Größere Entlassungswelle

Größere Entlassungswelle ausgebliebenSpeditionskaufleute sitzen trotz Krise offenbar sicher im Sattel. Das geht aus einer neuen Studie des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) zu den Arbeitsbedingungen im Güterverkehr hervor. Berufskraftfahrer sind hingegen stärker vom Nachfrageeinbruch betroffen.Die Angst geht um in der Belegschaft deutscher Betriebe. Ist mein Job noch sicher? Erfasst die Wirtschaftsflaute auch mein Unternehmen und verliere ich meinen Arbeitsplatz?Arbeitslosigkeit steigt nur leicht anFragen, die sich auch so manche Mitarbeiter in Deutschlands Speditionen stellen. Denn als Branche, die stark von der Globalisierung abhängt, leiden die Logistikdienstleister besonders unter der Krise. Das verdeutlichen auch Zahlen, die Creditreform für das zweite Quartal 2009 veröffentlicht hat. Demnach weist die Branche Verkehr/Logistik das höchste Insolvenzrisiko aller untersuchten Wirtschaftszweige auf.Mehr als verständlich, wenn sich Spedi-tionsangestellte daher Sorgen um ihren Job machen. Doch zumindest für Speditionskaufleute gibt es jetzt eine Entwarnung. Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) kommt nämlich in einer gerade veröffentlichten Studie zu dem Ergebnis, dass „eine größere Entlassungswelle bei den kaufmännischen Angestellten in den Transport- und Speditionsbetrieben bislang ausgeblieben“ ist.Zwar steigt auch unter den Speditionskaufleuten die Arbeitslosigkeit an. So wurden im Juni 2009 bundesweit 6000 arbeitslose Speditionskaufleute registriert. 2300 mehr als zum Höhepunkt des Booms im Juni 2008 (3700), aber weniger als im Januar 2005, als die Zahl der Arbeit suchenden Spediteure noch 9000 betrug.Das BAG nennt mehrere Gründe, warum sich die Arbeitgeber mit Entlassungen im großen Stil zurückhalten. Vielen Speditionen sei noch die Zeit vor allem zwischen Juli 2006 und Juli 2008 schmerzlich in Erinnerung. Damals betrug die Zahl der arbeitslosen Speditionskaufleute zwischen 3000 und 5000. In diesem Zeitraum registrierten die Arbeitsämter zwischen 2000 und 2500 offene Stellen. Folglich gab es in vielen Regionen einen Engpass an Speditionskaufleuten, zumal man davon ausgehen kann, dass viele Speditionen nicht ihren Personalbedarf den Arbeitsagenturen gemeldet haben. Aufgrund dieser Erfahrung scheuen sich laut BAG die Unternehmen bislang, qualifiziertes Personal im größeren Ausmaß freizusetzen, das dann bei einer wirtschaftlichen Erholung wieder teuer eingekauft werden müsste. Allerdings – das gesteht das BAG dann doch ein – „besteht aufgrund des Nachfragerückgangs in vielen Regionen derzeit eher wieder ein Überangebot an Fachkräften“.Ein weiterer Grund, warum in der Branche keine Kündigungswelle zu beobachten ist, hängt mit der Funktion der Speditionskaufleute zusammen. Die tragen eine „hohe Verantwortung für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens“, schreibt das BAG. Die derzeitigen Auftragsverluste müssen daher nach Möglichkeit durch Neuakquisitionen kompensiert werden, heißt es in dem Bericht. Und dazu braucht man auch Speditionskaufleute, die solche Geschäfte abwickeln. Es gibt noch einen weiteren Grund, warum die Betriebe zögern, Speditionskaufleute zu entlassen. Die Nachbesetzung gestaltet sich aus weiteren Gründen zunehmend schwierig. So sind die Anforderungen an Speditionskaufleute zuletzt deutlich gestiegen. Trotzdem gelten im Vergleich zu anderen kaufmännischen Berufen die Arbeitsbedingungen als schlechter in Bezug auf Bezahlung oder Arbeitszeiten. Hinzu kommt ein aus Sicht der Beschäftigen schlechteres Image. Dementsprechend sind die Karten der Speditionsbranche beim Wettbewerb um Fachkräfte nicht die besten und wandern immer wieder Speditionskaufleute in die Logistikabteilungen von Produktions- und Handelsunternehmen ab, zumal insbesondere in den vielen kleinen Speditionen die Aufstiegsmöglichkeiten begrenzt sind. Deshalb sehen sich die Speditionen gezwungen, sich bei der Nachwuchsförderung besonders ins Zeug zu legen. Zwar gibt es laut BAG derzeit noch keinen erkennbaren Mangel an Bewerbern auf die ausgeschriebenen Ausbildungsstellen. Dennoch besteht die Gefahr, dass das Speditionsgewerbe in Zukunft nicht mehr genügend Auszubildende findet beziehungsweise die besten Nachwuchskräfte an Branchen verliert, die mehr zahlen bei zugleich besseren Arbeitsbedingungen.LKW-Fahrer werden zur MangelwareDeutlich größere Probleme mit dem Nachwuchs gibt es bei den Berufskraftfahrern – auch wenn wegbrechende Aufträge dieses Problem zunächst mal in den Hintergrund gerückt haben. Im Juni 2009 haben sich 118.000 Kraftfahrer als arbeitslos gemeldet. Das sind immerhin 30.000 oder 37,5 Prozent mehr als im Oktober 2008. „Ein noch höherer Anstieg ... wurde bislang durch den Aufbau von Kurzarbeit verhindert“, heißt es in der Studie. Ob jedoch der Wert aus dem Januar 2005 erreicht worden wäre (160.000 arbeitslose Fahrer), darf bezweifelt werden. Ein Gradmesser der Krise ist auch die Zahl der gemeldeten offenen Stellen: Von 5000 im Januar 2005 stieg dieser Wert auf 19.000 im Juli 2007 und sackte dann im Juni 2009 wieder auf 8000 ab.Fatal wäre es jedoch, wenn angesichts des wieder größer gewordenen Angebots an arbeitslosen Kraftfahrern die Rekrutierung neuer Fahrer vernachlässigt würde. Denn 32,1 Prozent aller Kraftfahrzeugführer sind älter als 50. Der Anteil der unter 25 Jahre alten Fahrer beträgt hingegen nur 2,5 Prozent. „Unstrittig ist, dass der Fahrpersonalbedarf ... künftig weiter zunehmen dürfte, der Nachwuchsförderung damit wachsende Bedeutung zukommt“, schreibt das BAG in seinem Bericht. ❙❚■ Michael CordesBegehrtes Personal: Speditionskaufleute sind weiterhin gefragtTrotz Krise (I): Nachwuchs fehlt Der Schienengüterverkehr ist von den drei Landverkehrsträgern laut aktuellen Zahlen am stärksten von der Krise betroffen. Das lässt sich auch an den offenen Stellen für Schienenfahrzeugführer ablesen: Stieg diese Zahl im April 2008 auf 600 an, wurden im Juni 2009 nur noch 120 Lokführer gesucht. Gleichzeitig erhöhte sich die Zahl der arbeitslosen Lokführer von 450 (September 2008) auf 670 (Juni 2009). Da jedoch vor der Wirtschaftskrise aufgrund der hohen Nachfrage nach Transporten per Bahn und der zunehmenden Bedeutung privater Güterbahnen der Bedarf an Lokführer permanent gestiegen war, ist die Beschäftigungslage aus Sicht der Bahnen weiterhin angespannt. Ähnlich wie bei den LKW-Fahrern im Straßengüterverkehr ist auch bei den Lokführern eine Überalterung zu beobachten. So betrug der Anteil der unter 35 Jahre alten Lokführer 1999 noch 36,9 Prozent. 2007 hat sich dieser Wert mehr als halbiert (17,5 Prozent). cdTrotz Krise (II): Mangel an FachkräftenWas für die Straßentransporteure und die Eisenbahnen gilt, trifft auch auf die Binnenschiffer zu: Es fehlt an Personal. Der Unterschied zu den beiden anderen Verkehrsträgern: Die Binnenschifffahrt kämpft schon seit mehr als einem Jahrzehnt mit dem Problem. Dementsprechend hat das Gewerbe in den letzten Jahren seine Ausbildungsbemühungen mithilfe staatlicher Unterstützung verstärkt – mit Erfolg. 1999 wurden nur 69 Verträge zu einer Ausbildung als Binnenschiffer geschlossen, 2008 waren es immerhin 195. Trotzdem ist das Fachkräfteangebot nicht ausreichend, wie es in der BAG-Untersuchung heißt. Denn es scheiden mehr Schiffsführer aus als neue eingestellt werden. Dabei gibt es nicht mal einen Mangel an Bewerbern: Die Betriebe, die einen Auszubildenden suchen, werden meistens auch fündig. Jedoch bilden zu wenig Betriebe aus, um die durch ausscheidende Binnenschiffer entstehende Lücke zu decken. cd

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