VerkehrsRundschau Index: Ganz kleine Schritte

Selten war der Blick in die Glaskugel so getrübt wie in dieser Ausgabe des VR-Index. Erstmals wurde der Leitwert für die Transportpreise in Deutschland im halbjährlichen Rhythmus erhoben. Zum Befragungsende Mitte Mai ergab sich ein leichter Rückgang der Transportpreise: Mit einem Minus von 1,5 Prozent ist erstmals seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine wieder ein nennenswerter Rückgang zu verzeichnen. Allerdings liegt das Vorkrisen-Niveau noch in weiter, wahrscheinlich unerreichbarer Ferne: Dafür müsste der Index wieder unter den Schwellenwert von 140 Punkten fallen. Bei der Bewertung der Zahlen lohnt es sich, die Entwicklung des Transportaufkommens etwas genauer zu beleuchten: Für das erste Quartal gab der Großteil der befragten Transportunternehmer an, dass das Aufkommen gleichgeblieben (41 Prozent) oder rückläufig (53 Prozent) war. Auf Verladerseite gaben 36 Prozent der Befragten eine Stagnation und 45 Prozent einen Rückgang an. Die Lager sind voll Was sind die Hintergründe der Entwicklung? Eine Erklärung, die sich aus den Daten herauslesen lässt, ist, dass die Konsumlaune in Deutschland angesichts der starken Inflation nicht sonderlich gut war und ist. Immerhin scheint sich die Lage mit dem zweiten Quartal 2023 wieder etwas zu beruhigen; rund ein Viertel der befragten Transportunternehmer und Verlader berichtet von einem wieder steigenden Aufkommen. Eine große Kluft zeigt sich beim Blick in die Zukunft: Das Gros der Verladerschaft erwartet kein steigendes Transportaufkommen - genau andersherum sieht es allerdings die Seite der Fuhrunternehmer. An diesem Punkt sieht man sehr gut, wie trüb es in der Glaskugel wirklich aussieht: Der Markt bleibt weiterhin schlecht einschätzbar und unterliegt den Geschehnissen auf der Welt. Wie geht es in der Ukraine weiter? Spitzt sich der Taiwan-Konflikt weiter zu? Viele Entwicklungen der hiesigen Transportlandschaft sind von geopolitischen Vorzeichen abhängig - und diese sind gerade alles andere als vorhersehbar. Unklare Preisentwicklung Ebenjene Unklarheit spiegelt sich auch in der erwarteten Preisentwicklung auf dem Transportmarkt wider: Knapp 20 Prozent der Transportunternehmen und fast 23 Prozent der Verlader rechnen im kommenden Halbjahr mit sinkenden Frachtraten; etwa 50 Prozent der Befragten glauben, dass das Preisniveau erhalten bleibt. Eine klare Tendenz ist kaum erkennbar. Eigentlich wäre schon im ersten Halbjahr aufgrund der gestiegenen Verbraucher- und Energiepreise ein Anstieg der Raten zu erwarten gewesen. Dass nun das Gegenteil eingetreten ist, lässt mehrere Interpretationen zu: Die Transportunternehmer schaffen es nicht, die gestiegenen Preise weiterzureichen. Zudem - und das wird einer der Hauptgründe sein - führt das Überangebot auf dem Markt zu einem harten Preiskampf, in dem bekanntlich der gewinnt, der am günstigsten ist. An dieser Stelle sei erwähnt, dass im VR-Index lediglich Spotmarkt-Preise und keine langfristigen Verträge abgebildet sind. Jener Preisdruck könnte dazu geführt haben, dass der Rückgang sogar die Inflation aufgewogen hat. Eine weitere Interpretation könnte psychologischer Natur sein: Zu Beginn des Ukraine-Konfliktes kam es zu einem plötzlichen Preisanstieg, obwohl eigentlich noch gar keine Verteuerung eingetreten war. Es erscheint denkbar, dass der exorbitante Anstieg der Transportpreise zu stark ausfiel, er sich jetzt erst in der Abkühlungsphase befindet und die Preise deshalb etwas zurückgehen. So stehen die Vorzeichen Eine verlässliche Prognose für die kommenden Monate - das zeigt auch die unsichere Bewertung der Befragten - ist unter diesen Umständen kaum möglich. Sieht man sich den Markt aktuell an, dann gibt es mehrere Phänomene, die das Gesamtbild prägen: Das Statistische Bundesamt hat für April eine Inflationsrate von 7,2 Prozent errechnet. Das ist immer noch hoch, aber nicht mehr ganz so enorm wie einige Monate zuvor. Mit einem weiteren Rückgang könnte es verzögert wieder zu einem Auffrischen der Konsumlaune kommen. Diese ist aktuell gedämpft: Die Statistiker hatten kürzlich mitgeteilt, dass Deutschland im Winterhalbjahr doch in eine leichte Rezession gerutscht war; das Bruttoinlandsprodukt ging um 0,3 Prozent zurück. Wirtschaftsexperten hatten für Anfang 2023 verhaltene Prognosen ausgegeben und rechneten im Laufe des Jahres mit einer Steigerung der Transportaufträge bei rückläufiger Inflation. Wir befinden uns also gerade in der Phase, in der sich die Lage wieder etwas verbessern sollte. Ob alleine der Rückgang der Inflation ausreicht, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln muss abgewartet werden, da es bekanntlich noch einige weitere Unsicherheiten gibt. Alle Zahlen und Interpretationen im Detail finden Sie als Abonnent der VerkehrsRundschau kostenfrei auf dem Online-Portal VerkehrsRundschau plus im Bereich "Kennzahlen". Unternehmer, die an der Befragung teilgenommen haben, erhalten in Kürze ihre persönliche Benchmark-Analyse zum Vergleich mit der Konkurrenz zugeschickt. Erhebungsmethodik und Teilnehmer Seit 2005 lässt die VerkehrsRundschau von einem unabhängigen Marktforschungsinstitut die Frachtraten im Straßengüterverkehr erheben. Im ersten Halbjahr 2023 haben 100 Unternehmen bei der Befragung teilgenommen, etwas mehr Dienstleister als Verlader. Die Frachtraten ergeben sich aus Transporten, deren Güter palettierbar sind und keine besondere Handhabung erfordern. Für die Erhebung der Frachtraten war das Marktforschungsinstitut Interrogare zuständig. Alle Ergebnisse Bei der etwa zehnminütigen Befragung des VR-Index werden verschiedene Kennzahlen erhoben. Neben der Entwicklung des Index finden Sie auch eine detaillierte Ansicht, wie sich die einzelnen Ladungsarten (Palette, Komplett- und Teilladung) verändert haben. Zudem gibt es einen Einblick in das zurückliegende Auftragsaufkommen, die Erwartung der Unternehmer und die prognostizierte Preisentwicklung. ff www.verkehrsrundschau-plus.de/keyfigureoverview

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