Berlin/Stuttgart. Nach dem Sieg von Grün-Rot in Baden-Württemberg will die Deutsche Bahn beim umstrittenen Projekt Stuttgart 21 bis zur Wahl des Ministerpräsidenten im Mai keine neuen Fakten schaffen. Bis zur Konstituierung der neuen Landesregierung würden vorläufig keine weiteren Festlegungen getroffen – „weder in baulicher Hinsicht noch bezüglich der Vergabe von Aufträgen", teilte der bundeseigene Konzern am Dienstag in Berlin mit. Unabhängig davon gelte der mit den Projektpartnern geschlossene Vertrag uneingeschränkt.
Die Grünen, die die Landtagswahl am Sonntag gewonnen hatten und voraussichtlich den künftigen Regierungschef stellen, kämpfen seit Jahren gegen die Umwandlung des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation. Sie hatten einen sofortigen Bau- und Vergabestopp gefordert. Die SPD als künftiger Koalitionspartner sieht das Bahnprojekt positiv, will aber ebenso wie die Grünen einen Volksentscheid.
Der baden-württembergische Grünen-Verkehrsexperte Werner Wölfle begrüßte die Ankündigung der Bahn als „guten ersten Schritt": „Das war das Mindeste, was ich erwartet habe." Doch die Begrenzung auf den Zeitpunkt der Wahl des Ministerpräsidenten sei falsch. Der Vergabestopp müsse bis zur Klärung aller Fragen gelten, darunter die möglichen Folgen des Stresstests oder die Anbindung der Gäubahn, betonte der Landtagsabgeordnete und langjährige Gegner des 4,1 Milliarden Euro teuren Projekts.
Der im Rahmen einer Schlichtung zwischen Gegnern und Befürwortern vergangenes Jahr vereinbarte Stresstest ist eine Computersimulation zur Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs im Vergleich zum bestehenden Kopfbahnhof. Die Ergebnisse des Tests werden im Sommer erwartet.
SPD-Landeschef Nils Schmid sagte: „Es ist sinnvoll, dass die Bahn die weitere Entwicklung abwarten will.“ Er fügte hinzu: „Die SPD setzt weiterhin darauf, die Bürger über Stuttgart 21 entscheiden zu lassen.“ Werner Simmling von der FDP-Bundestagsfraktion nannte die Entscheidung der Bahn unternehmerisch nachvollziehbar, betonte aber: „Die Bahn darf nicht der Sündenbock für ideologische Grabenkämpfe der neuen Landesregierung werden. (...) Die Stadt, die Region und das Land brauchen dieses Infrastrukturprojekt.“ (dpa)