beim Sichern

Ab 2017 kommen auf Spediteure, Transportunternehmer und Verlader weitere Richtlinien für die Ladungssicherung zu, so Holger Lemmer, Polizeihauptkommissar beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW, auf dem 8. Praxistag Ladungssicherung der VerkehrsRundschau. Dazu zählen die Richtlinie (EU) 2015/719 zu Abmessungen und Gewichten von Nutzfahrzeugen, in deren Folge die Achslasten von Lkw künftig automatisiert kontrolliert werden. Von noch größerer Bedeutung für die Ladungssicherung, ist indes die Richtlinie 2014/47/EU, die im Mai 2017 in nationales Recht umgesetzt und ab Mai 2018 angewendet werden muss. Sie bezieht sich auf die technische Unterwegskontrolle. Neu sind, so Lemmer, unter anderem die Einteilung von Verstößen in Mängelgruppen sowie ein detaillierter Mängelkatalog (siehe Tabelle Seite 34). "Wenn das so umgesetzt wird, wird das geltendes Recht für uns", unterstreicht der Polizist. Bei jeder anfänglichen technischen Unterwegskontrolle eines Fahrzeugs gehen Kontrollbeamte künftig wie folgt vor: Als Erstes kontrollieren sie die letzte Prüfbescheinigung und, falls vorhanden, den letzten Bericht über eine technische Unterwegskontrolle, die entweder im Fahrzeug mitgeführt oder elektronisch nachgewiesen werden muss. Es folgt eine Sichtprüfung des technischen Zustands des Fahrzeugs. Daran kann sich eine Sichtprüfung der Ladungssicherung anschließen. Dabei entdeckte Mängel werden in die Klassen geringer, erheblicher und gefährlicher Mangel eingeteilt. Bei gefährlichen Mängeln ist Schluss Bei gefährlichen Mängeln wird die Weiterfahrt grundsätzlich untersagt. Das ist der Fall, wenn Ladung oder Ladungsteile verloren werden könnten oder von ihnen eine direkte Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgeht. Vor allem aber auch, wenn Menschen unmittelbar gefährdet werden. Nach den neuen Regeln muss aber nicht alles strenger werden. Zum Beispiel führen heute beschädigte Etiketten an Zurrgurten, wenn nicht nachgesichert werden kann, oft dazu, dass der Lkw nicht weiterfahren darf. Das ist künftig nicht mehr so, wenn der Zurrgurt selbst noch einen guten Eindruck macht. Vor der weitverbreiteten Meinung, dass Code XL zertifizierte Auflieger Zurrgurte und Ladungssicherung weitgehend überflüssig machen, warnt Kim Hartwig, Dozent und Trainer der SVG Straßenverkehrs-Genossenschaft. Entscheidend seien die im Zertifikat genannten Bedingungen, denn nur wenn diese eingehalten werden, ist die Festigkeit des Aufbaus gewährleistet. Zu diesen Vorgaben zählen der Gleitreibbeiwert, der Formschluss, die Anzahl und Art von Rungen und Latten, die Ladungsbreite oder der maximale Abstand zur Rückwand. Inhalt der Zertifikate oft unbekannt Schmutz beispielsweise verringert den Gleitreibbeiwert und kann so dem Zertifikat seine Gültigkeit nehmen. "Oft kennen Verlader, Disponenten und Fahrer diese Vorgaben zur Ladungssicherung gar nicht", sagt Hartwig. Können diese aber nicht erfüllt werden, zum Beispiel, weil der Abstand zur Rückwand nach einer Teilentladung nicht mehr stimmt, sind zusätzliche Maßnahmen zur Sicherung der Ladung notwendig. Ein weiteres Problem ergibt sich aus den im Zertifikat festgesetzten Nutzlasten. Nicht selten 27.000 Kilogramm. Auf dieser Grundlage berechnen sich die Kräfte, die auf die Stirnwand des Aufliegers wirken dürfen. Nicht selten aber darf ein Trailer laut Zulassungsbescheinigung aber höhere Lasten transportieren als im Zertifikat angenommen. "Eine gefährliche Diskrepanz", warnt Hartwig. Vor allem, wenn der Disponent mit den höheren Werten plant, denn dann gelten die im Zertifikat gemachten Angaben zur Ladungssicherung nicht mehr. Gefährlich wird es insbesondere dann, wenn die Lasten nicht, wie gefordert, flächig an der Stirnwand anliegen, sondern nur punktuell. Damit die im Code XL-Zertifikat angegebenen Werte gelten, muss die Ladung auf der gesamten Breite und mindestens auf 75 Prozent der Stirnwandhöhe anliegen. Sonst sind zusätzliche Sicherungen notwendig. Alternativ kann die Stirnwand mit Paletten "abgekoffert" werden, um den Druck der Ladung auf einer größeren Fläche zu verteilen. Hartwig weist zudem auf die wichtige Rolle der Hecktüren bei Code XL-Aufliegern hin. "Durch nicht geschlossene Hecktüren leidet die Aufbaustabilität dieses Fahrzeuges massiv." Bei mehr als 90 Prozent der Testbedingungen für das Zertifikat sind die Türen geschlossen. Dies ist eine zwingende Voraussetzung dafür, dass eine ausreichende Aufbaustabilität gewährleistet werden kann. Das Problem: Bei überstehender Ladung werden die Türen gerne seitlich an den Aufbau herangeklappt und dort fixiert. Absender muss verladen Stellt sich die Frage, wer für die Ladungssicherung zuständig ist. Die simple Antwort: Absender und Frachtführer mit unterschiedlichen Aufgaben. "Absender ist in diesem Zusammenhang der Auftraggeber des jeweiligen Frachtführers, das kann also auch ein Spediteur sein", sagt Andreas Huber, Rechtsanwalt bei der Kravag-Versicherung. Grundsätzlich ist der Absender für die beförderungssichere Verladung verantwortlich. Das heißt die Sicherung des Guts gegen Schäden, die während einer normalen, vertragsgerecht durchgeführten Beförderung drohen. "Die Rechtsprechung hat dazu klargestellt, dass Vollbremsungen, Ausweichmanöver und schlechte Straßenverhältnisse dabei berücksichtigt werden müssen", so Kravag-Anwalt Huber. Eine Ausnahme von der Regel ist, wenn der Frachtführer "erkennbar besser in der Lage ist, beförderungssicher zu verladen". Wenn zum Verladen technische Anlagen am Fahrzeug bedient werden müssen zum Beispiel. Belädt der Fahrer allerdings eigenmächtig den Lkw, dann muss der Frachtführer für alle Schäden unbeschränkt geradestehen. Grundsätzlich besteht für den Frachtführer keine Verpflichtung, die Beförderungssicherheit des Gutes zu kontrollieren. Sieht der Fahrer aber Mängel oder sind diese offensichtlich, dann muss er den Absender auf das Problem hinweisen. Ansonsten haftet der Absender für Schäden an Waren und Fahrzeug. Belädt allerdings der Frachtführer selbst, dann haftet er auch. Für die betriebssichere Verladung indes ist der Frachtführer verantwortlich. Von seinem beladenen Fahrzeug dürfen keine Verkehrsgefahren ausgehen. Es muss mit seiner Ladung jeder Verkehrslage gewachsen sein, mit der auf dem Transportweg zu rechnen ist. Der Frachtführer muss das zulässige Höchstgewicht und Ausmaß der Beladung beachten und hinausragende Güter sichern. "Hier geht es um den Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer", erklärt Huber. Der Fahrer muss dazu nicht selbst Hand anlegen, sondern dem Verlader nur sagen, was zu tun ist. Die Empfehlung zur Anweisung machen Eine Möglichkeit, Ladungssicherung für den Alltag praktikabel und sicher zu regeln, sind Verladeempfehlungen. So hat zum Beispiel Alfred Lampen, Sachverständiger und Fachbuchautor, die neue Verladeempfehlung "Ladungssicherung von Betonprodukten auf Straßenfahrzeugen" begleitet. "Das ist keine Vorschrift, die sagt, wie man es machen muss. Es handelt sich lediglich um Empfehlungen, wie man es machen kann", erläutert Lampen. Unternehmen können sich aus 26 ausgearbeiteten Verlade- und Sicherungsempfehlungen für fünf Produktgruppen die für sie wichtigen Punkte heraussuchen und über eine Betriebsanweisung für verbindlich erklären. Ist die Betriebsanweisung formuliert, rät Lampen, die Mitarbeiter zu schulen, die Regeln konsequent in der Verladepraxis umzusetzen, an den Rampen Informationen für die beauftragten Speditionen bereitzustellen und die jeweilige Ladungssicherung zu dokumentieren. Die Informationen können auf Tafeln an der Rampe ausgehängt werden und zur Dokumentation eignet sich ein Stempel, in dem die anzuwendenden Methoden angekreuzt werden können. Schwere oder scharfkantige Ladungen hinterlassen Spuren an Zurrgurten. "Grundsätzlich können Zurrgurte repariert werden", sagt Wolfgang Müller von dem Ladungssicherungsmittel-Hersteller SpanSet. Allerdings dürfe dies nur der Hersteller. Enden, die ausgefranst oder eingerissen sind, darf dagegen jeder selbst einkürzen. "Wir geben den Tipp: Schneiden sie es schräg ab und verschweißen das Ende mit dem Feuerzeug", so Müller von SpanSet. Mehr zum Thema im Dossier Ladungssicherung www.verkehrsrundschau.de/dossiers Veranstaltung 8. Praxistag Ladungssicherung Über 100 Teilnehmer kamen zum 8. Praxistag Ladungssicherung der VerkehrsRundschau ins Trailerforum von Krone nach Werlte (Emsland). In dem Werk produzieren rund 900 Mitarbeiter auf knapp 90 Hektar Gesamtfläche etwa 25.000 Fahrzeuge pro Jahr. Nach fünf Fachvorträgen am Vormittag ging es für die Teilnehmer nachmittags an die sechs Praxisstationen. Hier wurden unterschiedliche Möglichkeiten zur Ladungssicherung demonstriert. sv Vorträge von ausgewiesenen Experten Kim Hartwig, SVG Straßenverkehrs-GenossenschaftHolger Lemmer, Polizei Nordrhein-WestfalenAndreas Huber, KravagWolfgang Müller, SpanSetAlfred Lampen, Autobahnpolizei OldenburgDie Referenten des 8. Praxistages Ladungssicherung der VerkehrsRundschau informierten über Code XL-Auflieger, neue Kontrollregeln, Haftungsfragen bei Lasi-Mängeln, Irrtümer rund um Zurrgurte und eine neue Verladeempfehlung für Betonbauteile. sv