Digitaler Tachograf

Digitaler TachografWenn es um die Minute gehtDie Spedition Benzinger hat die Minutenregel in der Praxis erprobt. Mit einem neuendigitalen Tachografen würde das Unternehmen erheblich an Lenkzeit gewinnen. Fünfeinhalb Stunden Lenkzeit in zwei Wochen hätte die Spedition Benzinger gewonnen, wenn der neue Tacho nicht nur zu Testzwecken verbaut gewesen wäre. „Wenn man das Ergebnis sieht, ist das doch ganz beachtlich, wenn man im Schnitt täglich 35 Minuten Lenkzeit herausholt“, sagt Alexander Benzinger, Mitglied der Geschäftsleitung der Spedition Benzinger aus Friolzheim bei Pforzheim. Für das Experiment hatte er einen seiner Actros 1844 zusätzlich zum bereits verbauten Tacho mit einem neuen digitalen Tachografen von Stoneridge (SE5000 Exakt) ausgestattet und die aufgezeichneten Lenkzeiten verglichen (siehe Kasten).So geht das mit der Minute Das neue Gerät arbeitet nach der aktuell gültigen Minuten-Regel, während der alte Tachograf noch nach den alten Regeln aufzeichnete: Zwischen zwei Fahrzeiten speichert der Alte Fahrtunterbrechungen erst ab über zwei Minuten als Arbeitszeit. Jeder kürzere Halt gilt als Lenkzeit. Bei den neuen Geräten speichert der Tacho bereits Stopps ab einer Minute nicht mehr als Fahrzeit, sondern als Arbeitszeit.Zudem bestimmt bei den neuen Tachos das längste Ereignis in der Minute, als welche Zeitgruppe diese Minute aufgezeichnet wird. Fährt der Fahrer also 29 Sekunden und steht 31, dann registriert der neue Tacho dies als eine Minute Arbeitszeit. Bisher galt: Das erste Ereignis in einer Minute gilt als Grundlage für die Verbuchung der vollen Minute. Im Beispiel wäre die Minute also Lenkzeit.Das Versuchsfahrzeug war im Regionalverkehr in Baden-Württemberg und Bayern unterwegs. Stets auf unterschiedlichen Touren mit zwischen einer und sieben Abladestellen. Der Einsatzradius lag bei um die 300 Kilometer. Bei den Touren war allerdings weniger die tägliche Lenkzeit als die Arbeitszeit das Problem. „Wir haben aber unter unseren rund 200 LKW auch Fahrzeuge, bei denen ist das andersherum“, sagt Benzinger. Die Verteilerverkehre für Frischeprodukte zum Beispiel. Die fahren Touren mit 600 bis 700 Kilometern und sechs bis acht Stopps. „Da ist das ein anderes Thema.“Umrüsten kostet etwa 1000 EuroDaher hat der Prokurist mit den Testergebnissen kalkuliert: „Auf neun Stunden Lenkzeit hochgerechnet dürften wir eine Stunde mehr fahren. Das macht in der Woche fünf Stunden und somit eine Tour.“ Hier ist dann allerdings die Disposition gefordert, die rechnerisch gewonnenen Spielräume auch praktisch zu nutzen. Denn die kürzere aufgezeichnete Lenkzeit bedeutet nicht, dass das Fahrzeug eher wieder auf dem Hof ist. In getakteten Just-in-time-Verkehren bringe die Minutenregel daher wenig. Zwar habe der Fahrer viele Stopps, aber der fährt seine Stunden und danach ist Schichtwechsel. Auch im Fernverkehr sieht Benzinger wenig Potenzial. Überlegenswert ist ein Umstieg für Unternehmen aus dem Verteilerverkehr oder aber, wenn häufige Stopps bei eher geringen Fahrzeiten in einer Schicht vorliegen. Hier kann die geänderte Aufzeichnung bei den Fahrzeiten einen erheblichen Produktivitätszuwachs bringen. Da nicht nur die Aufzeichnung, sondern auch die Bedienung bei den neuen Tachografen besser geworden ist, kann eine Umrüstung sinnvoll sein, wenn häufig Nachträge durch die Fahrer gemacht werden müssen – eine beträchtliche und bußgeldbewährte Fehlerquelle. Als Alternative bietet sich eine Fahrerschulung an. „Alles in allem kann der Tachografenaustausch bis zu 1000 Euro kosten“, sagt Tachoexperte und Berater Alexander Németh. Zusätzlich zum Preis für einen neuen Tacho entstehen durch den Tausch weitere Kosten. „Neben den Werkstattkosten können auch Ausfallzeiten anfallen. Nicht jede Werkstatt hat am Wochenende auf“, sagt Benzinger. Renato Baric, Vertriebsleiter beim deutschen Stoneridge-Vertriebspartner Motometer, rechnet dennoch mit einer „Amortisationszeit von vier bis zwölf Wochen, je nach Einsatzfall“. Neben der gewonnenen Zeit und der erleichterten Bedienung führt er eine verminderte Anzahl von Strafzetteln als Argumente an. Schließlich ließen sich mit der neuen Aufzeichnung Lenkzeitverstöße leichter vermeiden. Dabei soll eine neueste Generation des Stoneridge-Tachografen (SE5000 Exakt Duo) den Fahrer künftig unterstützen. Der Driver Decision Support (DDS) zeigt die aktuellen Lenk- und Ruhezeiten in Echtzeit an. Zudem gibt es eine Countdownfunktion mit Warnungen, wenn das Lenkzeitende naht. Das DDS berücksichtigt dabei die Lenk- und Ruhezeiten für den Tag, die Woche und die Doppelwoche.Bessere Anzeige geplant Auf seiner Produktwebsite weist Stoneridge allerdings einige Sonderfälle auf, unter denen das System nicht verlässlich funktioniert. Zudem ist der Tacho häufig oberhalb der Windschutzscheibe und damit außerhalb des Fahrersichtfeldes verbaut. „Hier wird es in Zukunft weitere Hilfsmittel von Stoneridge geben, um sich die Daten der SE5000 Exakt Duo DDS-Funktion anzeigen zu lassen“, sagt Timo Kube von Stoneridge. Im Fernverkehr lassen sich nicht ganz so viele Minuten gewinnen. So weit stimmt Experte Németh Unternehmer Benzinger zu. Aber: Zwischen 15 und 30 Minuten, gerechnet auf die maximal mögliche Tagesfahrzeit, seien möglich. „Interessant war zu beobachten, wie sich der neue Tachograf im Stau ausgewirkt hat: Hier war gegenüber dem Alten ein Zeitgewinn von 48 Minuten pro Tag zu verzeichnen.“ ❙❚■ Serge VoigtBenzinger hat einen LKW zum Test mit einem neuen digitalen Tachografen ausgestattetDigitaler Tachograf

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