Aufräumen im Kombiverkehr

Die EU-Kommission will einen neuen Anlauf unternehmen, das Wachstumspotenzial des Kombinierten Verkehrs (KV) besser auszuschöpfen. Ihre Experten haben eine umfangreiche Befragung in der Branche durchgeführt. Das Ergebnis: eine 640 Seiten lange Studie. Danach soll die mehr als 20 Jahre alte EU-Richtlinie zum Kombinierten Verkehr (92/106/EEC) zwar erhalten bleiben, aber kräftig entschlackt werden. Ein europäischer Rechtsrahmen werde für die Regulierung des KV und für "fiskalische Maßnahmen" weiter gebraucht. Eine Richtlinie schärfe außerdem das Bewusstsein für die klimapolitisch notwendige Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf Schienen und Wasserwege und sie erleichtere den grenzüberschreitenden Verkehr und die Kabotage. Die Studie zeige die Probleme des KV schonungslos auf, sagt der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europäischen Parlament, Michael Cramer (Grüne): "Europa braucht klare Verlagerungsziele, intelligente Intermodalität und innovative Lösungen. Der Kombinierte Verkehr ist dabei unverzichtbar." Die Experten empfehlen weitreichende Änderungen am Text der bestehenden Richtlinie. Sie sollte sich nicht mehr auf den KV zwischen den Mitgliedstaaten beschränken, sondern auch KV innerhalb der Mitgliedstaaten und mit Drittstaaten erfassen. Im letzteren Fall jedoch nur den Teil, der innerhalb der EU durchgeführt wird. Keine Flexibilität bei der Länge Den Wunsch der Branche nach mehr Flexibilität bei der Länge der Ladungseinheit halten die Experten der Kommission zwar für verständlich. Trotzdem wollen sie an der Mindestlänge von sechs Metern festhalten. Ein einheitlicher Standard sei notwendig, um die Kosten des KV zu reduzieren und "die Kosten bleiben eine kritische Größe, damit der KV gegenüber der Straße wettbewerbsfähig bleibt". Die Mindestdistanz von 100 Kilometern für den Teil des KV, der nicht über die Straße erfolgt, sollte in Zukunft entfallen. Die Beschränkung sei in der Praxis kaum von Bedeutung, weil im Durchschnitt der Straße-Schiene-Transporte schon heute 612 Kilometer auf der Schiene durchgeführt würden. In Verbindung mit der Binnenschifffahrt liegt der vergleichbare Wert bei 217 Kilometern. Von der Aufhebung der Mindestentfernung würden aber Kurzstreckenverkehre ins Hinterland der großen Seehäfen oder zwischen ihnen profitieren. Ersatzlos streichen möchten die Experten den Artikel zwei der Richtlinie, mit dem in den 1990er-Jahren die Anschlusskabotage liberalisiert wurde. Das sei nicht mehr nötig, nachdem es keine Beschränkungen mehr im grenzüberschreitenden Verkehr gebe. Hinzu kommt, dass die KV-Richtlinie offenbar in Einzelfällen benutzt wird, um Kabotagevorschriften zu umgehen. Artikel vier, der den Mitgliedstaaten erlaubt, den KV von den Kabotagevorschriften freizustellen, soll jedoch erhalten bleiben. Dokumentationspflichten für das Transportgewerbe seien auch künftig notwendig, heißt es in der Studie. Diese könnten aber, unter anderem durch einen elektronischen Standard, vereinfacht werden. Festhalten wollen die Experten der Kommission auch an den Berichtspflichten der am KV beteiligten Firmen. Bei der Befragung gaben 73 Prozent an, dass eine bessere Datengrundlage notwendig sei, um den KV weiterzuentwickeln. 59 Prozent lehnten es aber ab, mehr Daten zur Verfügung zu stellen. Nichts verspricht man sich in der Kommission von einer Anhebung des zulässigen Gesamtgewichtes der Lkw. Die Infrastruktur der Terminals sei dafür besonders in Südeuropa nicht ausgelegt.