Konjunkturelle Lage: Auf dünnem Eis

Eigentlich sieht doch alles perfekt aus: Die Transportdienstleister stehen besser da als noch vor vier, fünf Jahren. Die Insolvenzquoten im Transport- und Speditionsgewerbe befinden sich auf Talfahrt. Und die Mittelfristprognose geht davon aus, dass der Güterverkehr bis 2018 mit mehr als zwei Prozent per anno zulegt. Können Sie sich erinnern, wann letztmals so viele Marktdaten so positiv ausgesehen haben? Schon eine Weile her. Wenn jetzt trotzdem ein "Aber" kommt, liegt das dann an dem geläufigen Vorurteil, nach dem Journalisten ja doch immer nur das Schlechte sehen (wollen)? Oder daran, dass die Klage das Lied des Kaufmanns ist, wie es im Volksmund heißt, und dieses Lied hier stellvertretend für die Unternehmen gesungen wird? Weder noch. Die positive Entwicklung kann und sollte man nicht leugnen. Und ja, es gibt Unternehmen, die von der Konjunktur profitieren und hohe Gewinne einfahren. Die Deutsche Post DHL gehört dazu mit einem operativen Gewinn im letzten Jahr in Höhe von sage und schreibe 2,97 Milliarden Euro. Solche Meldungen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Transportdienstleister sich nach wie vor auf dünnem Eis bewegen. So haben trotz guter Konjunktur mehr als zehn Prozent der von der VerkehrsRundschau befragten Dienstleister 2014 rote Zahlen geschrieben (siehe Seite 20). Trügerisches Bild Dass es vielen Transportdienstleistern dennoch besser geht, daran hat die gute Nachfrage einen wichtigen, wahrscheinlich sogar den entscheidenden Anteil. Damit steht die verbesserte Finanzlage des Transport- und Speditionsgewerbes jedoch auf wackeligen Beinen. Denn bricht die Konjunktur ein, stehen viele von ihnen wieder ganz schnell nahe am Abgrund. Deshalb gibt es für die meisten von ihnen auch keinen Grund, euphorisch zu werden oder bei den Frachtraten nachzugeben. Aber keine Frage, auch die verladende Wirtschaft muss sehen, wo sie bleibt und gegebenenfalls hart mit ihren Dienstleistern verhandeln. Nur eines sollte nicht passieren: Dass eine womöglich nur temporär positive Entwicklung zum Anlass genommen wird, im großen Stil dauerhafte Preisnachlässe zu fordern.