Eventlogistik

EventlogistikBevor sich der Vorhang hebtEingespielte Teams und Improvisationstalent im Notfall sind unerlässlich für die Eventlogistik. Als schnelles Zubrot taugt das Spezialistengeschäft dagegen kaum.Vor der großen Party mussten 34 LKW-Komplettladungen mit Zeltmaterial von den Niederlanden nach Moskau gebracht werden, außerdem sechs weitere Komplettladungen mit Standbaumaterial und Elektronikprodukten sowie 25 Wechselbrücken mit diversenPromotionartikeln. DHL stemmte diese Mengen für ein internationales Marketing-Event des Elektronikkonzerns Philips auf dem Roten Platz. Als größtes Hindernis entpuppte sich die Zollabfertigung. Carnets, welche die zollfreie Ein- und Ausfuhr gewährleisten, trafen erst einen Tag vor Ladetermin ein und mussten in aller Eile übersetzt werden. Ein Projektmanager der russischen DHL-Niederlassung unterstützte die Zollbehörden hierbei. Ein weiteres Hindernis waren verspätete Sendungen, die DHL schließlich per Luftfracht nachliefern musste. Improvisation am laufenden Band verbunden mit maßgeschneiderten Kundenservices und der reibungslosen Zusammenarbeit mit Partnern: Eventlogistik gilt als besonders schwierige Disziplin, an die sich bislang nur Größen wie DHL, Kühne + Nagel oder Schenker heranwagten. Hinzu kamen Nischendienstleister wie Rock-It-Cargo in München oder JCL Logistics (vormals Kraus & Pabst) in Lichtenfels: Beide betreuen Einzelkonzerte und Tourneen mit dem Umschlag von Musikequipment. Auch einzelne Werbeagenturen bieten Event-logistik gleich mit an.Zunehmend entdecken mittelständische Dienstleister wie Group 7 oder Senator International das Geschäft. Für Verbände und Veranstalter, die die Logistik bislang in Eigenregie erbracht oder eine Agentur engagiert haben, sind Mittelständler die passenden Partner. Bei der IT-Ausstattung und internationaler Vernetzung spielen diese Unternehmen ohnehin längst auf Augenhöhe mit den Großen. Tilo Bobel, Autor einer Studie über Eventlogistik und Head of Corporate Development beim Logistikdienstleister Loxxess, kennt die Vorteile der überschaubaren Unternehmensgröße: „Wenn mittelständische Logistiker ihr besonderes Planungs-Know-how und Netzwerkmanagement aufdie Eventlogistik übertragen, werden sie einen echten Mehrwert erzielen“, versichert der Fachmann. Ein typisches Beispiel ist die Zusammenarbeit des Deutschen Leichtathletikverbands (DLV) mit der Spedition Group 7 in Schwaig. Weil der bayerische Dienstleister sich in der Textillogistik einen Namen gemacht hat, erhielt er den Zuschlag für die Belieferung von nationalen und internationalen Sport-Events. Im Fokus steht die Versorgung der Sportler mit Trikots, Socken, Rucksäcken und sonstigen Accessoires. Über Lagerung und Distribution hinaus übernimmt Group 7 auch Dienstleistungen wie Einkleidung und Konfektionierung. Meist soll der Name des Sportlers auf dem Trikot stehen. Wenn Teilnehmer erst nachträglich nominiert werden, drängt die Zeit: In spätestens 24 Stunden muss der Sportler sein Equipment haben, egal wo der Wettkampf stattfindet. Hier kann Group 7 auf ein globales Partnernetzwerk mit weltweit 195 Stützpunkten zurückgreifen. „Auch für Ersatzteil- und Reparaturlogistik sind internationale Vernetzungen wichtig“, ergänzt Prokurist und Logistikleiter Hubert Borghoff. „Plan B“ immer in der SchubladeJederzeit können Unwetter, Streiks und andere unvorhergesehene Ereignisse die pünktliche Zustellung vereiteln. Weil dies im schlimmsten Fall ein Event zum Platzen bringen kann, sollte bei zeitkritischen Aufträgen immer ein Plan B vorhanden sein. Wenn nicht gerade Großevents anstehen, sind die benötigten Transport- und Lagerkapazitäten überschaubar. Weil jedoch fast immer zusätzliche Dienstleistungen benötigt werden, warnen Experten vor der Vorstellung, mit Veranstaltungslogistik könnten auf die Schnelle brachliegende Kapazitäten besser ausgelastet werden. „Bei Eventlogistik sind die Kundenerwartungen besonders hoch“, betont Michael Tenenbaum, General Manager von Senator International. „Jeder Marktteilnehmer muss ständig Premiumleistungen erbringen.“ Und Kunden haben ganz individuelle Wünsche: Wenn die Kölner Spedition Hasenkamp, die sich auf Transport und Lagerung hochwertiger Kunstwerke spezialisiert hat, im Auftrag von Galerien und Ausstellungsveranstaltern Museumsleihgaben transportiert, ist immer ein Museumsmitarbeiter dabei. Darauf bestehen die Leihgeber ausdrücklich. „Wir organisieren im Kundenauftrag Unterbringung, Rückflug und andere Dienstleistungen“, sagt Ralf Riege, Leiter Gallery Service von Hasenkamp. Wenn solche Services sich nahtlos in eingespielte Prozesse einfügen, sinken naturgemäß die Kosten. Gewährleistet ist dies vor allem dann, wenn Logistikdienstleister regelmäßig Ausstellungen, Konzerte,Sportwettbewerbe, Messen und andere Highlights betreuen. Wohl nicht zufällig haben viele Eventlogistiker über Messen den Einstieg in das Geschäftsfeld gefunden. Egal ob Transport, Verzollung oder Aufbau: Weil viele Aussteller immer die gleichen Stände für die gleichen Termine wünschen, können die Logistiker sich auf eingespielte Supply Chains verlassen. ❙❚■ Stefan Bottler, freier JournalistKunden von Eventlogistikern gelten als besonders anspruchsvoll: nichts darf schiefgehenEventlogistikEvents haben oft EinmaligkeitscharakterAutor Tilo Bobel, der ein Buch zur Eventlogistik verfasst hat, über die Schwierigkeit, im Veranstaltungsbereich profitabel zu arbeiten.Wie profitabel kann Eventlogistik sein?Tilo Bobel: Das kommt auf den Einzelfall an. Logistik für Großereignisse wie die Fifa WM war in der Vergangenheit häufig kein Margenbringer, weil infolge des Einmaligkeitscharakters Skalen- und Standardisierungseffekte ausbleiben. Mancher Konzern will mit solchen Auf-trägen vor allem für sein Image punkten.Wie können solche Effekte hergestellt werden? Wichtig ist ein Poolmanager, der externe Partner aus dem Stand heraus aktiviert, alle Services koordiniert und für ein straffes Zeitmanagement sorgt. Dabei kann die eine oder andere Dienstleistung auch exklusiv an ein externes Unternehmen vergeben werden.Sind diese Effekte auch gewährleistet, wenn langfristig die gleichen Events betreut werden?Weil Veranstaltungsorte und -inhalte wechseln, treten sie nicht automatisch ein: Auch hier ist unter anderem ein Poolmanagement wichtig, das alle Fäden in der Hand hält. Dann können Rationisierungspotenziale erschlossen, Kosten reduziert und Durchlaufzeiten beschleunigt werden. botInterviewTilo BobelMilliardengeschäft für Netzwerker Eventlogistik ist ein Milliardengeschäft: Mit Marketing-Events können fünf Milliarden Euro und mit Tagungen bzw. Kongressen sogar 50 Milliarden Euro umgesetzt werden. Diese Zahlen haben Branchenverbände errechnet. Hinzu kommen die Umsätze für Konzerte, Ausstellungen und andere künstlerische Events. Die Logistik kann an diesen Zahlen bis zu 30 Prozent Anteil haben. Wenn Unternehmen in diesen Markt einsteigen wollen, sind Erfahrungen in der Messelogistik sowie Lager- und Transportkapazitäten innerhalb eines bundesweiten oder internationalen Netzwerks hilfreich.

Eventlogistik

Der VR Index in den letzten 9 Jahren

Entsenderegeln in Europa 2022

MEISTGELESEN

Nutzfahrzeughersteller: Volvo Trucks hat 5000 Elektro-Lkw verkauft

Möglicher Ersatzneubau für Carolabrücke

Logistik: DB schließt Schenker-Verkauf an DSV ab

WEITERLESEN

NEWSLETTER