Bericht aus Brüssel

Bericht aus BrüsselNoch kein Ersatz für ETSDie Bemühungen um ein internationales System zur Reduzierung von Emissionen in der Luftfahrt kommen nur schleppend voran. Die Chancen, dass die EU ihr umstrittenes ETS-System ab 2014 wieder startet, wachsen deshalb von Woche zu Woche.Die Uhr steht still – diese Botschaft schickte die EU vor wenigen Wochen in die Welt, als sie das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) zur Senkung der CO2-Emissionen in der Luftfahrt für ein Jahr aussetzte. 2012 war ETS unter dem Protest großer Mächte wie USA, China, Russland, Indien und Brasilien gestartet. Der Widerstand gegen ETS hörte nicht auf, bis im Herbst vergangenen Jahres die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation ICAO eingriff: Eine Expertengruppe soll einen Vorschlag ausarbeiten, wie weltweit unter gleichen Bedingungen CO2-Emissionen in der Luftfahrt verringert werden können. Auf der ICAO-Vollversammlung im September 2013 soll dieser Vorschlag von den Mitgliedern angenommen werden. ETS und Streit wären dann überflüssig.Die EU zeigte sich erfreut. „Ein weltweit gültiges System war immer das Ziel der EU, denn nur das bringt die Fortschritte, die wir uns alle wünschen“, rief Jos Delbeke von der Generaldirektion Klima bei der EU-Kommission in Erinnerung. Die EU habe ihren ETS-Alleingang nur deshalb gestartet, weil sich über Jahre nichts bei der ICAO getan habe und man in Europa endlich handeln wollte. Noch keine Lösung in Sicht Um die neuen Bemühungen der ICAO zu unterstützen, hat die EU das Emissionshandelssystem zurzeit ausgesetzt. Die Verhandlungen, so die Idee, sollen nicht in der Atmosphäre drohender Konflikte ablaufen. Doch die EU macht auch deutlich: Kommt es im September zu keiner ICAO-Einigung mit mindestens so hohen Anforderungen wie bei ETS, wird das System ab Januar 2014 wieder starten. Dieses Szenario droht tatsächlich. Denn auch diesmal scheint es bei der ICAO zu keiner Lösung zu kommen. Die Fortschritte sind schleppend, wie eine Gesprächsrunde in Brüssel jetzt gezeigt hat. Nach drei Treffen der ICAO-Expertengruppe zeichnet sich noch kein konkreter Vorschlag ab, der mehrheitsfähig zu sein scheint. Streitpunkte sind vor allem, welche Flugleistungen in einem ETS-System berücksichtigt werden sollen (siehe Kasten). Die USA zum Beispiel lehnen den europäischen Ansatz strikt ab. Bei ihm werden alle Flüge in ihrer vollständigen Distanz berücksichtigt, die nach Europa kommen, von dort ausgehen oder hier stattfinden. Die USA bevorzugen ein System, bei dem der Luftraum ausschlaggebend ist, den ein Flugzeug durchfliegt. Über nationalen Lufträumen sollen die betroffenen Staaten CO2-Emissionen anrechnen. „Das würde die Flugkilometer über den Weltmeeren nicht berücksichtigen“, kritisiert Nico Muzi von der europäischen Umweltorganisation Transport & Environment.Staaten blockieren schnelle Einigung Die Entwicklung von Biokraftstoffen für Flugzeuge und CO2-Standards für neue Maschinen sind Projekte aus einem Maßnahmenkorb, der grundsätzlich auf die Zustimmung der meisten ICAO-Mitgliedsländer stößt. „Aber es sind weiterhin die gleichen Blockierer, die eine rasche Einigung verhindern“, beklagt Eva Lichtenberg, Verkehrspolitikerin im Europaparlament. Anders als die USA scheinen Indien, China, Russland und Brasilien erst gar nicht bemüht, die Verhandlungen konstruktiv voranzubringen. Fünf Monate bleiben noch bis zur ICAO-Vollversammlung. Ein neues Treffen der Expertengruppe ist bislang nicht terminiert. ❙❚■ Kay Wagner, VR-Korrespondent in Brüssel Verschiedene Vorschläge für das Rahmensystem Berücksichtigte Flüge Anteil der weltweiten CO2-Emissionen aus der Luftfahrt, die berücksichtigt werden Inlandsflüge 22 Prozent Inlandsflüge plus Überflüge 56 Prozent Alle Flüge mit Landungen und Starts in einem Fluginformationsgebiet 42 Prozent Alle Flüge mit Landungen und Starts in einem Fluginformationsgebiet plus Flüge darüber 100 Prozent Alle Starts (nationale und internationale Ziele) 100 Prozent Quelle: Dalton Research Institute, Manchester Metropolitan University

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