Frankfurt/Main. Das Chaos im Luftverkehr war für viele Menschen vorher kaum vorstellbar: Fast eine Woche lang waren im Frühjahr große Teile des europäischen Luftraums gesperrt. Mehrere zehntausend Flüge fielen aus, hunderttausende Passagiere saßen fest, Frachtgut strandete und die Schäden gingen in die Milliarden.
"Theoretisch kann das wieder passieren", sagt der Sprecher der Deutschen Flugsicherung, Axel Raab. Wenn Vulkanasche sich in großer Menge über Hunderte von Kilometern ausbreitet, drohen die Triebwerke von Flugzeugen auszufallen. "Es ist eine potenzielle Gefahr." Und die Schließung von Lufträumen sei dann die einzige Möglichkeit. "Wir haben keine andere Handhabung."
Doch im Gegensatz zu dem Chaos zu Beginn der Aschewolke vom isländischen Vulkan am Eyjafjallajökull-Gletscher im April sind Behörden und Politik heute viel besser vorbereitet. Die meisten europäischen Länder hätten heute einen klaren Grenzwert von zwei Milligramm Asche pro Kubikmeter Luft festgelegt, sagt Raab. Wird diese Schwelle überschritten, müssen die Flieger am Boden bleiben.
Der Generalsekretär des Airline-Verbandes Barig, Martin Gaebges, sieht Fortschritte im Umgang mit dem Asche-Thema. "Seinerzeit waren alle Betroffenen überrascht." Es habe weder Messmöglichkeiten noch Grenzwerte gegeben. "Es gab im Prinzip nichts", sagt Gaebges, dessen Verband fast alle in Deutschland tätigen Fluggesellschaften vertritt. Daher habe man damals sehr konservativ entschieden. "Ich glaube, dass alle Beteiligen daraus gelernt haben."
Die in Deutschland im Frühjahr praktizierten Sichtflüge mit großen Verkehrsmaschinen, die auch unter Piloten heftig diskutiert wurden, soll es künftig nicht mehr geben, sagt Raab. Denn im Normalfall dürfen die großen Maschinen nur nach Instrumenten fliegen und sind dabei auf die Leitung durch Fluglotsen angewiesen. Doch im Vulkanasche-Drama hatten die Behörden damals Sondergenehmigungen für Sichtflüge ausgestellt. Damit konnten Airlines wie Lufthansa oder Air Berlin zumindest einige der geplanten Flüge absolvieren.
Problematisch bleibt aber trotz der inzwischen geltenden Grenze von zwei Milligramm Asche pro Kubikmeter Luft, wie diese ermittelt werden soll. Man würde wieder Testflüge unternehmen, doch die seien vermutlich nicht in der Lage, den gesamten europäischen Luftraum schnell genug auszumessen, sagt Raab. Daher werde man wieder auf Computermodelle zurückgreifen müssen, die in England entwickelt worden waren - und die nach Meinung vieler Airlines Aschewolken anzeigten, die längst nicht so gefährlich waren wie nach den Modellen berechnet.
Langfristig erwartet die Flugsicherung, dass alle Hersteller von Flugzeugtriebwerken Grenzwerte für die Belastbarkeit in Aschewolken angeben werden. Doch diese könnten je nach Triebwerkart auch sehr unterschiedlich ausfallen. Die Folge: Einige Maschinen könnten dann weiterfliegen, während andere am Boden bleiben müssen. (dpa)