an, hatte in der vergangenen Legislaturperiode den Ausschuss für Umweltpolitik für zweieinhalb Jahre geleitet, war eine der 14 Vize-Präsidenten des Europaparlaments und übernahm im Juli die Leitung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. Durch ihre verschiedenen Aufgaben hatte Valean immer wieder einmal auch mit verkehrspolitischen Themen zu tun. Green Deal der EU gibt die Richtung vor Doch ihre Anhörung vor dem Verkehrsausschuss im Europaparlament im November machte deutlich, dass die Rumänin noch keine Expertin der europäischen Verkehrspolitik ist. Eigene Akzente setzte Valean dort nicht. Programmatisch wiederholte sie in ihren Worten das, was ihre Chefin Ursula von der Leyen als Aufgaben für das Amt des EU-Verkehrskommissars in einem Missions-Brief formuliert hatte. Das gibt zwar schon eine Richtung vor, bleibt aber in vielen Bereichen sehr vage: Das oberste Ziel von Valean soll es sein, den Verkehr in der EU "nachhaltig, sicher, erschwinglich und zugänglich" zu gestalten, wie es in dem Missions-Brief heißt. Ausrichten soll sie sich dabei an den "beiden Zwillingen Klima und Digitalisierung", wie von der Leyen es schreibt. Erste Maßnahmen, den Verkehrssektor umweltfreundlicher zu gestalten, sollen in dem neuen Paket von klimapolitischen Vorschlägen der EU-Kommission, dem "Green Deal", skizziert sein. Dieser Green Deal wird wahrscheinlich im Dezember vorgestellt. Alternative Kraftstoffe sowohl für den Straßen- als auch See- und Flugverkehr sollen gefördert, das Emissionshandelssystem vom Flug- auch auf den Seefahrtssektor ausgeweitet werden. Um fossile Brennstoffe unattraktiver zu machen, soll nach den Vorstellungen der neuen EU-Kommissionschefin an der Steuerschraube gedreht werden. Vernetztes und automatisiertes Fahren sind die genannten Schwerpunkte bei der weiteren Digitalisierung des Verkehrssektors. Valean will beziehungsweise soll auf die Einhaltung des fairen Wettbewerbs achten sowie sich darum bemühen, das transeuropäische Verkehrsnetzwerk zu vollenden. Bei Infrastrukturprojekten soll ein Fokus die bessere Anbindung an die östlichen EU-Nachbarn und die Staaten des Westbalkans ermöglichen. Die Zahl der Verkehrstoten auf Europas Straßen möchte die EU-Verkehrskommissarin weiter senken. "Von zurzeit 25.000 im Jahr auf die Hälfte im Jahr 2030", sagte Valean. Die Blockade der EU-Mitgliedstaaten bei der Einrichtung eines einheitlichen europäischen Luftraums hofft sie, aufheben zu können. Und außerdem müsse die EU daran arbeiten, dass "Europa ein Hub für den weltweiten Verkehr bleibt, sei es im Personenverkehr oder für die Logistik", betonte sie. Viel konkreter wurde sie nicht. Auch als einzelne Abgeordnete nach detaillierteren Maßnahmen oder Vorstellungen fragten, blieb Valean in ihren Antworten vage oder flüchtete sich in Allgemeinplätze. "Keine überzeugende Vorstellung", twitterte deshalb am Ende der Anhörung der grüne EU-Abgeordnete Bas Eickhout. Trotzdem winkte das Europaparlament Valean nach ihrer Befragung im Verkehrsausschuss mehrheitlich durch. Wohl auch, um den schon um einen Monat verspäteten Start der neuen EU-Kommission durch eine Ablehnung oder neuerliche Anhörung nicht noch weiter zu verzögern. Mehr zum Thema finden Sie unter #Verkehrspolitik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Nachdem zuvor zwei Kandidaten aus Rumänien gescheitert waren, gab das Europaparlament Mitte November grünes Licht für Adina-Ioana Valean. Mit einem Monat Verspätung nahm sie Anfang Dezember ihre Arbeit als neue EU-Verkehrskommissarin für Mobilität und Verkehr auf. Die Vorhaben ihrer fünfjährigen Amtszeit werden sich vor allem nach dem EU-Green-Deal bemessen. Vita - Adina-Ioana Valean Die neue EU-Verkehrskommissarin Adina-Ionana Valean wurde 1968 in der rumänischen Gemeinde Tintea 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bukarest geboren. Sie studierte Mathematik, Europäische Integration sowie Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Danach arbeitete sie zunächst als Mathematiklehrerin, bevor sie 1997 ins rumänische Ministerium für Jugend und Sport wechselte. Ihre nationale politische Karriere begann Valean 1999 bei der liberal-nationalen Partidul National Liberal. Noch vor dem Beitritt von Rumänien zur Europäischen Union war sie für ihr Land ab 2006 Beobachterin im Europaparlament. ag

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