Elektromobilität

ElektromobilitätWeiter warten auf den Anschluss Milliarden Euro fließen in den Aufbau der Elektromobilität in Deutschland. Die Erfolge sind bescheiden, denn gerade was die Fahrzeugmodelle betrifft, sind andere Nationen deutlich weiter. Eine Analyse der Zukunftsaussichten.Wenn es um die Zukunft geht, sind Pannen unerwünscht. In einem Lada Kalina tourte vor Kurzem der russische Premier Wladimir Putin durch das Riesenreich, um die Zuverlässigkeit und damit die Zukunftsfähigkeit der russischen Automarke zu beweisen. Stattdessen geriet der Trip zur Lachnummer, als Amateurfilmer im Begleittross zwei Reserve-Ladas als Notfallhilfe entlarvten und der Öffentlichkeit zeigten.Ein solches Back-up-System wünschen sich bisweilen die Fahrer der ersten Elektrofahrzeuge, welche im Rahmen der ersten Pilotprojekte in Deutschland unterwegs sind. Denn im Moment gleicht die Zukunftsidee des dieselfreien Mobilitätszeitalters einem Tummelplatz von vor sich hinsummenden Erlkönigen, die den Elektrotraum am Leben halten. Auch wenn diese Elektroexoten mittlerweile dem Vanbereich (siehe Messebericht Seite 108) entwachsen und in die Verteilerklasse aufgestiegen sind (siehe Fahrbericht Seite 36), wartet die Transportbranche auf den Durchbruch der E-Mobilität. Dass hierbei weiterhin Geduld gefordert ist, zeigt der erste Zwischenbericht der eigens geschaffenen Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE). Dieses Konsortium aus Staat, Wissenschaft und Industrie soll für das Zukunftsthema Geburtshilfe leisten. „Die Elektromobilität kommt. Daran führt kein Weg vorbei“, gibt sich einer der Schirmherren, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, bei der Präsentation der ersten Ergebnisse betont optimistisch. „Wir haben uns auf einen systemischen, marktorientierten und technologieoffenen Ansatz verständigt, um Elektromobilität made in Germany in Deutschland und weltweit zum Erfolg zu machen“, ergänzt der Vorsitzende des Leitungskreises Henning Kagermann. Bis Deutschland zum Leitmarkt für die neue Technologie aufsteigen und damit den Vorsprung anderer Autonationen wie Japan, USA oder Frankreich wettmachen kann, ist einige Anstrengung nötig. So fordert Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) vor allem zwei Dinge: „Wir müssen Batteriestandort werden und die Schlüsselfragen nach den Normen und Standards klären.“ Aber dies kann dauern, wie der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Rainer Bomba (CDU) konkretisiert: „Das Thema wird uns nicht ein paar Monate oder Jahre beschäftigen, sondern wir werden uns damit Jahrzehnte auseinandersetzen müssen.“ Als erstes Zwischenziel sollen bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf den deutschen Straßen unterwegs sein. Dafür investieren der Bund zusammen mit der Industrie momentan über zwei Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung. „Ich weiß, dass es Forderungen nach sehr viel mehr Geld gibt. Vor allem für die Themen Markteinführung und Marktdurchdringung“, gesteht Bomba. Dennoch habe sich die NPE bewusst dagegen entschieden, da noch nicht klar sei, welches deutsche Fahrzeug man aktuell fördern und morgen kaufen könne. So soll zunächst erst weiter geforscht und entwickelt werden, bevor Elektrofahrzeugkäufer mit Prämien, wie sie in andere EU-Staaten längst gezahlt werden (siehe Übersicht rechts), rechnen können. Die Skepsis ist nachvollziehbar, da es immer noch an praktisch einsetzbaren Modellen mangelt. Zu Recht fragt deshalb Verkehrsminister Ramsauer: „Was nützt uns die schönste Technologie auf dem Reißbrett, wenn sie sich in der Praxis nicht bewährt?“Erste Serienfahrzeuge mit E-AntriebAnders sieht es im Ausland aus: Seit einem Großauftrag der französischen Post soll die Variante des Citroën Berlingo mit Elektromotor rund eintausendmal vom Band rollen. Als Volumenprodukt starten die Franzosen im kommenden Jahr mit dem C-Zero, einem der ersten serienmäßigen Elektrofahrzeuge. Der 3,48 Meter lange Cityfloh kann als Zweisitzer mit einem Nutzfahrzeug-Kit (500 Euro Aufpreis) umgerüstet werden. Der Grundpreis für den Stromer liegt bei unter 30.000 Euro. In den kommenden viereinhalb Jahren sollen gut 50.000 Käufer zugreifen. Das Herz des Stromers, eine rund 160 Kilogramm schwere Batterie, ist von einer speziellen Kapsel umschlossen. Diese soll beim Unfall die Technik schützen und zudem den unbedarften Zugriff von außen verhindern. „Wir haben es hier mit Hochvolt-Anlagen zu tun, deshalb sollte dem Laien der Zugang nicht möglich sein. Die Spannungen des Systems sind lebensgefährlich“, beschreibt Martin Altepost von der TÜV Süd Automotive GmbH die Gefahren beim Umgang mit der Hochleistungstechnik.Wie sich die energiereichen Akkupakete beim Crash verhalten, wird in Tests simuliert. Dabei werden diese unter anderem mit 500 Kilogramm schweren Testaufbauten bei Tempo 55 zur Kollision gebracht. Trotz aller Fortschritte in diesem neuen Feld muss der im Bereich Elektromobilität und neue Technologien verantwortliche TÜV-Experte zugeben: „Bei Tests der Batterien für Elektrofahrzeuge stecken wir noch in den Kinderschuhen. Es fehlen Erfahrungen mit Lithium-Ionen-Batterien im Automobil. Auch entsprechende Standards und Richtlinien befinden sich noch in der Entwicklung.“ Die Fragen für die Forscher werden nicht weniger, sondern mehr: Wie wird beim Crash die Batterie beschädigt? Wie kann verhindert werden, dass der Feuerwehrmann beim Freischneiden des Unfallfahrzeuges nicht durch einen Stromschlag oder austretende Stoffe zu Schaden kommt? Trotz allem ist der TÜV-Experte sicher, dass künftig die Elektrofahrzeuge den gleichen Sicherheitsstandard erreichen werden wie die heutigen Fahrzeuge. „Über die Gefahren, die von einem vollen Dieseltank ausgehen, denkt kaum jemand mehr nach, denn das Gefühl der Sicherheit ist vorherrschend. Dahin werden wir auch mit den Elektroautos kommen“, betont Altepost. Genau so spannend wie die Frage der Sicherheit ist das Problem der Stromversorgung. Energieanbieter wie etwa RWE bieten im Moment ihre Vermittlungsdienste für interessierte Elektrofahrzeugkunden an. So können sich beispielsweise Interessenten für den Mitsubishi iMiEV oder den Citroën C-Zero auf der Internetseite des Energieriesen einen Stromer reservieren. Zu dem Fahrzeug gibt es dann eine Ladestation, Ladekabel und einen Stromvertrag. Wie emissionsreich dieser Kraftstoff für die Stromer erzeugt wird, entscheidet der Kunde mit, indem er künftig die Wahl unter verschiedenen Energieanbietern haben wird. Zu den Optionen zählt unter anderem e8energy aus Hamburg. „Wir sehen uns als strategischer Partner für Citroën, der die Frage klärt, wo kann ich mein Elektrofahrzeug betanken und woher erhalte ich den regenerativ gewonnenen Strom“, umschreibt Marketingleiter Axel Schmies das Firmenprofil. Stromzwischenspeicher sind gesuchtDie Norddeutschen gewinnen ihren Strom allein aus regenerativen Quellen und müssen sich damit notgedrungen intensiv um die Speicherung des kaum planbar verfügbaren Ökostroms kümmern. Denn im nationalen Energie-Master-Plan, wonach über Windkraftanlagen im Norden und Photovoltaik-Solarzellen im Süden Wind- und Sonnenenergie zu Strom werden sollen, fehlen wirksame Zwischenspeicher. Neben einer großen Anzahl von Pumpkraftwerken, deren Bau gerade im Ruhrgebiet diskutiert wird, könnten in Zukunft auch die Batterien der Elektrofahrzeuge als Speicher dienen. Smart Grid nennt sich diese Idee, welche aber erst mithilfe eines Heeres von Millionen von Elektrofahrzeugen auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden kann. Ein Umdenken fordert Schmies auch von den Verbrauchern. „Ein Auto wird in Zukunft nicht mehr gekauft, sondern lediglich genutzt.“ An diesem Paradigmenwechsel versuchen sich gerade einige Großunternehmen als Pioniere für umweltschonende Logistik-Konzepte. So deckt beispielsweise die Schweizer Post ihren jährlich Energiebedarf von gut 200.000 Megawattstunden seit zwei Jahren über erneuerbare Energie ab. Darüber hinaus fahren die Eidgenossen einen Teil der Briefe mit Elektrorollern aus. Die Armada der knapp 1000 E-Scooter soll bis zum Jahr 2012 auf die dreifache Menge anwachsen. Jene 1000 Elektroroller verbrauchen heute gegenüber herkömmlichen Modellen jährlich fast 600 Tonnen weniger CO2, rechnet der Dienstleister vor. Für die Paketzustellung setzen die Schweizer insgesamt 140 Gasfahrzeuge ein und sparen laut eigener Aussage 59 Tonnen Kohlendioxid ein – die Gas-Trucks sind damit eine bereits verfügbare Variante für klimaschonende Transporte. Brennstoffzelle vergrößert ReichweiteOb die Brennstoffzellentechnik eine solche grüne Alternative werden kann, muss sich zeigen. „Das Reichweitenproblem spricht gegen reine batterielelektrische Fahrzeuge für Strecken größer als 150 Kilometer, da für Touren von 500 Kilometern ungefähr eine 900 Kilogramm schwere Batterie nötig wäre, wie die optimis-tischen Schätzungen für die Lithium-Ionen-Technologien zeigen“, beschreibt Ulrich Eberle vom General Motors Alternative Propulsion Center in Rüsselsheim einen Vorteil der Wasserstoff-Antriebler. Im Moment testet Opel mit der nach eigenen Angaben weltweit größten PKW-Flotte von mehr als 100 Brennstoffautos. „Im Jahr 2015 können wir dann nicht nur Testfahrzeuge, sondern erste Serienfahrzeuge anbieten“, sagt Eberle. Für die Versorgung mit Wasserstoff würden laut dem Opel-Entwickler deutschlandweit im Zeitraum von 2015 bis 2020 ungefähr 800 spezielle Tankstellen notwendig sein, um eine flächendeckende Lösung bieten zu können. Die Kritik, dass die Ökobilanz des Brennstoffzellensystems negativ wäre, federt der Ingenieur ab: „Die Brennstoffzellentechnik ist nachhaltig, da wir für das Aufspalten des Wasser fluktuierende, regenerative Energie, beispielweise aus Windparks, nutzen können, die ansonsten zum Beispiel bei Starkwindphasen verloren wäre. Damit wird aus Ökostrom Energie umgewandelt, gespeichert und im Fahrzeug emissionsfrei verbraucht.“ Bereits 2011 soll der Elektrohoffnungsträger Opel Ampera (42.900 Euro) in Europa starten, dessen Technik auch für leichte Nutzfahrzeuge verwendbar wäre. „Elektromobilität ist für leichte Nutzfahrzeuge realistisch. Für die schweren Fahrzeuge wird aber die Dieseltechnik weiterhin die Lösung bleiben“, beschreibt Eberle die Aussichten auf das neue Zeitalter, das nur langsam zu Dämmern beginnt. ❙❚■ Rocco Swantusch, Serge Voigt Blackbox E-Mobilität: Viel Geld fließt in den Ausbau, aber bislang ist noch wenig Greifbares zu sehenDie prominenten Köpfe an der Spitze der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE): v. l. VDA-Präsident Matthias Wissmann, Verkehrsminister Peter Ramsauer, NPE-Vorsitzender Henning Kagermann und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle ElektromobilitätSteueranreize für Elektrofahrzeuge (Auswahl)Über Steueranreize helfen einige Nationen in Europa den Kunden bei der Entscheidung für ein teures Elektrofahrzeug. Abhängig von den einzelnen Modellen und Regelungen fördern die Staaten den Umstieg auf einen Stromer mit mehreren tausend Euro. In Frankreich oder Großbritannien gibt es folgerichtig schon einige Umsteiger. rs So fördern Länder in Europa den Kauf eines ElektrofahrzeugsElektromobilität

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