Freihafen

Freihafen Das Ende des ZollfreigebietsIm nächsten Jahr verliert Hamburg seinen Freihafen. Damit fallen nicht nur aufwendige Kontrollen des Leer- und Durchgangsverkehrs weg, auch ergeben sich Veränderungen in Bezug auf die Zollabfertigung und die gesetzlichen Pflichten der Wirtschaftsbeteiligten.Es ist das Ende einer Ära: Am 1. Januar 2013 wird der Freihafen in Hamburg aufgelöst. Diese Sonderwirtschaftszone wurde 1881 eingerichtet. Dort konnte man Ware aus Ländern, die nicht zur EU gehören, bisher lagern oder verarbeiten, ohne sie verzollen zu müssen. Die Güter wurden so behandelt, als seien sie noch nicht im Land angekommen. Stattdessen fand die Zollabfertigung an einer Grenze rund um die Freihandelszone statt, an der der Zoll alle Transporte kontrollierte. Diese Übergänge und die Privilegien des Freihafens, der etwa ein Viertel des Hamburger Hafens einnimmt, sollen künftig der Vergangenheit angehören.Das Fuhrgewerbe der Hansestadt sieht dem Abbau der Zollzäune größtenteils gelassen entgegen. „An der Grenze wurde in jeden LKW reingeschaut – diese Wartezeiten fallen endlich weg“, sagt Hans Stapelfeldt. Er leitet einen Speditionsbetrieb in fünfter Generation und befürwortet die Auflösung des Freihafens. Lediglich der vom Zoll gut bewachte Parkraum im Freihafen fehle dann leider, schränkt der Spediteur ein. Auswirkungen auf das tägliche Geschäft sieht er nicht. „Die neuen Zollverfahren üben wir schon seit vielen Jahren.“ So existiert in Hamburg Altenwerder bereits seit 2002 das Containerterminal CTA, das außerhalb des Freihafens liegt. Dort finden jene Zollregelungen Anwendung, die künftig auch im ehemaligen Freihafen gelten. „Hier ist Copy und Paste erlaubt und erfolgreich“, sagt Stapelfeldt.Ähnlich positiv beurteilen die meisten Hamburger Unternehmen die Auflösung des Freihafens. Sie freuen sich darauf, nicht mehr an den Landübergängen anhalten zu müssen – immerhin wurden hier jedes Jahr auch eine Million leere LKW kontrolliert. „Die Zollstellen an den Freizonengrenzen waren immer Nadelöhre, die den Verkehrsfluss behinderten“, sagt Arne Olbrisch, stellvertretender Geschäftsführer der Handelskammer Hamburg und Leiter der Abteilung Außenhandelsrecht. Auch produzierende Unternehmen, die im Freihafen angesiedelt sind, blicken optimistisch in die Zukunft. Für sie sinkt der bürokratische Aufwand, wenn sie nicht mehr bei jedem Produkt nachweisen müssen, dass es sich nicht um Importware handelt. Lediglich Firmen, die im Freihafen ein Lager betreiben und sich bisher kaum um Zollformalitäten kümmern mussten, dürften dem alten Modell nachtrauern.Die Abläufe im Seezollhafen HamburgDer neue Ablauf entspricht dem, der an Seehäfen europaweit gilt: Der Beförderer, etwa die Reederei, meldet ankommende Ware, die nicht aus EU-Ländern stammt, bei der Zollstelle in elektronischer Form über das Atlas-System an (Gestellungsmitteilung). Nach der Entladung kann er die Ware aber nicht mehr – wie im Freihafen – nach Gutdünken bewegen. Stattdessen muss er dem Zoll schon vor der Abholung durch einen LKW mitteilen, was mit der Containerladung geschieht. Also, ob sie zum Beispiel versendet, wieder ausgeführt oder veredelt wird.Wird die Ware nach der Entladung nicht vom Kunden abgeholt, sondern für längere Zeit aufbewahrt, muss sie in ein sogenanntes Zolllager überführt werden. Dabei handelt es sich nicht etwa um einen speziellen Raum. Das Zolllager kann ein Unternehmen auch selbst einrichten – dazu bedarf es einer Genehmigung durch den Zoll. Beantragen kann es jeder, der bislang nicht gegen Zollvorschriften verstoßen hat. Das Unternehmen muss zudem nachweisen, dass es über die eingelagerten Waren ordentlich Buch führt. Lediglich für spezielle Waren wie Zigaretten verlangt der Zoll vorab eine Sicherheit. Im Zolllager kann Ware unbegrenzt lange aufbewahrt werden, ohne dass Einfuhrabgaben anfallen.Waren für den Weitertransport können wie an anderen europäischen Seehäfen ganz normal abgeholt werden und gehen ohne weitere Kontrolle auf die Reise. „Der Zoll behält sich lediglich die Möglichkeit einer Warenkontrolle durch mobile Kontrolleinheiten vor“, schränkt Udo Storch vom Hauptzollamt Hamburg-Hafen ein. Allerdings: In schätzungsweise zehn Prozent aller Fälle überprüfen die Beamten die Ware noch einmal (Beschau). In diesem Fall muss der LKW-Fahrer zu einer Kontrolle auf den Zollhof fahren und die nötigen Dokumentationen vorzeigen – in der Regel die Registriernummer beim Zoll sowie eine Rechnung. Bei der Ausfuhr von Ware ändert sich nichts.Hamburg bietet Hilfe bei der UmstellungFür die meisten Unternehmen ergeben sich durch die Auflösung des Freihafens keine neuen Aufgaben. Nur wer Lagerdienstleistungen anbietet, muss ein Zoll- oder Verwahrlager beantragen. Da es Pflicht ist, jede Warenbewegung beim Zoll elektronisch zu melden, müssen einige Betriebe wohl EDV-technisch aufrüsten. Entweder sie erweitern die eigenen Systeme so, dass direkt mit dem Zoll kommuniziert werden kann, oder sie beauftragen einen Dienstleister, der die Zollmeldung übernimmt. Der Hamburger Senat unterstützt die Unternehmen übrigens bei der Umstellung: Die öffentliche Hand fördert sowohl Personalschulungen als auch die Modernisierung der Betriebsabläufe.Vielleicht auch deshalb ist von Hektik in der Logistikbranche bislang nichts zu spüren. „Zurzeit bekommen wir sehr wenige Anfragen von im Freihafen ansässigen Unternehmen“, bestätigt Olbrisch von der Handelskammer. Er führt das unter anderem auf die zahlreichen Informationsangebote im Vorfeld zurück. „Ich habe das Gefühl, die Firmen sind gut vorbereitet.“ Mögliche Probleme sieht er lediglich auf diejenigen zukommen, die erst im zweiten Halbjahr die nötigen Anträge – etwa für die Zulassung eines Zoll- oder Verwahrlagers – stellen. ❙❚■ Constantin Gillies, freier JournalistDurch die Abschaffung der Freihandelszone entfallen die Kontrollen des DurchgangsverkehrsFreihafenWas kommt auf die Spediteure zu?Thomas Schröder, Leiter des Referats See- und Luftfracht beim Verein Hamburger Spediteure, zur Abschaffung des Freihafens.Wie sehen Ihre Mitglieder die Auflösung der Freihandelszone?Thomas Schröder: Für uns ergeben sich deutliche Vorteile. Ware in der Freizone abzuholen bedeutete bisher: Warten am Containerterminal, dann einen Kilometer weiterfahren bis zum Zoll und erneut auf die Abfertigung warten – selbst, wenn die Ware gar nicht inspiziert werden sollte, und das ist in 90 Prozent der Waren der Fall. Dieser zweite Stopp fällt dann weg. In Zukunft kann schon alles erledigt sein, wenn der LKW kommt. Außerdem kann Ware, für die keine Zollkontrolle vorgesehen ist, rund um die Uhr, an jedem Tag der Woche, problemlos abgeholt werden. Müssen Fahrer, die aus dem Binnenland kommen, irgendwelche zusätzlichen Dokumente mit sich führen?Nur das, was sie heute schon für eine Zollabfertigung benötigen.Bedeuten die elektronischen Meldungen nicht zusätzlichen Aufwand?Es gibt durch die Auflösung des Freihafens keine neuen elektronischen Meldungen. Jeder Spediteur, der schon einmal mit einem Seehafen zu tun hatte, kennt die Abläufe. Es sind dieselben wie in Rotterdam, Antwerpen oder am Containerterminal Altenwerder. Welche Unternehmen müssen sich überhaupt umstellen?Für Lagerhalter oder Containerpackbetriebe im Freihafen stehen einschneidende Änderungen an. Einige befanden sich jahrzehntelang in einem zollrechtlichen Dornröschenschlaf. Sie müssen jetzt unter Umständen ein Zolllager beantragen. Zusätzliche Unterstützung erhalten die Firmen auch durch die Hamburger Wirtschaftsbehörde. Wird die Hilfe auch abgerufen?Wie man hört, gibt es bislang nur wenige Anträge für Zolllager. Viele Betriebe haben sich anscheinend entschlossen, in Zukunft nur eine vorübergehende Verwahrung anzubieten – also kürzer als 45 Tage. Dafür muss kein Zolllager eingerichtet werden. cgInterviewThomas Schröder

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