St. Petersburg. Die Verkehrsflüsse über die russischen Ostseehäfen bleiben noch bis in den April hinein durch äußerst schwere Eisverhältnisse behindert. Selbst einer Flotte von 13 Eisbrechern – darunter der aus Murmansk abgestellte Atomeisbrecher „Waigatsch" – gelingt es nicht, den Schiffsverkehr ohne tagelange Rückstaus aufrecht zu erhalten. In den letzten Tagen warteten nach den Lagemeldungen der Petersburger Hafenbehörde jeweils 80 bis 110 Schiffe im Finnischen Meerbusen auf Eisbrecherbegleitung, während immer nur 10 bis 20 in Bewegung waren. Nach Angaben der Tageszeitung „Kommersant" betragen die durchschnittlichen Verzögerungen im Schiffsverkehr zwei bis sieben Tage. Die Verluste für die Reedereien durch den Stillstand in der Ostsee können mit 1,4 bis 2,1 Millionen Dollar pro Tag veranschlagt werden, erklärte ein Logistik-Analyst der Zeitung.
Inzwischen wirken sich die Transportprobleme auch auf die Wirtschaft aus: Die Autofabriken von Ford und Toyota im Raum St. Petersburg mussten bereits tageweise die Produktion einstellen, da Bauteile fehlten. Probleme ergeben sich auch im Bahngüterverkehr und in den Häfen selbst: Nach Angaben der Bahngesellschaft RZD sind die Zufahrten zum Petersburger Hafen durch nicht entladene Güterzüge fast blockiert. Auch die Zwischenlager des Ölhafens von Primorsk waren bereits überfüllt, so dass die dorthin führende Pipeline für einen Tag still gelegt werden musste. Das größte Container-Terminal im Petersburger Hafen und das Kohle-Terminal in Ust-Luga arbeiten am Rande ihrer Kapazitätsgrenzen, da der Export stockt. Einer Prognose der Hafenverwaltung zufolge muss auch noch in der ersten Aprilwoche zwischen Kronstadt und St. Petersburg mit einer geschlossenen Eisdecke von 40 bis 55 Zentimeter Dicke gerechnet werden. Anfang März hatte das Eis eine Dicke von einem Meter erreicht.
Die Arbeit der Eisbrecher wird zudem durch bürokratische Hindernisse gestört. So sei es dem Atomeisbrecher verboten, in die Häfen einzulaufen. Die Regierung soll deshalb um eine Ausnahmegenehmigung ersucht werden, meldete die Petersburger Internetzeitung „fontanka.ru". Zum anderen müssen Diesel-Eisbrecher, wenn sie die russischen Hoheitsgewässer verlassen haben und dann wieder zurückkehren, von den Grenzbehörden überprüft werden, was einschließlich der Vorbereitungen jedesmal zwei bis sechs Stunden dauere.
Die geplanten Fahrten einer Passagierfähre zwischen St. Petersburg und Helsinki sowie eines RoRo-Schiffs für den Neuwagen-Transport zwischen Ust-Luga und Kaliningrad wurden wegen der Eisverhältnisse vorübergehend ausgesetzt. (ld)