Eine Klasse für sich

Speditionen und Logistikdienstleister, die mit Produkten der Gefahrgutklasse 4 umgehen, müssen sich bei Handling und Transport auf einige Besonderheiten einstellen. Ein Beispiel für den sicheren Umgang mit einem Klasse-4.1-Stoff liefert Heino Bückmann, Speditionsleiter, Prokurist und Gefahrgutbeauftragter der Spedition Franz Fischer in Nienburg. Sein Unternehmen transportiert unter anderem geschmolzenen Schwefel der UN-Nummer 2448. "Wir sind mit 25 Tankfahrzeugen permanent unterwegs. Bei 500 Touren sind das etwa 12.000 Tonnen, die wir im Monat befördern", rechnet Bückmann vor. Geschmolzener Schwefel fällt in Raffinerien bei der Öl- und Gasproduktion an. Die Fahrer von Franz Fischer laden ihn dort mit einer Temperatur von 130 bis 145 Grad Celsius per Galgen über den Domdeckel. Dabei sind sie verpflichtet, sich anzuseilen. Schutzausrüstung vorgeschrieben "Zudem muss der Fahrer beim Befüllen und Entleeren eine entsprechende persönliche Schutzausrüstung anlegen", erklärt der Speditionsleiter. Seine Tankauflieger können mit Dampf beheizt werden, Heiztaschen am Tankbehälter sorgen dafür, dass das Produkt im Bedarfsfall mittels Dampf aufgeheizt werden kann. Der Produktauslauf am Tanksattelauflieger ist elektrisch beheizt, sodass die Kraftfahrer diesen vor und während der Entladung heizen können, um ein weiteres Abkühlen oder das Erstarren des Produkts zu verhindern. "Würde hier ein Fehler gemacht, würden sich sofort das Auslaufrohr und die Absperrorgane zusetzen", sagt Bückmann und ergänzt: "Wenn der Schwefel auskühlt und erstarrt, müssen Sie ihn langwierig aufheizen oder quasi bergmännisch mit Hammer und Meißel abbauen." Entleert werden die Tanks entweder über den Bodenauslauf oder über ein Steigrohr; der dazu notwendige Druck wird mithilfe von Stickstoff erzeugt. Da die Spedition mit den Aufliegern ausschließlich geschmolzenen Schwefel transportiert, kann man zudem auf eine Tankreinigung verzichten. "Wir transportieren immer 'dedicated'", erklärt Heino Bückmann. Und weiter: "Selbst wenn vom letzten Transport noch Restmengen im Tank sind, werden diese durch das neue und heiße Produkt wieder flüssig." Aufgaben der Verladerseite Doch nicht nur der Spediteur, auch der Verlader kann zum sicheren Handling der Stoffe beitragen. Neben aussagekräftigen Sicherheitsdatenblättern und einer korrekten Kennzeichnung der Ware sind vor Ort sichere Anschlussmöglichkeiten sowie Ver- und Entladeeinrichtungen entscheidend. Wichtig ist außerdem ein Austausch zwischen den Gefahrgutbeauftragten beider Seiten, um den sicheren Umgang mit den gefährlichen Gütern zu gewährleisten. Bei temperaturgeführten Produkten wie dem schon erwähnten geschmolzenen Schwefel ist es laut Bückmann entscheidend, dass die Verlader auf die Mindestverladetemperatur plus einen Sicherheitspuffer achten. Besonders relevant ist für den Speditionsleiter aber die Sicherheit seiner Fahrer. "Die Raffinerien haben ihren eigenen hohen Sicherheitsstandard", weiß Bückmann. Explizit achten müssen seine Mitarbeiter dennoch auf Spritzer und Anhaftungen von Schwefel an den Dichtungen der Domdeckel und Flanschverbindungen. "Wenn der Fahrer die Dichtungen nicht regelmäßig reinigt beziehungsweise sie austauscht, kommt es zu Undichtigkeiten", erklärt Bückmann. Wird dann beim Entladen der Tank mit Stickstoff beaufschlagt, würde das Produkt in so einem Fall an den undichten Stellen an der Flansch- oder Schlauchverbindung austreten. Detaillierte Arbeitsanweisungen nötig Um hier immer auf der sicheren Seite zu sein, hat die Spedition Franz Fischer eine eigene Arbeitsanweisung erstellt. Motto: Was ist zu tun, wenn ich einen Tankwagen mit Schwefel belade, und was muss ich machen, wenn ich den Tankkraftwagen über ein Steigrohr oder über das Bodenventil entlade? Damit erhalte jeder Fahrer, der dieses Produkt fährt, eine detaillierte Einweisung, so Bückmann. Und weiter: "Wir haben das dort auch mit Fotos dokumentiert." Ohnehin setze man für die Schwefeltransporte immer die gleichen Fahrer ein, die jährlich oder bei Bedarf durch das an die Firmengruppe angegliederte Fortbildungsunternehmen unterwiesen werden. Erforderlich sei darüber hinaus ein umfassender Gefahrenabwehrplan, der erklärt, wie bei einer Havarie oder in anderen Gefahrensituationen zu reagieren ist. Auch diesbezüglich sind die Fahrer regelmäßig zu unterweisen, empfehlen Experten. In Kürze In Raffinerien fällt bei der Öl- und Gasproduktion geschmolzener Schwefel an. Ein Unternehmen, das sich auf den Transport dieses sehr speziellen Guts der Gefahrgutklasse 4 spezialisiert hat, ist die Spedition Franz Fischer aus Nienburg. Aus der Praxis berichtet Speditionsleiter Heino Bückmann. Online - Die Gefahrgutklasse 4 Die Gefahrgutklasse 4 umfasst ein breites Spektrum an gefährlichen Gütern. Allein zur Klasse 4.1 gehören neben den entzündbaren festen und den desensibilisierten, explosiven festen Stoffen auch selbstzersetzliche sowie polymerisierende Stoffe.Die Unterklassen 4.2 und 4.3 bilden selbstentzündliche Stoffe sowie Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickeln. Sie sind oftmals giftig oder ätzend. Worauf es beim Handling der einzelnen Unterklassen ankommt, hat die Redaktion auf VRplus, dem digitalen Abonnentenportal der VerkehrsRundschau, für Sie zusammengefasst. gh/akw www.verkehrsrundschau.de/plus/gefahrgutklasse4

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