Baustellenlogistik

BaustellenlogistikHohe Ansprüche an die LogistikDie Innenstadt von Karlsruhe wird komplett untertunnelt und der Straßenbahnverkehr unter die Erde verlegt. In dem bis 2019 laufenden Großprojekt spielt die Baustellenlogistik eine entscheidende Rolle.Was in Karlsruhe seit 2010 zu beobachten ist, ähnelt einem riesigen Ameisenhaufen: Auf derzeit sieben Baufeldern, an denen parallel gearbeitet wird, wechseln sich Aushub-, Bewährungs- oder Betonarbeiten ab. Hinzu kommen Leitungsverlegungen oder Schachtarbeiten. Bohrgeräte, Containerburgen und Kräne müssen auf-, um- oder abgebaut werden. Transportfahrzeuge, die in Art, Form und Größe sehr verschieden sind, versorgen die Baustellen zwischen 7 und 20 Uhr, von Montag bis Samstag. Und das alles mitten in der Karlsruher City.Grund ist der Bau des Stadtbahntunnels, der komplett durch das Zentrum der Fächerstadt und durch die Haupteinkaufsstraße verläuft. Ohne eine entsprechende Baulogistik geht es dabei nicht. Möglichst wenig LKW-Schlangen„Ziel ist es, den Baustellenverkehr so zu optimieren, dass die Baustellenan- und -abdienung just in time erfolgen kann und die Beeinträchtigungen im öffentlichen Straßenverkehr auf ein Minimum reduziert werden“, sagt Ditmar Mensch von der Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig), dem Bauherrn der Kombilösung (siehe Kasten rechts). Um LKW-Schlangen vor den Baufeldern zu vermeiden, wurde zur Steuerung der Baustellenverkehre ein Logistiker eingesetzt. Die Karlsruher Firma BIG Logconsulting ist für die Sicherstellung der Verkehrs- und Materialflüsse zur und von der Baustelle verantwortlich. Neben der Transportlogistik umfassen die Leistungen das Flächenmanagement, Zugangskontrollen von Personen und Gerät oder die Anmeldung von Baustellenpersonal sowie deren Ausweiserstellung. Wissenschaftliche Unterstützung bei der Steuerung erhält der Logistiker vom Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme (IFL) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Das Projekt ist eines von derzeit drei Bauprojekten, die das KIT wissenschaftlich begleitet. „In einem sogenannten Verkehrs-Logistik-Center (VLC), das als Leitstelle für sämtliche Baustellenverkehre dient, werden Transportanmeldungen für alle Baufelder angenommen und disponiert, geeignete Strecken und Routen zu den Baufeldern geplant, Flächen koordiniert und direkt mit den jeweiligen Baufeldern kommuniziert“, erklärt André Richter vom KIT. „Ebenso müssen die Logistik-Mitarbeiter im Logistik-Center eine direkte Verbindung zur Polizei und den Verkehrsbehörden der Stadt haben, um auf kurzfristige Staus und Verkehrsänderungen reagieren zu können und die Streckenführung anzupassen.“ Und natürlich spielen auch andere städtische und private Bauvorhaben in die Verkehrsabläufe für die Kombilösung mit hinein. „Gerade die letzten Quadratmeter vor der Baustelle stellen in innerstädtischen Projekten immer eine ganz besondere Herausforderung dar“, so Richter. „Denn zum Beispiel im Bereich einer Fußgängerzone sollten die Beeinträchtigungen für Passanten so gering wie möglich gehalten werden.“Das Logistik-Center ist erste Anlaufstelle für alle Transporte, die von außerhalb in die Stadt kommen und befindet sich am Rande Karlsruhes. „Ein Ziel ist es, die Transporte so weit wie nötig vom Zentrum entfernt aufzunehmen, um keine zusätzliche Verkehrsbelastung für die Stadt zu erzeugen – vor allem in der Rushhour“, so Richter. „Zum anderen sollten die Transporte – die in ihrer Zahl stark schwanken und von zahlreichen Speditionen unterschiedlichster Art und Größe durchgeführt werden – so nah wie möglich an die entsprechenden Baufelder kommen, um Verkehrsbeeinträchtigungen so klein wie möglich zu halten.“ Jeder LKW erhält ein GPS-GerätJeder ankommende LKW-Fahrer erhält im Logistik-Center ein GPS-Gerät und wird so durch die Stadt gesteuert. Die Steuerung richtet sich dabei immer nach dem Bauverlauf, dieser hat eindeutig Priorität. So dürfen zum Beispiel die Reihenfolgen zwingender Baumaßnahmen nicht verändert werden. Dies schränkt die Handlungsmöglichkeiten der Logistiker immer wieder ein.Für die Wissenschaftler vom KIT ist das Projekt „Stadtbahntunnel in Karlsruhe“ hilfreich, um weitere Kenntnisse für die Steuerung innerstädtischer und hochkomplexer Bauvorhaben zu gewinnen. Hierfür sieht Richter vor allem das Verkehrsbelastungsprofil der Straßen, die Ortung und Steuerung der Transportfahrzeuge und die Kommunikation aller am Bauvorhaben Beteiligten als bedeutsam an. „Denn auch in anderen innerstädtischen Bauprojekten spielen Fragen der Komplexität oder der Knappheit von Straßen eine entscheidende Rolle“, so Richter. „Hier gilt es in erster Linie, sinnvolle logistische Gesamtkonzepte zu entwickeln, die den Anforderungen verschiedener Interessengruppen gerecht werden.“ Dies erfordere einen hohen Koordinations- und Kommunikationsaufwand. Ein weiteres Ziel des Forscherteams sei es, neben dem Ausbau der Verkehrssteuerfunktion im Logistik-Center eine eigene Baulogistik-Kommunikationsplattform zu entwickeln, um ein Logistik-Center zukünftig als zentrale Baulogistikleitstelle nutzen zu können. ❙❚■ Thomas Wöhrle, freier JournalistBaustelle am Durlacher Tor in Karlsruhe: Eines von sieben Baufeldern, die im Rahmen der Kombilösung mit Material versorgt werden müssenMegaprojekt für 640,9 Millionen EuroDie sogenannte Kombilösung hat zum Ziel, in der Karlsruher Innenstadt eine Straßenbahntrasse zu bauen, um die Haupteinkaufsstraße vom Schienenverkehr zu entlasten. Das Projekt besteht aus mehreren Teilen: dem Bau eines zweigleisigen Stadtbahntunnels in Ost-West-Richtung mit einem Abzweig nach Süden (3,5 Kilometer Tunnelstrecke, sieben Haltestellen), dem Bau einer zweigleisigen Straßenbahnstrecke (Länge 1,2 Kilometer), dem Bau eines Straßentunnels und dem Abbau der oberirdischen Straßenbahngleise im innerstädtischen Bereich.Von dem Projekt, für das 2002 eine Mehrheit von 56 Prozent der Karlsruher Bürger gestimmt hat, verspricht sich die Stadt eine Entlastung der Innenstadt vom Straßenbahn- und Autoverkehr und die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten im Straßenbahnnetz. Die Gesamtkosten für die Kombilösung werden offiziell mit 640,9 Millionen Euro veranschlagt (Stand: September 2011). Der Bund beteiligt sich mit 60 Prozent an den förderfähigen Kosten, das Land Baden-Württemberg mit 20 Prozent. Die Zahlung der restlichen Kosten erfolgt über die Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig). twBaustellenlogistik

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